Verfahrensgang

SG Trier (Urteil vom 13.03.1989; Aktenzeichen S 4 U 200/88)

 

Tenor

1. Das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 13.3.1989 wird geändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 3.11.1988 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, den Unfall des Klägers vom 1.5.1986 als Arbeitsunfall zu entschädigen.

2. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu erstatten. Darüber hinaus erfolgt keine Kostenerstattung.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten auch im Berufungsverfahren um die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlaß eines am 1.5.1986 erlittenen Unfalles sowie um die Feststellung des zuständigen Versicherungsträgers.

Der im Jahre 1920 geborene Kläger ist mit Bestallungsurkunde des Amtsgerichts Prüm vom 28.6.1984 zum Pfleger seines am … 1948 geborenen Sohnes bestellt worden. Sein Sohn ist infolge eines Impfschadens geistig schwer behindert – er leidet an hochgradigem Schwachsinn – und bezieht vom Versorgungsamt Pflegezulage nach Stufe III. Er lebt im Haushalt des Klägers und wird von diesem gepflegt.

Um über den Antrag auf Gewährung einer erhöhten Pflegezulage nach § 35 Bundesversorgungsgesetz (BVG) positiv entscheiden zu können, regte das Versorgungsamt Mainz mit Schreiben vom 8.3.1984 an, daß der Kläger mit seinem Sohn zweckmäßigerweise einen Arbeitsvertrag über die vom Kläger zu erbringenden Pflegeleistungen abschließen solle. Da der Sohn wegen seiner geistigen Behinderung jedoch nicht in der Lage sei, einen entsprechenden Vertrag abzuschließen, müsse ggf mit Hilfe des Vormundschaftsgerichts versucht werden, einen Pflegevertrag abzuschließen. Im Hinblick auf den Bezug flexiblen Altersruhegeldes durch den Kläger sei die Hinzuverdienstgrenze von 1.000,– DM zu berücksichtigen.

Daraufhin wurde am 30.8.1984 Herr. K. M. als Pfleger für den Sohn des Klägers bestellt. Sein Wirkungskreis umfaßt „die Vertretung des Gebrechlichen beim Abschluß des Pflegevertrages zwischen A. und J. H.” Dieser Pflegevertrag wurde am gleichen Tag geschlossen. Danach wurde der Kläger auf unbestimmte Zeit für eine Vergütung von 1.000,– DM monatlich/brutto als Pfleger seines Sohnes eingestellt.

Nachdem der Kläger das 65. Lebensjahr vollendet hatte, wurde am 12.1.1986 ein Änderungsvertrag abgeschlossen. Darin wurde festgelegt, daß der Kläger weiterhin als Pfleger beschäftigt wird (wöchentliche Arbeitszeit 56 Stunden; Vergütung in Anlehnung an die Arbeitsvertragsrichtlinien – AVR – des Caritasverbandes; Regelungen über Überstundenvergütung, Urlaub, Sonderzuwendung, jährliche Entgelterhöhung und Beitragspflicht zur Sozialversicherung). Von der allgemeinen Ortskrankenkasse B.-P. wurden zuletzt 829,86 DM monatlich Beiträge zur Sozialversicherung eingezogen.

Am 1.5.1986 unternahm der Kläger zusammen mit seinem Sohn mit dem Pkw des Sohnes eine Ausflugsfahrt an den Rhein. Bei einem Verkehrsunfall erlitt der Kläger eine Kopfplatzwunde, Thoraxprellung, Platzwunde linke Hand und Rippenserienfraktur. Er wurde danach stationär behandelt.

Mit Bescheid vom 3.11.1988 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen des Unfalles vom 1.5.1986 ab, weil ihre Zuständigkeit nicht gegeben sei. Die Tätigkeit des Klägers sei seinem Privathaushalt zuzurechnen, da die Pflege des Sohnes Ausfluß der familiären Bindung sei. Er sei kein „in der Wohlfahrtspflege Tätiger” und mithin nicht bei der Beklagten versichert.

Mit Urteil vom 13.3.1989 hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten abgeändert und den Beigeladenen dem Grunde nach zur Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung verurteilt. In den Entscheidungsgründen hat es hierzu im wesentlichen ausgeführt, zwischen dem Kläger und seinem Sohn habe ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis i.S.v. § 7 Sozialgesetzbuch 4. Buch (SGB IV) bestanden. Zuständiger Versicherungsträger sei der Beigeladene, da der Kläger nicht im Gesundheitswesen beschäftigt oder tätig sei. Zwar sei er Haushaltsvorstand und als solcher grundsätzlich nach § 543 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) versicherungsfrei, doch sei er zugleich auch abhängig Beschäftigter in diesem Unternehmen.

Gegen das am 21.3.1989 zugestellte Urteil richtet sich die am 13.4.1989 beim Landessozialgericht Rheinland-Pfalz eingelegte Berufung des Beigeladenen.

Der Beigeladene trägt vor,

ein Beschäftigungsverhältnis habe nach der tatsächlichen Gestaltung der Verhältnisse nicht vorgelegen. Eine persönliche Abhängigkeit des Klägers von seinem Sohn bestehe nicht. Dieser habe faktisch keine Arbeitgeberposition und kein Weisungsrecht gegenüber dem Vater, so daß schon rein begrifflich keine Eingliederung in das – ohnehin nicht vorhandene – Unternehmen (Haushalt) des Sohnes vorliegen könne. Zweck der abgeschlossenen Pflegeverträge sei im übrigen gewesen, eine höhere Pflegezulage vom Versorgungsamt zu erlangen. Eine Zuständigkeit des Beigeladenen scheide schon mangels Vorliegen einer Tät...

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