Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistungen zur Unterstützung der Beratung und Vermittlung. Übernahme der Reisekosten. Teilnahme eines Arbeitslosen an einem Vorstellungsgespräch im Ausland. Gemeinschaftsrecht

 

Orientierungssatz

Ein Arbeitsloser, der nach Abschluss seines Studiums noch nicht als Arbeitnehmer beschäftigt war, hat auch unter Berücksichtigung von Gemeinschaftsrecht keinen Anspruch auf Übernahme der Reisekosten gem §§ 45, 46 SGB 3 für die Teilnahme an einem Vorstellungsgespräch in einem anderen Mitgliedstaat.

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 16.08.2004 - S 11/9 AL 282/02 - wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger Anspruch auf Erstattung von Reisekosten für ein Vorstellungsgespräch in Frankreich hat.

Der Kläger meldete sich nach Beendigung seines Studiums am 27.02.2002 arbeitslos. Seine inländischen Bewerbungen blieben zunächst erfolglos. Am 02.04.2002 nahm er ein Vorstellungsgespräch in ... C, Frankreich, wahr und beantragte am 22.03.2002 bei der Beklagten, ihm die hierfür entstandenen Reisekosten in Höhe von 192,00 Euro zu erstatten.

Mit Bescheid vom 22.08.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.11.2002 lehnte die Beklagte dies im Wesentlichen mit der Begründung ab, die insoweit maßgeblichen §§ 45 und 46 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) sähen lediglich die Förderung von Bewerbungen im Inland vor. Dagegen lasse sich aus diesen Vorschriften ein Anspruch auf Erstattung von Bewerbungs- und Reisekosten im Ausland nicht herleiten.

Das Sozialgericht Mainz (SG) hat die hiergegen erhobene Klage mit Urteil vom 16.08.2004 abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Kläger sei zwar Arbeitsloser im Sinne des § 16 SGB III, so dass ihm grundsätzlich Leistungen nach den §§ 45 ff SGB III gewährt werden könnten. Allerdings ergebe sich ein Anspruch auf Erstattung der für ein Vorstellungsgespräch im Ausland entstandenen Reisekosten nicht aus § 45 Satz 2 Nr. 2 SGB III. Zwar folge dies nicht unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut der Vorschrift, allerdings ergebe sich dies insbesondere aus ihrer Entstehungsgeschichte sowie der Systematik des SGB III. Wie ein Vergleich mit der Vorgängerregelung des § 53 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) i.V.m. § 15 der Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit zur Förderung der Arbeitsaufnahme vom 19.05.1989 (A FdA) zeige, habe der Gesetzgeber die Problematik gesehen. Allerdings habe nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 A FdA nur ein Anspruch auf Gewährung von Reisekosten zur Vorstellung "bis zu einem Vorstellungsort im Inland oder bis zur deutschen Grenzstation" bestanden. Durch das Job-AQTIV-Gesetz vom 10.12.2001 habe der Gesetzgeber ausdrücklich geregelt, dass z. B. Mobilitätshilfen im Sinne von § 53 Abs. 2 SGB III an Bezieher von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe auch zur Aufnahme einer Beschäftigung im Ausland erbracht werden können. Darüber hinaus sei in § 48 Abs. 2 SGB III geregelt, dass Maßnahmen der Eignungsfeststellung und Trainingsmaßnahmen auch gefördert werden können, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen europäischen Staat durchgeführt werden, mit dem die Europäische Gemeinschaft ein Assoziierungsabkommen abgeschlossen habe, und für die Fördermittel der Europäischen Gemeinschaft geleistet werden. Diese expliziten gesetzlichen Regelungen belegten, dass der Gesetzgeber bewusst nur vereinzelt Leistungen bei einer Auslandsberührung gewähren wollte. Auch der Hinweis des Klägers auf die in Art. 39 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-V) garantierte Arbeitnehmerfreizügigkeit führe zu keinem anderen Ergebnis. Die den Arbeitnehmern in dieser Vorschrift gewährleistete Freizügigkeit bedeute nicht, dass im Falle jedweder Berührung mit dem europäischen Ausland automatisch auch eine Leistungsgewährung nach dem SGB III zu erfolgen habe. Nach der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14.06.1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern werde keine lückenlose Leistungserbringung gewährleistet. Vielmehr werde nach dieser Verordnung die Freizügigkeit von Arbeitnehmern, die während oder nach der Beendigung der Beschäftigung in einem Mitgliedstaat ihren Wohnsitz in einen anderen Mitgliedstaat verlegen, europarechtlich nur in einem begrenzten Maße geschützt. Außerdem sei die Schließung etwaiger Regelungslücken Aufgabe des Verordnungsgebers auf europäischer Ebene. Deshalb komme eine erweiternde Auslegung der §§ 45, 46 SGB III aufgrund der Vorgabe der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht in Betracht.

Gegen das ihm am 26.08.2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22.09.2004 Berufung eingelegt.

Er trägt vor:

Er habe Anspruch auf Erstattung der Reisekosten, die ihm anlässlich des Vorstellungsgesprächs in Frankreich entstanden sind. Dem Wortla...

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