Leitsatz

Gegenstand des Verfahrens war primär die Frage, ob ein Unterhaltsvergleich aus dem Jahre 2004 trotz der schon nach altem Recht möglichen Befristung und Begrenzung gemäß §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. aufgrund der Unterhaltsreform abgeändert werden kann und nach welchen Kriterien eine nachträgliche Befristung und Herabsetzung eines Unterhaltstitels vorzunehmen ist.

 

Sachverhalt

Der Kläger begehrte von der Beklagten, seiner geschiedenen Ehefrau, Abänderung eines Prozessvergleichs aus dem Jahre 2004 dahingehend, dass er ab März 2010 Unterhaltszahlungen an sie nicht mehr schulde. Bis zur Rechtshängig der Scheidung im Jahre 2002 hatte die Ehe der Parteien 25 Jahre gedauert. Im Jahre 2004 hatten die Parteien einen Vergleich über einen Unterhalt von 880,00 EUR monatlich geschlossen. Die Ehefrau arbeitete während der Ehe mit Ausnahme von drei Geburtspausen halbtags als Erzieherin. Nach der Trennung der Parteien im Jahre 2001 stockte sie ihre Halbtagsstelle auf 24 Stunden wöchentlich auf und erzielte hieraus ein Nettoeinkommen von 1.210,00 EUR monatlich. Hinzu kamen 100,00 EUR monatlich an Einkünften aus Kapital, das sie bei der Vermögensauseinandersetzung Anfang 2004 erhalten hatte.

Auf die Abänderungsklage des Ehemannes befristete das erstinstanzliche Gericht den Unterhalt bis Februar 2010. Dies sei angesichts der Ehedauer und des Alters der Ehefrau von 52 Jahren gerechtfertigt, da sie knapp 5 Jahre Unterhalt bezogen und ehebedingte Nachteile bei einem fiktiven Nettoeinkommen aus Vollzeittätigkeit von 1.917,00 EUR nicht erlitten hätte.

Gegen das erstinstanzliche Urteil legte die Beklagte Berufung ein, die teilweise erfolgreich war.

 

Entscheidung

Auf die Berufung der Ehefrau verlängerte das OLG die Befristung um weitere zwei Jahre bis Februar 2012, begrenzte allerdings den Unterhalt der Höhe nach für diese Zeit auf 440,00 EUR monatlich. Das erstinstanzliche Gericht habe zutreffend auf die zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses im Jahr 2004 herrschende Rechtsprechung verwiesen, wonach die Begrenzungsvorschrift des § 1573 Abs. 5 BGB regelmäßig nicht angewendet worden sei. Noch mit Urteil vom 09.06.2004 (BGH in FamRZ 2004, 1357) habe der BGH deutlich gemacht, dass sich eine Ehedauer von mehr als 10 Jahren dem Grenzbereich nähere, ab dem eine zeitliche Begrenzung des Unterhalts nicht mehr in Frage komme. Von dieser Rechtsprechung sei der BGB erst mit Urteil vom 12.4.2006 (FamRZ 2006, 1006) abgewichen. Aufgrund der Einführung des § 1578b BGB durch das Unterhaltsrechtsreformgesetz habe sich die dem Unterhaltsvergleich der Parteien zugrunde liegende Gesetzeslage schwerwiegend verändert mit der Folge, dass dem Ehemann ein Festhalten an dem Vergleich nicht mehr zumutbar und der Unterhaltsanspruch der Ehefrau daher gemäß § 313 Abs. 1 BGB herabzusetzen und zu befristen sei. Die Ehefrau habe ehebedingte Nachteile von allenfalls 60,00 EUR nachgewiesen. Dass sie ohne die Ehe Kindergartenleiterin geworden wäre, habe sie nicht hinreichend dargelegt. Ohne die Ehe würde sie allenfalls die Position einer Gruppenleiterin im Kindergarten bekleiden und nach öffentlich-rechtlichen Besoldungsvorschriften 1.770,00 EUR netto monatlich verdienen. Der geringfügige ehebedingte Nachteil von 60,00 EUR stehe einer Befristung des Unterhaltsanspruchs ebenso wenig entgegen wie die merklichen besseren Einkommensverhältnisse des Ehemannes.

Allerdings sei es angemessen, den Unterhaltsanspruch - anders als vom erstinstanzlichen Gericht vorgenommen - nicht schon im März 2010, sondern erst zwei Jahre später entfallen zu lassen, unter Absenkung des derzeit gezahlten Unterhalts auf die Hälfte. Die Länge der Übergangs- und Schonfrist für den Unterhaltsberechtigten bemesse sich nach Billigkeit, wobei die in § 1578b Abs. 1 S. 2, 3 BGB angeführten Kriterien zu berücksichtigen seien.

Bei einer Ehedauer von 25 Jahren und der in dieser Zeit erfolgten Betreuung von drei Kindern sei die Befristung des Unterhalts auf acht Jahre ab Rechtskraft der Scheidung angemessen und der Ehefrau gemäß § 36 Nr. 1 EGZPO auch zumutbar.

 

Link zur Entscheidung

OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.07.2009, 18 UF 10/09

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