Leitsatz

Der Austausch von Holz- gegen Kunststofffenster stellt regelmäßig eine Modernisierungsmaßnahme im Sinne des § 22 Abs. 2 WEG dar. Das Kopfstimmenprinzip im Rahmen der doppelt qualifizierten Mehrheit gemäß § 22 Abs. 2, 25 Abs. 2 WEG erfordert keine Korrektur zugunsten von Mehrfacheigentümern; insofern hat der Gesetzgeber den vermögensrechtlichen Belangen nach der Gesetzesbegründung ausdrücklich durch Aufnahme der erforderlichen Mehrheit der Miteigentumsanteile Rechnung getragen. Die Darlegungs- und Beweislast bei der Anfechtungsklage gemäß § 43 Nr. 4 WEG liegt grundsätzlich beim Kläger. Werden konkrete Einwendungen erhoben, so trifft die Beklagten eine sekundäre Beweislast ("substanziiertes Bestreiten").

 

Fakten:

Die Wohnungseigentümer hatten vorliegend mit einer Mehrheit von 648/1.000 Miteigentumsanteilen bei 37 Ja-Stimmen zu 12 Nein-Stimmen den Austausch vorhandener Holzfenster gegen Kunststofffenster beschlossen. Ein Eigentümer zweier Einheiten hatte den Beschluss angefochten. Er meint, die doppelte Qualifizierung des § 22 Abs. 2 WEG sei nicht erreicht worden, da er Eigentümer mehrerer Wohnungen sei. Auch werde er unbillig mit Kosten der Sanierung belastet. Beide Argumente überzeugten nicht. Der Eigentümer ist durch die Kosten der Maßnahme nicht unbillig belastet. Das könnte nur der Fall sein, wenn die Kosten das Maß der Aufwendungen übersteigen, die dazu dienen, das gemeinschaftliche Eigentum in einen Zustand zu versetzen, wie er üblich ist. Solch übersteigerte Aufwendungen waren hier nicht vorgetragen. Die doppelt qualifizierte Mehrheit gemäß § 22 Abs. 2 WEG war erreicht. Sie erfordert eine Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Eigentümer im Sinne des § 25 Abs. 2 WEG und mehr als die Hälfte aller Miteigentumsanteile. § 25 Abs. 2 Satz 1 WEG lautet: "Jeder Eigentümer hat eine Stimme." Ein Eigentümer, der zwei Wohnungen hat, wird nicht zu zwei Eigentümern.

 

Link zur Entscheidung

LG München I, Urteil vom 27.04.2009, 1 S 20171/08LG München I, Urteil vom 27.4.2009 – 1 S 20171/08

Fazit:

Das Gericht hat offengelassen, ob der Austausch von Holzfenstern gegen Kunststofffenster nicht gar eine mit einfacher Mehrheit zu beschließende Maßnahme der modernisierenden Instandsetzung darstellt, was jedenfalls andere Obergerichte mit guten Gründen annehmen. Wesentlich war vielmehr, dass selbst dann, wenn man eine Modernisierungsmaßnahme gemäß § 22 Abs. 2 WEG annehmen würde, jedenfalls die Voraussetzungen an eine ordnungsmäßige Beschlussfassung vorgelegen hatten.

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