Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Betriebskostenguthaben. tatsächlicher Zufluss. Anrechnung in voller Höhe trotz teilweiser Erbringung aus dem Regelbedarf. Verteilung auf sechs Monate

 

Leitsatz (amtlich)

1. Betriebskostenguthaben sind gemäß § 22 Abs 3 SB II aF mit ihrem vollen Betrag auf die KdU anzurechnen, auch wenn im Abrechnungszeitraum Teile der Unterkunftskosten aus der Regelleistung aufgebracht wurden.

2. Eine gleichmäßige Verteilung des Betriebskostenguthabens auf 6 Monate ist unzulässig, weil diese nur auf die KdU angerechnet werden und die Regelleistung verbleibt (aA: Ministerium für Arbeit und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt im Schreiben vom 4.2.2013).

 

Orientierungssatz

Wird eine Leistungsbewilligung nach dem SGB 2 wegen erzielten Einkommens fehlerhaft, ist insoweit der tatsächliche Zufluss des Einkommens maßgebend. Auf die Kenntnis der Behörde von dem zu erwartenden Einkommenszufluss ist nicht abzustellen.

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Anrechnung eines Nebenkostenguthabens auf die laufenden Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).

Die am …1955 geborene, alleinstehende Klägerin bewohnte eine 65,8 m² große Mietwohnung. Ab September 2013 hatte sie monatlich eine Kaltmiete i.H.v. 226,54 EUR, Betriebskosten i.H.v. 57,21 EUR sowie Heizkosten i.H.v. 70 EUR zu zahlen (= 353,75 EUR). Zuvor hatte der Heizkostenabschlag 98,70 EUR/Monat betragen.

Die Klägerin bezog von dem Beklagten laufende Leistungen nach dem SGB II. Für die im Jahr 2012 fälligen Vorauszahlungen für die Heizkosten i.H.v. 98,70 EUR/Monat hatte der Beklagte Heizkosten nur i.H.v. 63 EUR (Januar bis Februar), 87 EUR (März bis Juni) und 78,50 EUR (Juli bis Dezember) zu Grunde gelegt.

Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 31. Juli 2013 Leistungen für die Zeit von September 2013 bis Februar 2014 i.H.v. 624,25 EUR/Monat. Für die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) legte der Beklagte die Grundmiete und die Betriebskosten ungekürzt und die Heizkosten i.H.v. 78,50 EUR (statt 98,70 EUR) zu Grunde (= 362,25 EUR).

Am 1. August 2013 legte die Klägerin die Betriebskostenabrechnung der Vermieterin vom 29. Juli 2013 für das Jahr 2012 vor. Daraus ergab sich ein Guthaben i.H.v. 815,54 EUR, das am 26. August 2013 auf das Konto der Klägerin überwiesen wurde.

Mit Änderungsbescheid vom 6. August 2013 gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Satz 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) bewilligte der Beklagte für den Zeitraum von September 2013 bis Januar 2014 Leistungen nur noch i.H.v. 488,32 EUR/Monat und für Februar 2014 i.H.v. 488,33 EUR. Das Guthaben sei eine einmalige Einnahme i.S.v. § 11 Abs. 1 i.V.m. § 22 Satz 3 SGB II und mindere die KdU im auf die Auszahlung folgenden Monat. Da bei Berücksichtigung in dem Monat September 2013 der Leistungsanspruch entfiele, sei das Guthaben auf sechs Monate aufzuteilen gewesen (5 x 135,92 EUR/Monat und 1 x 135,94 EUR).

Nachdem die Klägerin die Minderung der Heizkostenvorauszahlung ab 1. September 2013 auf 70 EUR/Monat mitgeteilt hatte, hob der Beklagte mit Bescheid vom 12. September 2013 die bisherige Leistungsbewilligung mit Wirkung vom 1. Oktober 2013 teilweise auf. Er bewilligte für die Monate Oktober 2013 bis Januar 2014 Leistungen i.H.v. 479,83 EUR/Monat und für Februar 2014 i.H.v. 479,81 EUR.

In ihrem dagegen gerichteten Widerspruch machte die Klägerin geltend, das Guthaben dürfe nicht vollständig auf die KdU angerechnet werden. Denn teilweise seien die Heizkostenabschläge aus ihrer Regelleistung erbracht worden.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. September 2013 als unbegründet zurück. Der Bescheid vom 31. Juli 2013 sei zu Recht gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X teilweise aufgehoben worden. Die zunächst nicht bekannte Gutschrift i.H.v. 815,54 EUR habe erst ab September 2013 anteilig berücksichtigt werden können.

Dagegen hat die Klägerin am 1. Oktober 2013 Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben. Zunächst hat sie begehrt, für die Zeit von September 2013 bis Februar 2014 nur 95,52 EUR/Monat zur Anrechnung zu bringen. Von den tatsächlichen Heizkosten für das Jahr 2012 (683,19 EUR) seien ihre eigenen aus der Regelleistung aufgebrachten Zahlungen i.H.v. 242,40 EUR (richtig: 239,40 EUR) abzusetzen. Somit dürfe nur der Betrag von 441,57 EUR auf die Heizkosten angerechnet werden. Ferner hat sie ausgeführt, entgegen der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) mindere das Nebenkostenguthaben nur die tatsächlichen und nicht die für angemessen gehaltenen KdU.

Mit weiteren Bescheiden vom 5. und 13. Februar 2014 hat der Beklagte für die Monate Januar und Februar 2014 eine Erhöhung der Regelleistung sowie eine Mietminderung berücksichtigt. Die Anrechnung des ...

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