In dem vom OLG Frankfurt/M. entschiedenen Fall minderte der Mieter einer Büroetage, die er auch teilweise zu Wohnzwecken nutzt, die Miete u. a. mit der Begründung, im Erdgeschoss des Anwesens würde von anderen Mietern "Gerümpel" gelagert; ferner wären ständig Küchengerüche zu vernehmen und letztlich sei sein ästhetisches Empfinden erheblich beeinträchtigt, weil sich der Vermieter häufig nackt im Hof sonnt.

Das OLG Frankfurt/M. sah in diesen Umständen keinen Grund für eine Mietminderung. Bei dem "Gerümpel" handele es sich um von Mitmietern abgestellte Gebrauchsgegenstände wie Kinderwagen, Schuhe, Tüten etc. Das Abstellen solcher Sachen geht nur in Ausnahmefällen über das sozialadäquat hinzunehmende Maß der Beeinträchtigung hinaus. Gleiches gilt für die Küchengerüche. Letztlich kann die Miete auch nicht gemindert werden, weil sich der Vermieter im Hof nackt sonnt. Unstreitig war insofern, dass der Vermieter damit keine gezielte Einwirkung beabsichtigt hatte. In diesem Fall verletzt nach der Rechtsprechung des BGH der – nur das ästhetische Empfinden eines anderen – verletzende Anblick nicht dessen Persönlichkeitsrecht und führt daher nicht zu einem Abwehrrecht.

Diese Diskussion ist nicht neu. Bereits das Reichsgericht, das von OLG Frankfurt/M. zitiert wurde, hatte im Jahre 1904 in den "Belästigungen der Nachbarn durch das unzüchtige Treiben in einem Grundstücke keine Einwirkung i. S. d. § 906 BGB gefunden" (wörtliches Zitat aus RG, Urteil v. 9.4.1904, V 15/04).

Ausnahmen – so das OLG Frankfurt/M. – sind allerdings bei gezielten Einwirkungen denkbar, die sittenwidrigen und schädigenden Charakter haben. Errichtet jemand beispielsweise auf seinem Grundstück an der Grenze zum Nachbargrundstück einen Galgen, an dem er eine Puppe mit der Aufschrift "Ich bin ein Drecksack" befestigt, so kann der Nachbar die Beseitigung dieser Anlage verlangen, wenn der Galgen aus der Sicht eines neutralen Beobachters mit erkennbarer Zielrichtung auf den Nachbarn gerichtet ist (so LG Limburg, Urteil v. 19.2.1986, 3 S 262/85).

Die ideelle und nicht zielgerichtete Einwirkung durch einen unbekleideten Nachbarn stellt unter Berücksichtigung der Rechtsprechung auch bei Störungen des sittlichen oder ästhetischen Empfindens keine Einwirkung i. S. d. § 906 BGB dar und begründet keinen Unterlassungsanspruch. Dementsprechend liegt auch keine Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs und somit kein Grund für eine Mietminderung vor.

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