Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachehelicher Unterhalt: Berücksichtigung der geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung im Abänderungsverfahren. Befristung des Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt auch nach einer Ehedauer von 25 Jahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der nachträglichen Herabsetzung und/oder zeitlichen Begrenzung einer in einem Prozessvergleich ohne Befristung vereinbarten Verpflichtung zur Zahlung nachehelichen Unterhalts nach § 323 ZPO i.V.m. §§ 313, 1578b BGB steht nicht entgegen, dass der Vergleich (erst) im Jahre 2004 (also unter Geltung der Befristungsmöglichkeiten nach §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 S. 2 BGB i.d.F. des UÄndG v. 20.2.1986) geschlossen wurde.

2. Hat der Unterhaltsberechtigte nennenswerte fortdauernde ehebedingte Nachteile nicht nachgewiesen, obwohl die Umstände einen Wegfall ehebedingter Nachteile und damit eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nahe legen, steht auch eine Ehedauer von 25 Jahren (gerechnet bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags) einer zeitlichen Begrenzung und Herabsetzung des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt nach § 1578b BGB nicht entgegen [hier: Herabsetzung und zeitliche Begrenzung auf 8 Jahre nach alsbald nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags rechtskräftig gewordenem Scheidungsurteil].

 

Normenkette

BGB §§ 313, 1573 Abs. 5, § 1578 Abs. 1 S. 2 2. Hs. a.F., § 1578b; ZPO § 323

 

Verfahrensgang

AG Freiburg i. Br. (Urteil vom 22.12.2008; Aktenzeichen 42 F 59/08)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des AG F - Familiengericht - vom 22.12.2008 (42 F 59/08) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der am 19.2.2004 vor dem AG Freiburg im Breisgau - Familiengericht - geschlossene Vergleich (49 F 67/02) wird dahin abgeändert, dass der Kläger im Zeitraum März 2010 bis Februar 2012 einen monatlich im Voraus fälligen nachehelichen Unterhalt von jeweils 440 EUR und ab März 2012 keinen Unterhalt mehr an die Beklagte zu zahlen hat.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils wird dahin abgeändert, dass von den Kosten des ersten Rechtszuges der Kläger 2/5, die Beklagte 3/5 trägt. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt von der Beklagten, seiner geschiedenen Ehefrau, einen Prozessvergleich aus dem Jahre 2004 dahin abzuändern, dass er ab März 2010 keinen Unterhalt mehr an sie zu zahlen habe. Die im ersten Rechtszug erhobene Widerklage auf Erhöhung des Unterhalts hat das Familiengericht abgewiesen, ohne dass die Beklagte hiergegen Berufung eingelegt hat.

Am 18.5.1977 schlossen die Beklagte, geboren am 6.6.1956, und der Kläger, geboren am 19.1.1953, die Ehe, aus der der Sohn D, geboren am 22.3.1979, und die Zwillinge K und J, geboren am 17.5.1985, hervorgegangen sind. Mit am selben Tage rechtskräftig gewordenem Urteil vom 19.2.2004 sprach das AG - Familiengericht - F die Scheidung aus, nachdem sich die Parteien im Juni 2001 getrennt hatten und der Scheidungsantrag am 10.4.2002 zugestellt worden war.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19.2.2004 trafen die Parteien eine Scheidungsfolgen-Vereinbarung zum Unterhalt, in der sich der Kläger in § 1 verpflichtete, an die Klägerin einen monatlich im Voraus fälligen nachehelichen Unterhalt von 880 EUR zu zahlen.

§ 2 der Vereinbarung lautet:

Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Antragsteller insgesamt monatlich nicht mehr [als] 1.580 EUR an Unterhalt (Ehegatten- und Kindesunterhalt) für die Dauer von zwei Jahren zahlen soll. Danach können die Parteien eine Abänderung dieser Vereinbarung vornehmen. Eine vorherige Abänderung ist nur in Fällen der Not zulässig.

In § 3 wurden die Kosten der Vereinbarung gegeneinander aufgehoben, in § 4 einigten sich die Parteien dahin, dass für den Fall des Nichtbestehens eines Unterhaltsanspruches eines oder beider Kinder Katharina und Johanna der Unterhaltsanspruch der Beklagten sich um 45 % des wegfallenden Kindesunterhalts erhöhe. Im Übrigen nahmen die Parteien keine Grundlagen des Vergleichs in die Vereinbarung auf. Bei der Ermittlung der Höhe des Unterhaltsanspruchs der Beklagten, die seinerzeit aus ihrer Halbtagstätigkeit als Erzieherin ein Nettoeinkommen von monatlich 1.215 EUR erzielte, gingen sie allerdings auf Seiten des Klägers von einem bereinigten Nettoeinkommen von 3.314 EUR bei einem Einkommen von 4.014 EUR monatlich und einem Kindesunterhalt von 700 EUR aus.

Die Beklagte war bei Eheschließung im Jahre 1977 als Erzieherin im Anerkennungsjahr im Elisabethenheim in Würzburg beschäftigt. Auch nach der Geburt des Sohnes David im März 1979 übte sie eine Halbtagstätigkei...

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