Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufsausbildungsbeihilfe. Förderungsfähigkeit. Ausbildung im Rahmen eines Modellprojektes in Sachsen-Anhalt. kein Berufsausbildungsverhältnis iS BBiG. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Bei einer im Rahmen des ESF-Modellprojektes "61" - Beschäftigungs- und Bildungssystem für Jugendliche mit integriertem Ausbildungsabschluss - in Sachsen-Anhalt durchgeführten betrieblichen Ausbildungsmaßnahme zur Bürokauffrau, für die ein (Arbeits-)Vertrag geschlossen wurde, der von den inhaltlichen Anforderungen und Vorschriften des BBiG abweicht und nicht in das Verzeichnis nach § 31 BBiG eingetragen wurde, sondern bei dem eine externe Prüfung gemäß § 40 Abs 2 BBiG zugelassen wurde, liegt kein gemäß § 60 SGB 3 förderungsfähiges Berufsausbildungsverhältnis iS des BBiG vor.

2. § 60 SGB 3 darf die Förderleistungen auf Ausbildungsverhältnisse iS des BBiG beschränken (vgl BSG vom 23.5.1990 - 9b/7 RAr 18/89 = SozR 3-4100 § 40 AFG Nr 2). Eine Verletzung des Art 3 Abs 1 GG liegt nicht vor.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 18.08.2005; Aktenzeichen B 7a/7 AL 100/04 R)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf Zahlung von Berufsausbildungsbeihilfe hat.

Die ... 1979 geborene Klägerin durchlief vom 1. August 1997 bis zum 11. Mai 2000 eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten. Die Ausbildung endete ohne Abschluss, weil die Klägerin die Abschlussprüfung nicht bestand. In der Zeit vom 12. Mai 2000 bis 30. April 2001 bezog sie Arbeitslosengeld von der Beklagten, zuletzt in Höhe von 90,72 DM wöchentlich. Am 25. April 2001 schloss sie mit der Firma E KG in M einen Arbeitsvertrag, in dem es heißt:

§ 1

Frau M S wird für die Zeit vom 02.05.2001 bis 01.05.2004 als vollbeschäftigte/r Arbeitnehmerin mit einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich eingestellt.

Dieses Beschäftigungsverhältnis wird im Rahmen der Maßnahme "Modellprojekt 61, durch das Land Sachsen-Anhalt und der EU, auf der Grundlage des Zuwendungsbescheides des Landesamtes für Arbeitsschutz Dessau gefördert.

Dieser Vertrag ist auf die Dauer einer 3-jährigen Berufsausbildung der im Satz 1 genannten Maßnahme befristet und endet nach Ablauf einer Frist von 36 Monaten, ohne dass es einer besonderen Kündigung bedarf. Der Vertrag kann verlängert werden, sofern für den Folgezeitraum der Maßnahme die Anschlussausbildung absolviert werden kann.

Der Befristungsgrund ist der Zuwendungsbescheid des Landesamtes für Arbeitsschutz Dessau.

Durch diesen Arbeitsvertrag entsteht kein Anspruch auf Übernahme in ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit.

§ 2

Es wird eine Probezeit von 6 Monaten vereinbart. Sollte es während der Probezeit zu einer entschuldigten Fehlzeit von mehr als 10 Arbeitstagen kommen, verlängert sich die Probezeit um die Anzahl der Krankheitstage.

§ 3

Der/die Arbeitnehmerin erhält für benannte Zeiträume einen Monatslohn in Höhe von:

Gehalt im 1. Jahr

1.100,00 DM/Brutto

Gehalt im 2. Jahr

1.200,00 DM/Brutto

Gehalt im 3. Jahr

1.300,00 DM/Brutto

Im Übrigen richtet sich das Arbeitsverhältnis, soweit in diesem Vertrag nichts anderes geregelt ist, nach den gesetzlichen Vorschriften.

Sollte es zu einer Überzahlung durch den Arbeitgeber kommen, z. B. weil über den in § 1 genannten Termin hinaus gezahlt wird oder weil der der Maßnahme zugrunde liegende Bescheid aufgehoben wird oder aus sonstigen Gründen die Gehaltszahlung nicht durch das MAS an das IBBF erstattet wird, verpflichtet sich der Arbeitnehmer zur Rückzahlung des überzahlten Betrages.

Die Abtretung oder Verpfändung des Anspruchs auf Lohn ist ohne vorherige Zustimmung des Arbeitgebers unzulässig.

§ 6

Das zeitliche befristete Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, an dem in § 1 genannten Tag. Es kann jedoch auch jederzeit durch den Arbeitgeber vorzeitig gekündigt werden, wenn durch die Arbeitnehmerin nach begründeter Einschätzung des Arbeitgebers das Maßnahmeziel nicht erreicht werden kann. Mögliche Gründe für das Nichterreichen des Maßnahmezieles können auch außerhalb des Einflussbereiches der Arbeitgeberin liegen.

Die Arbeitnehmerin kann das Arbeitsverhältnis zum Zwecke der Existenzgründung bzw. zum Antritt eines Arbeitsverhältnisses oder Berufsausbildungsverhältnisses bei einem anderen Arbeitgeber ohne Einhaltung einer Frist kündigen.

Das Recht zur außerordentlichen Kündigung (§ 626 BGB) bleibt unberührt.

Die Kündigung bedarf der Schriftform.

Am 9. August 2001 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Zahlung von Berufsausbildungsbeihilfe. Sie legte den Arbeitsvertrag, außerdem eine Bescheinigung der Firma E KG, den Mietvertrag und Angaben zum Einkommen ihrer Eltern vor. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 5. September 2001 ab, weil es sich bei dem Beschäftigungsverhältnis als Bürokauffrau nicht um eine betriebliche bzw. außerbetriebliche Ausbildung in einem nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung oder dem Seemannsgesetz anerkannten Ausbildungsberuf handele; insbesondere werde das Beschäftigungsverhältnis nicht in das...

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