Entscheidungsstichwort (Thema)

Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen. Beamter auf Lebenszeit

 

Orientierungssatz

Zum Nichtvorliegen der Voraussetzungen für eine Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen nach § 2 Abs 3 Alt 2 SGB 9 bei einem behinderungsgerecht eingesetzten Beamten auf Lebenszeit, dessen Arbeitsplatz nicht gefährdet ist (hier: Transfermitarbeiter bei einem Postnachfolgeunternehmen).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 01.03.2011; Aktenzeichen B 7 AL 6/10 R)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mainz vom 30.06.2008 - S 3 AL 421/06 - wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen.

Der 1966 geborene Kläger ist Dipl. Ing. im Bereich Elektrotechnik. Seit 1992 ist er bei der D AG beschäftigt und Beamter auf Lebenszeit; seit November 2002 wird er bei der P V in B eingesetzt. Hierbei handelt es sich um eine 100%-ige Tochter der D AG, die Outsourcing und Projektmanagement anbietet sowie Fachpersonal zu Unternehmen und Behörden vermittelt.

Mit Bescheid vom 08.06.2005 stellte das Amt für soziale Angelegenheiten bei dem Kläger einen Grad der Behinderung (GdB) von 30 wegen eines psychischen Leidens, einer Sinusitis, degenerativen Wirbelsäulenveränderungen, einer Epicondylitis radialis beider Ellenbogen und Bewegungseinschränkung beider Schultergelenke fest.

Mit am 26.08.2005 bei der Beklagten eingegangenen Antrag beantragte der Kläger, ihn nach § 2 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) mit einem schwerbehinderten Menschen gleichzustellen. Auf Anfrage der Beklagten teilte der Betriebsrat mit, der Arbeitsplatz des Klägers sei behinderungsgerecht gestaltet und nicht gefährdet. Der Kläger sei "Transfermitarbeiter" und es werde versucht, ihn auf einen Dauerarbeitsplatz zu vermitteln. Schwerbehinderte und mit schwerbehinderten Menschen gleichgestellte würden bei gleicher Eignung bei allen Stellenbesetzungen bevorzugt berücksichtigt werden. Im Übrigen würden für diesen Personenkreis engere Zumutbarkeitsgrenzen bezüglich der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsplatz gelten.

Mit Bescheid vom 25.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.12.2006 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil die Voraussetzungen einer Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen nicht erfüllt seien. Der Kläger verfüge über einen geeigneten Arbeitsplatz und sei zudem als Beamter auf Lebenszeit unkündbar. Es könne daher dahinstehen, ob vorliegend § 2 Abs. 3 SGB IX überhaupt anwendbar sei. Jedenfalls werde die Dienststelle des Klägers nicht aufgelöst, außerdem sei auch kein Verfahren Zur-Ruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit eingeleitet.

Das Sozialgericht Mainz (SG) hat die hiergegen am 29.12.2006 erhobene Klage mit Gerichtsbescheid vom 30.06.2008 abgewiesen. Der Kläger habe als Bundesbeamter gegen die D einen Anspruch auf eine amtsangemessene Beschäftigung. Dass die D ihn seit 2002 bei ihrer P V in Vollzeit als Transfermitarbeiter beschäftige, sei rechtswidrig.

Gegen den ihm am 07.07.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 31.07.2008 Berufung eingelegt.

Er trägt im Wesentlichen vor: Er müsse mit einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden. Es sei zwar richtig, dass er seit September 1992 Lebenszeitbeamter sei, aber es müsse berücksichtigt werden, dass er seit November 2002 als Transfermitarbeiter bei der P V eingesetzt werde. Sämtliche Bemühungen, ihm einen Dauerarbeitsplatz zu vermitteln, seien bisher wegen seiner eingeschränkten Einsatzfähigkeit erfolglos verlaufen. Wegen seiner psychischen Leiden benötige er eine regelmäßige Therapie, zudem müsse er Zugluft, Kälte oder Nässe meiden und könne auch keine Gewichte von mehr als 10 kg ohne fremde Hilfe tragen oder heben. Ihm sei insgesamt nur noch eine leichte körperliche Tätigkeit in wechselnden Körperhaltungen zumutbar. In seinem bisherigen, ausbildungsgerechten Beruf als Elektroingenieur könne er bei der D AG nicht mehr eingesetzt werden. Tatsächlich gehe er keiner Beschäftigung nach. Beförderungen seien ihm verschlossen. Im Übrigen baue die D AG in erheblichem Umfang Personal ab, deswegen sei seine Situation sehr wohl mit derjenigen eines Lebenszeitbeamten, dessen Dienststelle aufgelöst werde, zu vergleichen. Ohne eine Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen könne ihm eine geeignete Beschäftigung nicht vermittelt werden. Außerdem habe die Beklagte einen Kollegen mit einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mainz vom 30.06.2008 - S 3 AL 421/06 - und den Bescheid der Beklagten vom 25.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.12.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX einem schwerbehinderten Menschen gleichzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält an der getroffenen Entscheidung fest und weist noch...

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