Verfahrensgang

SG Koblenz (Urteil vom 29.08.1989; Aktenzeichen S 6 U 202/89)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 29.8.1989 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger bei seinem Unfall vom 8.1.1987 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand.

Der 1942 geborene Kläger ist bei der H. Stahl AG in W. (S.) beschäftigt und bei der Bundesknappschaft gegen Krankheit versichert. Am 11.10.1986 zog er sich bei einem Arbeitsunfall eine Basisfraktur des 5. Mittelfußknochens sowie Rippenbrüche zu. Anläßlich des wegen der Unfallfolgen notwendigen stationären Aufenthalts in der Chirurgischen Abteilung des St-A.-Krankenhauses W. (S.) wurde ein unfallunabhängiges Gefäßleiden diagnostiziert. Die Bundesknappschaft zahlte dem Kläger nach Beendigung des Lohnfortzahlungszeitraums Verletztengeld für die Zeit vom 23. bis 24.11.1986. Da Dr K. von der Chirurgischen Abteilung des St-A.-Krankenhauses W. auf dem Auszahlungsschein für Verletztengeld auch über den 24.11.1986 hinaus Arbeitsunfähigkeit bescheinigte, erkundigte sich die Bundesknappschaft bei ihm mit Schreiben vom 18.12.1986 nach dem Grund der weiterbestehenden Arbeitsunfähigkeit. Unter dem 5.1.1987 stellte dieser klar, das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit sei auf die unfallunabhängige Gefäßerkrankung zurückzuführen.

Da der Kläger nach seinen Angaben dringend auf Krankengeldleistungen angewiesen war, nahm er am 7.1.1987 fernmündlich Rücksprache mit einer Sachbearbeiterin der Bundesknappschaft. Er bat, eine Barauszahlung des ab 25.11.1986 zustehenden Krankengeldes zu veranlassen, worauf ihm erklärt wurde, er müsse zu diesem Zweck in der Verwaltungsstelle der Bundesknappschaft in Siegen persönlich vorstellig werden. Am folgenden Tag (8.1.1987), begab er sich deshalb auf den Weg dorthin. Hierbei rutschte er auf eisigem Boden aus und zog sich einen Oberarmkopfbruch links zu.

Durch Bescheid vom 28.3.1989 (zugestellt am 7.4.1989) lehnte die Beklagte Leistungen aus Anlaß des Unfalls vom 8.1.1987 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt: Der Weg zum Krankenversicherungsträger stelle keine Tätigkeit dar, die die Zugehörigkeit zum Kreis der versicherten Personen in der gesetzlichen Unfallversicherung begründe. Eine analoge Anwendung des § 539 Abs. 1 Nr. 4 Reichsversicherungsordnung (RVO) komme nicht in Betracht, da diese Vorschrift eine ausschließliche Auflistung der Merkmale für den Versicherungsschutz beinhalte.

Am 2.5.1989 hat der Kläger beim Sozialgericht (SG) Dortmund Klage erhoben. Dieses hat den Rechtsstreit wegen örtlicher Unzuständigkeit an das SG Koblenz verwiesen. Im Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen: Er sei bei seinem Unfall am 8.1.1987 gemäß § 539 Abs. 2 RVO gegen Arbeitsunfall versichert gewesen. Diese Vorschrift diene nach dem Willen des Gesetzgebers dazu, der Rechtsprechung die Möglichkeit zu geben, den Versicherungsschutz auf Fälle auszudehen, in denen es unbillig erscheinen würde, sie wegen Fehlens eines Tatbestandsmerkmals des § 539 Abs. 1 RVO davon auszuschließen. Hiernach müsse der Versicherungsschutz auf dem Weg zur Krankenkasse bejaht werden, weil er einer ihm obliegenden sozialversicherungsrechtlichen Mitwirkungspflicht entsprochen habe und auf Grund einer besonderen Aufforderung durch die Bundesknappschaft nach Siegen gefahren sei. Hätte die Bundesknappschaft die auf Grund der ordnungsgemäß vorgelegten Krankengeld- bzw Verletztengeldauszahlungsscheine belegte Arbeitsunfähigkeit anstandslos anerkannt und die entsprechenden Leistungen erbracht, wäre es nie zu dem Arbeitsunfall gekommen; auch dieser Gesichtspunkt spreche dafür, den zum Unfall führenden Weg einem Weg eines Arbeitnehmers zum Arbeitsplatz und zurück gleichzustellen.

Durch Urteil vom 29.8.1989 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Auf dem Weg zur Bundesknappschaft habe der Kläger nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden, da die Voraussetzungen des § 539 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 17 Buchst. c RVO und der §§ 539 Abs. 2 und 548 Abs. 1 S 2 RVO nicht erfüllt seien.

Gegen dieses Urteil richtet sich die am 25.9.1989 beim Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz eingelegte Berufung des Klägers.

Der Kläger trägt vor: Der Weg zur Krankenkasse, um das Krankengeld abzuholen, sei unfallversicherungsrechtlich dem Weg zum Arbeitgeber zum Zwecke des Lohnempfangs gleichzustellen. Es sei anerkannt, daß § 548 Abs. 1 S 2 RVO entsprechend bei Versicherten anwendbar sei, denen Lohnersatzleistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) auf ihr Konto überwiesen würden. Aus diesem Grund müsse beim Abholen von Lohnersatzleistungen grundsätzlich Unfallversicherungsschutz zugebilligt werden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 29.8.1989 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28.3.1989 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, i...

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