Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung von isolierten Vorverfahrenskosten. Höhe der Geschäftsgebühr im Widerspruchsverfahren. Erhöhung der Geschäftsgebühr des Rechtsanwalts aufgrund mehrerer Auftraggeber. Vertretung einer Bedarfsgemeinschaft nach SGB 2. Entstehen der Erledigungsgebühr

 

Orientierungssatz

1. Hat sich der Widerspruchsgegner in einem bestandskräftigen Bescheid dem Widerspruchsführer gegenüber verpflichtet, die notwendigen Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren zu erstatten, so ist eine nachträgliche Quotelung der Kosten ausgeschlossen.

2. Bei der Bestimmung der Geschäftsgebühr nach RVG-VV Nr 2500 ist von der Mittelgebühr auszugehen. Bei durchschnittlicher Schwierigkeit der Sache, unterdurchschnittlichem Umfang der anwaltlichen Tätigkeit, durchschnittlicher Bedeutung der Angelegenheit für den Betroffenen und dessen unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen ist der Ansatz von ca. 80 % der Schwellengebühr angemessen. Das sind 195,- €.

3. Bei Vertretung einer Bedarfsgemeinschaft erhöht sich nach RVG-VV Nr 1008 die Geschäftsgebühr nach RVG-VV Nr 2500 für jede weitere Person um 30 %.

4. Ist die Betragsrahmengebühr von einem Grundsicherungsträger zu ersetzen, so ist die vom Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig iS des § 14 Abs 1 S 4 RVG ist. Der Grundsicherungsträger ist nicht verpflichtet, den Kostenansatz eines Bevollmächtigten bei Unangemessenheit der Kosten zu übernehmen. In einem solchen Fall obliegt es dem Grundsicherungsträger als Vergütungsschuldner, die angemessene Vergütung festzusetzen (vgl zur Vorgängervorschrift des § 12 BRAGebO BSG vom 12.6.1996 - 5 RJ 86/95 = SozR 3-1930 § 116 Nr 9).

5. Der Anfall einer Erledigungsgebühr nach RVG-VV Nr 1005 im Widerspruchsverfahren setzt die aktive Mitwirkung des Rechtsanwalts an der eine Entscheidung verursachenden Maßnahme voraus. Der Rechtsanwalt muss eine besondere, auf die Beteiligung der Sache ohne Entscheidung des Gerichts abzielende, über die bereits mit der Geschäftsgebühr abgegoltene Einlegung und Begründung des Rechtsbehelfs hinausgehende Tätigkeit entfaltet haben (vgl BSG vom 7.11.2006 - B 1 KR 13/06 R und vom 21.3.2007 - B 11a AL 53/06 R).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 01.07.2009; Aktenzeichen B 4 AS 21/09 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.03.2008 geändert. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 14.12.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2006 verurteilt, an den Kläger einen Betrag von 249,40 EUR zu zahlen. Die Beklagte trägt die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe der von der Beklagten zu erstattenden Kosten nach § 63 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X).

Durch Bescheid vom 07.12.2004, adressiert an den Kläger, bewilligte die Beklagte der Bedarfsgemeinschaft, bestehend aus dem Kläger, seiner Ehefrau und seinem 1992 geborenen Stiefsohn, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 01.01. bis zum 30.05.2005 in Höhe von 974,63 EUR monatlich.

Mit Schreiben vom 11.01.2005 legte der Prozessbevollmächtigte namens und im Auftrag des Klägers Widerspruch gegen den Bescheid vom 07.12.2004 ein. Er machte geltend, es sei nicht nachvollziehbar, wie die Beklagte das berücksichtigte Einkommen der Ehefrau des Klägers in Höhe von 220,91 EUR ermittelt habe. Bei der Einkommensberechnung sei unberücksichtigt geblieben, dass die Ehefrau Fahrtkosten in Höhe von 52,60 EUR monatlich habe. Die Kosten der Unterkunft beliefen sich nicht auf den bewilligten Betrag von 459,80 EUR, sondern tatsächlich auf 523,97 EUR. Zum Nachweis seiner Bevollmächtigung legte der Prozessbevollmächtigten eine vom Kläger am 06.01.2005 unterzeichnete Originalvollmacht in Sachen "C, N-Straße 0, X./. ARGE X wegen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II" vor. Mit Schreiben vom 15.02.2005 wies die Beklagte den Prozessbevollmächtigten darauf hin, dass die Kosten für die Warmwasseraufbereitung in Höhe von 58,18 EUR bei den Kosten der Unterkunft nicht übernommen werden könnten, da diese von der Regelleistung umfasst seien. Des weiteren forderte sie den Prozessbevollmächtigten auf, eine aktuelle Verdienstbescheinigung der Ehefrau vorzulegen und mitzuteilen, wieviel Kilometer pro Arbeitstag an wievielen Tagen in der Woche die Ehefrau des Klägers zurücklege. Daraufhin übersandte der Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 25.02.2005 der Beklagten eine Lohnbescheinigung für Januar 2005 und teilte mit, dass die Entfernung zur Arbeitsstätte täglich 3,5 km betrage und die Ehefrau des Klägers 5 Tage in der Woche arbeite. Unter dem 25.04.2005 erinnerte der Prozessbevollmächtigte an die Bearbeitung des Widerspruchs und übersandte die Lohnabrechnung für März 2005. Durch Bescheid vom 30.05.2005, adressiert an den Kläger, bewilligte die Beklagte der Bedarfsgemeinschaft Le...

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