Verfahrensgang

SG Koblenz (Urteil vom 08.11.1982; Aktenzeichen S 9 Ar 31/82)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 8. November 1982 und die weitere Klage gegen den Bescheid des Arbeitsamts Heidelberg vom 15. Juni 1983 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Mit der zugelassenen Berufung und der Klage gegen einen im Laufe des Berufungsverfahrens am 15. Juni 1983 ergangenen Neufeststellungsbescheid begehrt der Kläger weiterhin Übergangsgeld (Übg) anstelle von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) für die Zeit vom 26. Mai 1975 bis 31. Dezember 1976.

Der 1956 geborene Kläger ist gehörlos und entsprechend sprachbehindert (anerkannte Minderung der Erwerbsfähigkeit 100 %). In der Zeit vom 26. Mai 1975 bis 12. März 1977 wurde er, ohne zuvor berufstätig gewesen zu sein, im Berufsförderungswerk H. mit Erfolg zum Teilkonstrukteur-Maschinenbau ausgebildet. Für diese Ausbildung hatte er am 6. Mai 1975 beim Arbeitsamt Mayen BAB beantragt. Sein Vater hatte außerdem mit Schreiben vom 27. Mai 1975 an das Arbeitsamt Mayen unter Hinweis auf die Behinderung des Klägers um Bewilligung aller dafür vorgesehenen Leistungen gebeten.

Das Arbeitsamt Heidelberg gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 24. Juli 1975 „auf den am 6. Mai 1975 gestellten Antrag” jedoch zunächst nur für die Zeit vom 26. Mai 1975 bis 30. April 1976 eine BAB von insgesamt 298,– DM monatlich (260,– DM für Lebensunterhalt und 38,– DM Fahrkostenpauschale für eine Familienheimfahrt im Monat). Gleichzeitig wies es den Kläger darauf hin, daß die BAB nach Ablauf des Bewilligungszeitraums (nur) auf Antrag weitergewährt werde. Der Kläger beantragte daraufhin am 23. April 1976 die Weiterbewilligung der BAB. Diesem Antrag entsprach das Arbeitsamt Heidelberg mit Bescheid vom 1. Juni 1976 und bewilligte dem Kläger auch für die weitere Zeit vom 1. Mai 1976 bis 12. März 1977 BAB in der bisherigen Höhe. Beide BAB-Bewilligungsbescheide enthielten eine ordnungsgemäße schriftliche Rechtsmittelbelehrung. Der Kläger erhob keinen Widerspruch.

Am 26. Oktober 1981 beantragte der Kläger beim Arbeitsamt Heidelberg rückwirkend die Gewährung von Übg statt BAB. Dabei machte er geltend, des Bundessozialgericht habe Behinderten, die älter als 18 Jahre seien, während ihrer Rehabilitation inzwischen auch dann Übg zuerkannt, wenn sie vorher nach nicht berufstätig gewesen seien.

Das Arbeitsamt Heidelberg lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 26. November 1981 und Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 1982 ab: Die Bescheide über die Bewilligung von BAB enthielten zugleich eine stillschweigende Ablehnung weiterer Ansprüche. Sie seien bei Inkrafttreten des X. Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) am 1. Januar 1981 bereite bestandkräftig gewesen. Eine erneute Prüfung nach § 1744 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in der vor dem 1. Januar 1981 geltenden Fassung komme schon deshalb nicht in Betracht, weil diese Vorschrift für die Beklagte zu keiner Zeit gegolten habe. Für diesen Fall schließe die Übergangsregelung des Art. II § 40 SGB X die Aufhebung der BAB-Bewilligungsbescheide und die Gewährung des höheren Übg unter Anwendung von Art. I § 44 SGB X aus. Dam Begehren des Klägers könne unter diesen Umständen allenfalls entsprochen werden, wenn die Fehlerhaftigkeit der BAB-Bewilligung durch eine ständige Rechtsprechung zweifelsfrei festgestellt worden sei. Diese Voraussetzungen seien jedoch schon deshalb nicht erfüllt, weil bisher zur Frage des Anspruchs auf Übg für 18-jährige Behinderte ohne vorherige Berufstätigkeit nur eine Entscheidung des Bundessozialgerichts ergangen sei.

Mit der Klage hat der Kläger geltend gemacht, eine stillschweigende Antragsablehnung sei im SGB nicht vorgesehen. Die Beklagte habe mit der Bewilligung von BAB daher noch nicht über die von ihm zugleich beantragten weiteren Leistungen entschieden. Diese Entscheidung habe sie ohne daß Art. I § 44 SGB X insoweit anzuwenden sei, nachholen müssen. Die Unanwendbarkeit dieser Bestimmung ergebe sich daraus, daß bezüglich des Übg noch kein ablehnender Verwaltungsakt vorliege.

Das Sozialgericht Koblenz hat die Klage mit Urteil vom 8. November 1982 abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen dieses dem Kläger am 4. Dezember 1982 zugestellte Urteil richtet sich seine Berufung vom 3. Januar 1983. Er wiederholt sein bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt er vor, das Sozialgericht habe in den Bescheiden über die Bewilligung von BAB zu Unrecht Verwaltungsakte mit Doppelwirkung gesehen und deshalb eine stillschweigende Ablehnung seines Antrags auf Übg bejaht. In Wahrheit sei dieser Antrag noch nicht verbraucht. Auch die Hinweise des Sozialgerichts auf Verwirkung und Verjährung seien verfehlt. Der unverbrauchte Antrag habe die Verjährung wie eine Klage nach § 209 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) unterbrochen und könne selbst nicht verjähren. Die Voraussetzungen einer Verwirkung lägen ebenfalls nicht vor, weil sein Anspru...

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