nicht-rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenbeginn. Verfahrensmangel. Beiladung. Berufungszulassung

 

Leitsatz (amtlich)

Verfahrensfehler durch Unterlassung einer Beiladung oder der Zulassung der Berufung.

1. Die Unterlassung der Beiladung eines Versicherungsträgers, der nachentrichtete Beiträge entgegengenommen hat, aber nicht leistungspflichtig ist, begründet keinen Verfahrensmangel, der zur Zulässigkeit der gesetzlich ausgeschlossenen Berufung führen könnte.

2. Das Unterlassen des Sozialgerichts, die Berufung zuzulassen, ist kein Verfahrensmangel.

 

Normenkette

SGG §§ 146, 150 Nr. 2, § 75 Abs. 1-2; RVO §§ 1630, 1614, 1572 Abs. 4; WGSVG Art. 4 § 2 Abs. 2

 

Verfahrensgang

SG Speyer (Urteil vom 13.03.1975; Aktenzeichen S 7 J 653/74)

 

Tenor

1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 13. März 1975 wird als unzulässig verworfen.

2. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ab wann dem Kläger höheres Altersruhegeld zusteht.

Die Beklagte gewährte dem im September 1901 geborenen, in Argentinien lebenden Kläger durch Bescheid vom 13. Dezember 1965 ab dem 1. August 1964 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, die sie durch Bescheid vom 29. September 1966 mit Wirkung ab dem Ersten dieses Monats in Altersruhegeld umwandelte. Mit Schreiben vom 19. Februar 1972, das bei der Beklagten am 22. Februar 1972 einging, beantragte der Kläger, nach dem Gesetz zur Änderung und Ergänzung der Vorschriften über die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung vom 22. Dezember 1970 (WGSVG) die Nachentrichtung von Beiträgen zuzulassen und eine Vergleichsberechnung durchzuführen. Die Beklagte antwortete ihm mit Schreiben vom 20. März 1972, er sei nach §§ 9, 10 WGSVG berechtigt, Beiträge nachzuentrichten und habe nach § 13 WGSVG Anspruch auf eine Vergleichsberechnung.

Mit Bescheid vom 13. April 1972 erhöhte die Beklagte das Altersruhegeld aufgrund einer Vergleichsberechnung nach § 13 WGSVG ab dem 1. Februar 1971.

Wegen der Nachentrichtung von Beiträgen wandte sich der Kläger alsdann an die Landesversicherungsanstalt (LVA) Rheinprovinz, die ihm durch Bescheid vom 12. Juli 1973 die Nachentrichtungsberechtigung nach § 10 WGSVG bestätigte.

Durch Bescheid vom 4. Juli 1974 teilte die LVA Rheinprovinz dem Kläger mit, sie habe ihm in seinen Versicherungsunterlagen aufgrund seiner Beitragszahlung „vom 21. Januar 1974 (fristgemäß zum Antrag vom 22. Februar 1972)” freiwillige Beiträge für das Jahr 1950 angerechnet.

Durch Bescheid vom 26. August 1974 stellte die Beklagte aufgrund der nachentrichteten Beiträge das Altersruhegeld neu fest; zugleich legte sie den Beginn der höheren Rente auf den 1. Februar 1974, weil die Beiträge erst im Vormonat bei der LVA Rheinprovinz eingegangen seien.

Gegen den Bescheid vom 26. August 1974 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Speyer Klage erhoben. Er hat geltend gemacht, die höhere Rente sei nicht erst ab Februar 1974, sondern ab März 1972 zu zahlen, weil die Beitragsnachentrichtung aufgrund der Vorschrift des § 1420 Abs. 1 Nr. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) als im Februar 1972 erfolgt zu gelten habe. Daß die Beiträge nach Maßgabe der genannten Vorschrift rechtzeitig eingegangen seien, habe die LVA Rheinprovinz mit dem Vermerk „fristgemäß zum Antrag vom 22. Februar 1972” bescheinigt. Die Beklagte sei an diese Äußerung gebunden, weil in der Rentenversicherung nur einheitlich entschieden werden könne. Da die Interessen der LVA Rheinprovinz berührt seien, müsse sie dem Verfahren beigeladen werden. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitfrage sei die Berufung zuzulassen. In verschiedenen Urteilen habe das Sozialgericht Bayreuth seine Rechtsauffassung geteilt. Diese – näher bezeichneten – Urteile seien beizuziehen.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid vom 26. August 1974 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm die aufgrund der Beitragsnachentrichtung erhöhte Rente ab dem 1. März 1972 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, die von ihr verfügte Festlegung des Beginns der höheren Rente entspreche der Vorschrift des Art. 4 § 2 Abs. 2 WGSVG. Danach bestehe Anspruch auf die höhere Rente in den Fällen des § 10 WGSVG frühestens vom Ersten des Monats an, der auf die Beitragsnachentrichtung folge. Der eindeutige Wortlaut des Gesetzes lasse die vom Kläger gewünschte Auslegung nicht zu. Ihre Rechtsauffassung habe das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz durch Urteil vom 31. Mai 1974 (Az.: L 6 J 7/74) bestätigt.

Durch Urteil vom 13. März 1975 hat das Sozialgericht Speyer die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Klage sei nicht begründet, weil das LSG Rheinland-Pfalz in dem von der Beklagten zitierten Urteil in einem gleichgelagerten Fall den Rechtsstandpunkt der Beklagten vertreten habe. Eine Beiladung der LVA Rheinprovinz sei nicht erforderlich, weil sie weder jetzt noch in Zukunft dem Kläger eine Rente zahlen müsse. Wegen des Mangels ei...

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