Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Rentenversicherung. Fremdrentenrecht. Vertriebeneneigenschaft. Überprüfung der Feststellung der Vertriebenenbehörde im sozialgerichtlichen Verfahren. Umsiedlung der Eltern. Zurücklegung von Versicherungszeiten nach Abschluss des Vertreibungsvorganges

 

Orientierungssatz

1. Hat der Rentenversicherungsträger die Feststellung von Versicherungszeiten abgelehnt, weil die Vertriebenenbehörde auf sein Ersuchen gemäß § 100 Ab.s 2 S. 3 BVFG in der seit dem 1.1.1993 geltenden Fassung die Vertriebeneneigenschaft des Betroffenen verneint hat, ist die Feststellung der Vertriebenenbehörde im sozialgerichtlichen Verfahren auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen. Die Entscheidung über die Anerkennung als Vertriebener ist nach neuem Recht ein unselbständiger Teil des Verfahrens bei der Leistungsbehörde, ein feststellender Statusbescheid gegenüber dem Betroffenen ergeht nicht mehr (Vergleiche BSG, Urteil vom 21.03.2006 - B 5 RJ 54/04 R -).

2. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG stehen Beitragszeiten, die bei einem nicht-deutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Zeiten nach dem FRG sind nicht festzustellen, wenn die in Rede stehenden Versicherungszeiten im Herkunftsgebiet nach dem jeweils maßgeblichen Vertreibungsvorgang zurückgelegt wurden. War die Vertreibung bereits abgeschlossen, können die nachfolgenden Zeiten nach den Vorschriften des FRG nicht mehr den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleichgestellt werden.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.11.2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Feststellung von Versicherungszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG).

Der Kläger wurde am 00.10.1967 in T/Kasachstan geboren und reiste am 08.04.1994 aus N/Nordossetien kommend mit seiner russischen Ehefrau und dem gemeinsamen Kind in Deutschland ein. Die Einreise erfolgte mit einem deutschen Reisepass als deutscher Staatsangehöriger.

Der Vater des Klägers reiste im Februar 1993 mit einem Aufnahmebescheid ein und wurde als Spätaussiedler gemäß § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz, BVFG) anerkannt. Dieser wurde in dem von deutschen Einwanderern gegründeten Dorf S in der Ukraine als Sohn deutscher Volkszugehöriger geboren, wich mit den deutschen Truppen 1944 in das von Deutschland besetzte Polen zurück und wurde dort eingebürgert. 1945 erfolgte die Repatriierung durch russische Truppen nach Kasachstan, wo der Vater des Klägers bis 1956 unter Kommandanturbewachung stand.

Von 1975 bis 1985 besuchte der Kläger die Schule. Nach seiner Berufsausbildung und Tätigkeit als Verkäufer in der Zeit vom 13.12.1985 bis 25.03.1987 und der Ableistung des Wehrdienstes vom 21.05.1987 bis 26.08.1988 übte er ab dem 23.11.1988 verschiedene Tätigkeiten aus.

Am 20.11.1990 - eingegangen beim Bundesverwaltungsamt am 22.05.1991 - beantragte der Kläger die Aufnahme als Aussiedler. Mit Bescheid vom 13.07.1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.08.1997 lehnte das Bundesverwaltungsamt den Antrag ab. Auch der am 03.05.2001 gestellte Antrag auf Anerkennung als Spätaussiedler nach § 4 Abs. 1 BVFG bzw. als Heimatvertriebener wurde mit Bescheid der beigeladenen Stadt L vom 10.07.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung L vom 04.01.2002 abgelehnt. Im anschließenden Klageverfahren beim Verwaltungsgericht (VG) Köln - 10 K 700/02 - nahm der Kläger die Klage am 25.02.2003 zurück, nachdem das Gericht die beantragte Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht bezogen auf die Ausstellung der Bescheinigung als Vertriebener abgelehnt hatte. In einem weiteren Verfahren beim VG Köln - 10 K 856/01 - wurde der gegen die Beigeladene gerichtete Antrag auf Gleichstellung eines ausländischen Diploms durch Urteil vom 14.04.2004 als unbegründet zurückgewiesen. In den Entscheidungsgründen wies die Kammer - obwohl nicht entscheidungsrelevant - darauf hin, dass der Kläger gemäß § 100 Abs. 1 BVFG, § 7 i. V. m. § 1 Abs. 1 bzw. Abs. 2 BVFG alte Fassung (a. F.) die Eigenschaft als Vertriebener erworben habe.

Mit dem im Juli 2004 gestellten Antrag auf Kontenklärung legte der Kläger sein Mittelschul-Zeugnis, sein Arbeitsbuch und sein Diplom vor und gab an, das VG Köln habe in dem vorgenannten Urteil die Eigenschaft als "Vertriebener-Umsiedler" anerkannt. Auf Anfrage der Beklagten teilte die Beigeladene mit Schreiben vom 24.02.2005 mit, der Kläger erfülle die Voraussetzungen zur Anerkennung als Umsiedler im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 6 BVFG. Nachdem die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA, jetzt Deutsche Rentenversicherung Bund) im parallel dazu laufenden Verfahren der Ehefrau um Überprüfung und Korrektur der Rechtsauffassung der Beigeladenen gebeten hatte, nahm die Beige...

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