Rz. 22

Nach wohl h.M. bestimmt das Erbstatut, ob es aufgrund des Todes zu einer Änderung der dinglichen Rechtszuordnung kommt. Wie sich dieser Übergang mit dinglicher Wirkung vollzieht, ob also z.B. eine zusätzliche Eintragung im Grundstücksregister erforderlich ist, bestimmt dagegen die lex rei sitae. Dies gilt auch für das Vindikationslegat oder das gesetzlich aufgrund des Erbfalls entstehende Nießbrauchsrecht des überlebenden Ehegatten nach luxemburgischen Recht, ferner für dinglich wirkende Teilungsanordnungen und Erbauseinandersetzungen.

 

Rz. 23

Konkret stellt sich die Frage, wie sich der Vollzug eines nach luxemburgischem Recht angeordneten Vermächtnisses an einem in Deutschland belegenen Grundbesitz vollzieht. Geschieht dieser von selbst oder bedarf es eines weiteren Vollzugsakts, insbesondere einer Auflassung?

 

Rz. 24

Das Universalvermächtnis (legs universel) (siehe Rdn 71) entspricht am ehesten der deutschen Erbeinsetzung und ist diejenige testamentarische Verfügung, durch die der Erblasser einer oder mehreren Personen sein gesamtes Vermögen hinterlässt. Der oder die eingesetzten Vermächtnisnehmer erhalten automatisch den Besitz (saisine), wenn es keine Noterbberechtigten gibt und die Einsetzung aus einem notariellen Testament hervorgeht, anderenfalls müssen sie von Letzteren die Auslieferung verlangen. Mittels des Erbteilvermächtnisses (legs à titre universel) verfügt der Erblasser über eine Quote des Nachlasses. Anders als der Universalvermächtnisnehmer muss der Erbteilvermächtnisnehmer immer die Aushändigung der ihm zugewandten Gegenstände verlangen, auch wenn das Eigentum ipso iure am Sterbetag des Erblassers übergeht. Mit dem Erbstückvermächtnis (legs particulier) vermacht der Erblasser schließlich einzelne Gegenstände. Das Recht an der vermachten Sache steht dem Vermächtnisnehmer mit dem Todestag des Erblassers zu (sog. Vindikationslegat), jedoch muss er die Aushändigung des Besitzes verlangen. Damit sind zumindest die beiden letzteren Fälle mit dem deutschen Damnationslegat insofern vergleichbar, als auch hier weitere Vollzugsakte erforderlich sind. Der EuGH hat sich mit Urteil vom 12.10.2017 ("Kubicka")[15] für den Vorrang des Erbrechts vor dem Sachenrecht ausgesprochen. Ob dies bedeutet, dass damit ein luxemburgisches Vermächtnis, insbesondere auch Stückvermächtnis, automatisch dingliche Wirkung entfaltet und vom deutschen Grundbuchamt im Wege einer Berichtigung vollzogen werden muss, ist fraglich. Viel spricht daher dafür, auch mit der EuErbVO eine Auflassung zu verlangen.[16]

 

Rz. 25

Vergleichbares gilt auch für den gesetzlichen Nießbrauch des überlebenden Ehegatten am Nachlass. Schon nach alter Rechtslage vor Inkrafttreten der Verordnung wurde er nach Ansicht der Rechtsprechung nicht im Erbschein aufgeführt, sondern als Vermächtnis qualifiziert und bedurfte an den in Deutschland belegenen Nachlassgegenständen einer neuen Bestellung entsprechend der §§ 1085, 1089 BGB. Auch nach Inkrafttreten der Verordnung gitl nichts Anderes[17] (siehe Rdn 167).

 

Rz. 26

Im umgekehrten Fall (deutsches Vermächtnis an luxemburgischen Grundbesitz) kann auch wie bisher keine "Auflassung" nach luxemburgischem Recht verlangt werden. In der Praxis erfolgt der Nachweis der Erbenstellung dem Grundstücks- und Hypothekenregister (Bureau des Hypothèques) gegenüber durch den acte de notoriété, der Offenkundigkeitserklärung vor dem Notar sowie zusätzlich durch die sog. attestation notariée (notarielle Bescheinigung) durch den Notar. Erstellt wird diese durch denjenigen (luxemburgischen) Notar, welcher mit der Berichtigung des Grundstücks- und Hypothekenregisters beauftragt ist (siehe Rdn 158). Grundlage hierfür ist Art. 1 des Gesetzes vom 25. September 1905 betreffend die Umschreibung von Immobilien unter Lebenden, ob unentgeltlich oder entgeltlich.

Alternativ kann ein Europäisches Nachlasszeugnis, welches das Vermächtnis ausweist, vorlegelt werden.

[15] EuGH, Urteil vom 12.10.2017 – C-218/16 (Kubicka), NJW 2017, 3767.
[16] So für die französische Rechtslage Döbereiner, Länderbericht Frankreich Rdn 27.
[17] Für die französische Rechtslage Döbereiner, Länderbericht Frankreich Rdn 31.

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