Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschlussanfechtung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Austausch von Holz- gegen Kunststofffenster stellt regelmäßig eine Modernisierungsmaßnahme im Sinne des § 22 Abs. 2 WEG dar

2. Das Kopfstimmenprinzip im Rahmen der doppelt qualifizierte Mehrheit gemäß § 22 Abs. 2, 25 Abs. 2 WEG erfordert keine Korrektur zugunsten von Mehrfacheigentümern; insofern hat der Gesetzgeber den vermögensrechtlichen Belangen nach der Gesetzesbegründung ausdrücklich durch Aufnahme der erforderlichen Mehrheit der Miteigentumsanteile Rechnung getragen.

3. Die Darlegungs- und Beweislast bei der Anfechtungsklage gemäß § 43 Nr. 4 WEG liegt grundsätzlich beim Kläger. Werden konkrete Einwendungen erhoben, so trifft die Beklagten eine sekundäre Beweislast („substantiiertes Bestreiten”).

 

Verfahrensgang

AG München (Urteil vom 30.10.2008; Aktenzeichen 481 C 1035/08 WEG)

 

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Kläger tragen samtverbindlich die Kosten des Rechtsstreits.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 67.500,– EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Von einer Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen, da ein Rechtsmittel gegen das vorliegende Urteil unzweifelhaft nicht in Betracht kommt: Die Revision wurde nicht zugelassen; eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nach § 62 Abs. 2 WEG ausgeschlossen, da es sich vorliegend um eine Streitigkeit nach § 43 Nr. 4 WEG handelt (Spielbauer/Then, WEG, § 62 Rdnr. 6).

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Berufung der Kläger ist unbegründet.

1. Die Anfechtungsklage ist zulässig, insbesondere enthält sie die nach § 44 Abs. 1 WEG erforderlichen Angaben. Zur Bezeichnung der Beklagten ist die Bezeichnung der Flurnummer nach dem Wortlaut dieser Vorschrift ausreichend (so auch Bärmann/Armbrüster/Merle/Pick/Wenzel, WEG, 10. Aufl., § 44 Rdnr. 5). Zusätzlich ist auf Seite 2 der Klageschrift vom 20.8.2008 auch die Anschrift der Wohnungseigentümeranlage angegeben, so dass die Bezeichnung der Beklagten in jedem Fall ordnungsgemäß ist.

2. Die Anfechtungsfrist, § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG, ist gewahrt.

Die Klage vom 20.8.2008 ging am 26.8.2008 und damit am letzten Tag der Frist ein. Damit erfolgte zwar die Zustellung der Klage nicht mehr binnen der Monatsfrist, jedoch hatten die Kläger die Zustellungsverzögerung nicht zu vertreten, da die Klage demnächst im Sinne des § 167 ZPO zugestellt wurde: Das Amtsgericht forderte mit Verfügung vom 29.8.2008 einen Gerichtskostenvorschuss an. Diese Anforderung erhielt der Klägervertreter am 3.9.2008. Am 11.9.2008 wurde nach der Zahlungsanzeige der LJK Bamberg der Vorschuss einbezahlt, und damit deutlich innerhalb Frist, die der BGH (in NJW 2009, 999) im Zusammenhang mit § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG genannt hat, nämlich „um zwei Wochen oder geringfügig darüber”. Auf den Buchungstag (hier 19.9.2008) ist dagegen nicht abzustellen, da eine verspätete Buchung gänzlich dem Einflussbereich des Anfechtenden entzogen und von ihm nicht zu vertreten ist. Dass die Klage also erst mit Verfügung vom 6.10.2008 zugestellt wurde, hatten die Kläger damit nicht zu vertreten.

3. Die Rügen der Kläger in der Sache greifen nicht durch:

a. Eine Maßnahme im Sinne des § 22 Abs. 2 WEG (Modernisierung) liegt vor.

§ 22 Abs. 2 WEG betrifft Maßnahmen, die über die ordnungsgemäße Instandhaltung hinausgehen und die zugleich der Modernisierung entsprechend § 559 Abs. 1 BGB, also der nachhaltigen Erhöhung des Gebrauchswerts, der dauerhaften Verbesserung der Wohnverhältnisse oder der Einsparung von Energie oder Wasser dienen. Das Wort „dienen” bedeutet dabei, dass die Maßnahme sinnvoll und nicht etwa geboten sein muss (BT-Drucks. 16/887 S. 30). Bei der Beurteilung ist auf den Maßstab eines vernünftigen, wirtschaftlich denkenden und sinnvollen Neuerungen gegenüber aufgeschlossenen Hauseigentümers abzustellen (BT-Drucks. a.a.O.).

Eine dauerhafte Gebrauchswerterhöhung im Sinne dieser Vorschriften liegt in dem Austausch von Holz- durch Kunststofffenster. Kunststofffenster sind gegenüber Holzfenstern haltbarer, müssen nicht gestrichen werden, verursachen damit geringere Instandhaltungskosten, und sind der Gefahr der Schimmelbildung und des Verfaulens nicht ausgesetzt. Sie sind damit auch unabhängiger vom Lüftungsverhalten der Eigentümer bzw. Mieter, was gerade für vermietende Eigentümer einen deutlichen Vorteil darstellt. Vor diesem Hintergrund hat auch die herrschende Rechtsprechung nach der bisherigen Rechtslage beim Austausch von Kunststoff- gegen Holzfenster regelmäßig eine Maßnahme der modernisierenden Instandsetzung und keine bauliche Veränderung angenommen (BayObLGR 2005, 266; WuM 1991, 56; OLG Köln WuM 1997, 455).

Auch das Oberlandesgericht München geht im Beschluss vom 2.7.2008, (Az. 32 Wx 091/08, den Parteien bekannt) in einem obiter dictum davon aus, dass der Austausch von Kunststoff- gegen Holzfenster eine Modernisierungsmaßnahme im Sinn von § 559 Abs. 1 BGB darstelle, ohne dies allerdings näher zu begründen.

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