3.2.1.3.1 Gestaltungsfreiheit

Gegenüber der bisherigen Rechtslage unverändert sieht das Gesetz nun ausdrücklich vor, dass von den Vorschriften des 2. Kapitels (Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander und der Gesellschafter zur Gesellschaft) durch den Gesellschaftsvertrag abgewichen werden kann, soweit im Gesetz nichts anderes bestimmt ist (§ 708 BGB).[1] Das bedeutet, dass im Recht der GbR über die Abschlussfreiheit hinaus auch inhaltliche Gestaltungsfreiheit besteht. Der Gesellschaftsvertrag hat somit grundsätzlich Vorrang vor den Vorschriften der §§ 709718 BGB, die das Innenverhältnis regeln, wobei sich dieser Vorrang auch auf seine nachträgliche Änderung durch Beschluss der Gesellschafter erstreckt. Dies gilt unabhängig davon, ob Vertragsänderungen nach dem Gesellschaftsvertrag einstimmig oder mit Mehrheit zu beschließen sind, weil die Regelung des § 114 BGB[2] ebenfalls zu den dispositiven Bestimmungen gehören.[3]

[1] Siehe auch die entsprechende Vorschrift des § 109 HGB für die oHG.
[2] Sowie § 109 HGB für die oHG.
[3] Schäfer/Hermanns, Das neue Personengesellschaftsrecht, § 6 Rn. 2.

3.2.1.3.2 Beiträge; Stimmkraft; Anteil am Gewinn und Verlust

Die bisherigen Vorschriften zu den Beiträgen der Gesellschafter (§ 706 BGB-alt) und dem Anteil am Gewinn und Verlust (§ 722 BGB-alt) finden sich nun zusammengefasst in § 709 BGB. Darüber hinaus enthält § 709 Abs. 3 BGB auch erstmals eine Regelung zur Stimmkraft.

 

Neue Fassung § 709 BGB – Beiträge; Stimmkraft; Anteil an Gewinn und Verlust

(1) Der Beitrag eines Gesellschafters kann in jeder Förderung des gemeinsamen Zwecks, auch in der Leistung von Diensten, bestehen.

(2) Im Zweifel sind die Gesellschafter zu gleichen Beiträgen verpflichtet.

(3) Die Stimmkraft und der Anteil an Gewinn und Verlust richten sich vorrangig nach den vereinbarten Beteiligungsverhältnissen. Sind keine Beteiligungsverhältnisse vereinbart worden, richten sie sich nach dem Verhältnis der vereinbarten Werte der Beiträge. Sind auch Werte der Beiträge nicht vereinbart worden, hat jeder Gesellschafter ohne Rücksicht auf den Wert seines Beitrags die gleiche Stimmkraft und einen gleichen Anteil am Gewinn und Verlust.

Die Stimmkraft und der Anteil am Gewinn und Verlust richten sich vorrangig nach den Beteiligungsverhältnissen. Sind keine Beteiligungsverhältnisse vereinbart worden, richten sie sich nach dem Verhältnis der vereinbarten Werte der Beiträge (§ 709 Abs. 3 Satz 1, 2 BGB). Es kommt somit nicht auf den tatsächlichen Wert an.[1]

Sind auch Werte der Beiträge nicht vereinbart worden, hat jeder Gesellschafter ohne Rücksicht auf den Wert seines Beitrags die gleiche Stimmkraft und einen gleichen Anteil am Gewinn und Verlust (§ 709 Abs. 3 Satz 3 BGB). Weil auch konkludente Vereinbarungen zu berücksichtigen sind, dürfte es dazu aber nur selten kommen. Weil es aber fraglich erscheint, dass sich die Gesellschafter bereits bei der Gründung der GbR bewusst sind, dass sich die Stimmkraft nach Köpfen berechnet, falls sie nichts anderes vereinbaren, sollte immer bei Fehlen einer Stimmkraft nicht direkt auf die Verteilung der Stimmkraft nach Köpfen zurückgegriffen werden, sondern vorrangig danach gesucht werden, ob Anhaltspunkte zu konkludenten Vereinbarungen vorliegen (wie wird der Gewinn verteilt, wie wurde bisher verfahren).[2]

Die Regelung zur Stimmkraft wird nur relevant, wenn im Gesellschaftsvertrag das Einstimmigkeitsprinzip (§ 714 BGB) abbedungen worden ist.[3]

[1] Gesetzentwurf der Bundesregierung zum MoPeG v. 17.3.2021, BT-Drs. 19/27635, S. 143; Schäfer/Grunewald, Das neue Personengesellschaftsrecht, § 5 Rn. 26.
[2] Schäfer/Grunewald, Das neue Personengesellschaftsrecht, § 5 Rn. 26.
[3] Schäfer/Grunewald, Das neue Personengesellschaftsrecht, § 5 Rn. 26.

3.2.1.3.3 Übertragung und Übergang von Geschäftsanteilen

Erstmals sind nun auch die Übertragung und der Übergang von Geschäftsanteilen gesetzlich geregelt.

Die Übertragung eines Gesellschaftsanteils bedarf der Zustimmung der anderen Gesellschafter (§ 711 Abs. 1 Satz 1 BGB). Für die Zustimmung der anderen Gesellschafter kann im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden, dass für die Beschlussfassung eine einfache Mehrheit genügt.[1]

Im Gegensatz zum Recht der Kapitalgesellschaften ist bei Personengesellschaften der Gesellschaftsanteil grundsätzlich nicht frei übertragbar, weil sich dies nicht mit dem gemeinschaftsrechtlichen Charakter des Zusammenschlusses der Mitglieder einer Personengesellschaft verträgt.[2]

Das Gesetz erfordert keine besondere Form für die Übertragung des Gesellschaftsanteils als Verfügungsgeschäft im Sinne des § 413 BGB oder für das Verpflichtungsgeschäft. Dies gilt auch dann, wenn zum Vermögen der GbR Gegenstände wie zum Beispiel Grundstücke (§ 311b Abs. 1 Satz 1 BGB) oder Anteile an einer GmbH (§ 15 Abs. 3, 4 BGB) gehören, für deren Übertragung oder die hierauf gerichtete Verpflichtung die notarielle Beurkundung erforderlich ist.[3]

Eigene Anteile kann die Gesellschaft nicht erwerben (§ 711 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Ist im Gesellschaftsvertrag vereinbart, dass im Fall des Todes eines Gesellschafters die Gesellschaft mit seinen Erben fortgesetzt werden soll, geht der Anteil auf den Erben...

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