Orientierungssatz

Zum Vorliegen eines Wegeunfalles eines alkoholbedingt fahruntüchtigen Versicherten (BAK von 1,8 Promille), wenn die schlechten Straßenverhältnisse zumindest eine gleichwertige wesentliche Mitursache für den Unfall darstellten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Unfall des Klägers am 25. November 1999 ein Arbeitsunfall war.

Der ... 1953 geborene Kläger ist als Gabelstaplerfahrer bei der L M GmbH beschäftigt. Am Morgen des 25. November 1999 trat er mit seinem Simson Motorroller (Mofa) die Fahrt zur Arbeitsstelle an. Aus den Akten der Staatsanwaltschaft und den Angaben des Klägers ergibt sich folgender Unfallhergang: Um ca. 5.40 Uhr verließ der Kläger sein Haus. Er wollte mit dem Mofa auf die Straße nach links abbiegen. Zuerst fuhr er entgegen der Fahrtrichtung nach links auf dem vor seinem Haus entlanglaufenden Fußweg. Von dort überquerte er die Straße, um sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite noch vor einem von rechts herannahenden Omnibus in den Verkehr einzuordnen. Bei diesem Geschehen geriet er wegen Nässe und Verschmutzung der Straße nach Bauarbeiten mit dem Mofa ins Rutschen. Auch der Omnibus rutschte beim Bremsen. Der Kläger geriet unter den Omnibus und verletzte sich. Der Unfall wurde von der Polizei aufgenommen. Der Kläger, der nicht bewusstlos war, wurde mit dem Rettungswagen in die Unfallchirurgische Klinik des Kreiskrankenhauses W gebracht. Dort diagnostizierte der Durchgangs- (D-) Arzt und Chefarzt Dr. S eine laterale Schenkelhals- und subtrochantäre Oberschenkelfraktur am linken Bein und später eine Fraktur der achten Rippe links (D-Arzt-Bericht vom 30. November 1999 und Entlassungsbericht der Klinik vom 7. Dezember 1999). Im Entlassungsbericht schilderte Dr. S, dass die operative Versorgung der Verletzungen erst nach Erreichen der Nüchterngrenze durchgeführt worden sei. Der Arbeitgeber des Klägers meldete den Unfall der Beklagten mit Unfallanzeige vom 3. Dezember 1999.

Im Fragebogen der Beklagten gab der Kläger unter dem 16. Dezember 1999 an, er habe vor dem Unfall keinen Alkohol zu sich genommen. Außerdem zog die Beklagte die Akten der Polizei und der Staatsanwaltschaft H – Zweigstelle N – bei (Az. 535 Js 200072/00). Die den Unfall aufnehmenden Polizeibeamten hatten im Protokoll den eingangs geschilderten Hergang festgehalten und dokumentiert, dass die Straße nass und durch Schmutz schlüpfrig gewesen sei. Sie haben bei dem Kläger einen Alkoholgeruch in der Atemluft festgestellt; ein Atemtest konnte wegen der Verletzung nicht sofort durchgeführt werden. Noch am Unfalltag wurde dem Kläger um 7.10 Uhr eine Blutprobe entnommen, die nach dem rechtsmedizinischen Befundbericht von Dr. W (Institut für Rechtsmedizin der M-L-Universitätsklinik H-W) vom 29. November 1999 eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,04 0/00 ergab. Der Busfahrer F S wurde am 13. Dezember 1999 im Polizeirevier W und in der Hauptverhandlung des Strafverfahrens gegen den Kläger vor dem Amtsgericht Weißenfels am 18. Juli 2000 als Zeuge vernommen. Er gab an, er sei an die Unfallstelle herangefahren. Die Straße sei nass und verschmutzt gewesen. Er habe den Kläger gesehen, wie er das Tor zu seiner Wohnung verschlossen und das Licht des Mopeds angeschaltet habe. Er habe nicht gewusst in welche Richtung der Kläger fahren würde. Plötzlich sei der Kläger ca. 1,50 bis 2,00 m vor seiner Frontscheibe von links kommend aufgetaucht. Im gleichen Moment sei er zu Fall gekommen. Vor dem Fall sei er nicht mit ihm kollidiert. Er vermute, dass er auf der Fahrbahn weggerutscht sei. Er habe sofort gebremst und ihn deshalb nicht überrollt. Der Bus habe eine Geschwindigkeit von ca. 20 km/h gehabt. Gegenverkehr sei noch weiter entfernt gewesen. Einen Blinker habe er nicht gesehen.

Der Kläger hat sich in der Hauptverhandlung des Amtsgerichts zu dem Geschehen wie folgt geäußert: Er habe sich an dem Morgen topfit gefühlt. Den Bus habe er in reichlichem Abstand, etwa 100 Meter, gesehen. Zuerst sei er auf dem Fußweg entlanggefahren, um bessere Einsicht nach links (in die Straßenkurve) zu haben. Auf der verschmutzten Straße sei er zuerst mit dem Vorderrad und dann mit dem Hinterrad ausgerutscht. Es sei dunkel gewesen und habe geregnet. Am Vortag habe er zwischen 16.00 und 21.30 Uhr sechs Halbliterflaschen Bier getrunken.

Ein weiterer Zeuge, S L, bestätigte das Geschehen und gab an, der Kläger habe den Eindruck gemacht, er wolle es noch schaffen, vor dem Bus loszufahren. Der vom Amtsgericht beauftragte Sachverständige Dr. S hat ausgesagt, der Kläger habe unter Berücksichtigung seiner Angaben zur Trinkmenge zum Unfallzeitpunkt eine BAK von 1,18 0/00 gehabt. Der Kläger wurde am selben Tag wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr verurteilt. Das Amtsgericht sah es im Tatbestand als erwiesen an, dass die Straße feucht und verschmutzt gewesen sei.

Mit Bescheid vom 10. Januar 2001 lehnte es die Beklagte ab, den Unfall des Klägers als Arbeitsunfall zu entschädigen. Der Kläger sei mit einer BAK von 1,04 0/00 absolut f...

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