Entscheidungsstichwort (Thema)

Vereinbarkeit der Absenkung der Entgeltpunkte in der gesetzlichen Rentenversicherung für Zeiten nach dem FRG auf 60 %. Zuordnung der in der ehemaligen UdSSR geleisteten Übertagearbeit im Tuffsteinabbau. knappschaftliche Rentenversicherung

 

Orientierungssatz

1. Die in der ehemaligen UdSSR geleistete Übertagearbeit im Tuffsteinabbau ist nach geltendem Recht nicht der knappschaftlichen Versicherung zuzuordnen; dieser werden nur weitgehend unterirdische Bergbautätigkeiten zugeordnet (§ 20 Abs 2 FRG iVm § 134 SGB 6).

2. Die Absenkung der Entgeltpunkte für Zeiten nach dem FRG auf 60 % ist mit dem GG vereinbar, soweit es Berechtigte betrifft, die nach dem 1.1.1991 in die Bundesrepublik eingereist sind (vgl BVerfG vom 13.6.2006 - 1 BvL 9/00 ua = BVerfGE 116, 96 = SozR 4-5050 § 22 Nr 5.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 29.06.2018; Aktenzeichen B 13 R 9/16 B)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 30.4.2015 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt die Bewilligung einer höheren Regelaltersrente.

Der am   1947 in K   (ehemalige UdSSR) geborene Kläger ist im August   1992 in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt. Er ist Inhaber des Vertriebenenausweises A.

Der Kläger  absolvierte  zunächst  ein  Studium  an  dem  Bergbautechnikum K (Abschluss: Diplom, Qualifikation als Techniker-Bergbaueletromechaniker, Fachrichtung Bergbauelektromechanik) von 1961 bis 1965 und anschließend von 1965 bis zum 1970 ein Studium am Polytechnischen Institut K (Abschluss: Diplom, Qualifikation als Bergbauelektroingenieur, Fachrichtung Elektrifizierung und Automatisation der Bergbauproduktion). Ausweislich eines Schreibens des Ministeriums für Wissenschaft und Weiterbildung Rheinland-Pfalz vom 16.12.1993 darf der Kläger seine am Polytechnischen Institut K   erworbene Qualifikation  als Bergbauelektroingenieur in Form des deutschen Hochschulgrades Diplom-Ingenieur (FH) in der Bundesrepublik führen. Das in der ehemaligen Sowjetunion abgeschlossene Studium sei mit dem entsprechenden Studienabschluss an einer Fachhochschule in der Bundesrepublik gleichwertig.

Vom 2.9.1970 bis zum 2.9.1972 absolvierte der Kläger seinen Wehrdienst in der Sowjetarmee. Vom 11.9.1972 bis zum 22.10.1973 war er ausweislich des Arbeitsbuches (Blatt 7ff Verwaltungsakte) als Einrichter - Ingenieur tätig. Vom 26.10.1973 bis zum 9.6.1987 sowie vom 16.6.1987 bis zum 5.9.1988 war er dann als Elektroschlosser, Mechaniker und Bergbaumeister beschäftigt. Vom 6.9.1988 bis zum 13.6.1991 arbeitete der Kläger ebenfalls als Bergbaumeister. Vom 24.6.1991 bis zum 7.7.1991 war er als erneut als Meister und Einrichter-Ingenieur tätig.

Mit Bescheid vom 9.11.2004 stellte die Beklagte die in dem beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten nach § 149 Abs. 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) verbindlich fest. Dabei führte sie aus, dass Ausbildungszeiten nur ab Vollendung des 17. Lebensjahres bis zur Höchstdauer von insgesamt 8 Jahren als Anrechnungszeit berücksichtigt werden könnten. Der Bescheid wurde bestandskräftig.

Auf seinen Antrag vom 5.7.2012 erhielt der Kläger mit Bescheid der Beklagten vom 17.8.2012 ab dem 1.7.2012 Regelaltersrente in Höhe von monatlich 1.060,52 €. Hierbei wurde unter anderem darauf hingewiesen, dass die Einstufung in die jeweils maßgebende Qualifikationsgruppe nach der Anlage 13 zum SGB VI vorgenommen worden sei. Die Bestimmung des maßgebenden Bereichs der Anlage 14 zum SGB VI sei nach der Art des Betriebes erfolgt. Die zuzuordnenden Werte seien durch Gesetz oder Rechtsverordnung festgelegt. Die zu 5/6 angerechneten Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten könnten nicht voll berücksichtigt werden, weil sie nicht nachgewiesen, sondern nur glaubhaft gemacht seien. Für die Zeiten mit Tabellenwert würden 60 % der maßgebenden Entgeltpunkte zu Grunde gelegt (Faktor 0,6).

Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, der Zeitraum vom 1.2.1974 bis zum 5.1.1984 solle gemäß Anlage 15 des Fremdrentengesetzes (FRG) bewertet werden. Der Zeitraum vom 6.9.1988 bis 13.6.1991 solle der knappschaftlichen Rentenversicherung zugeordnet werden und ebenfalls nach Anlage 15 des FRG bewertet werden. Die Kürzung auf 60 % werde beanstandet. Die Zeit vom 11.9.1972 bis 7.7.1992 solle mit 6/6 bewertet werden, da die Beitragszeiten nachgewiesen worden seien. Die Rente sei allgemein ungerechtfertigt gekürzt worden. Die Reduzierung der Fremdrenten um 40 % verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip, die Menschenrechte und Minderheitenrechte und führe zu Fehlentwicklungen im sozialen Sicherungssystem.

Der erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 25.2.2013 als unbegründet zurückgewiesen. Beitrags- und Beschäftigungszeiten in der ehemaligen UdSSR in der gesetzlichen Rentenversicherung würden den verschiedenen Versicherungszweigen gemäß § 20 FRG zugeordnet. Entgeltpunkte würden für diese Zeiten nach § 22 FRG ermittelt. Diese Vorschr...

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