Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Beitragspflicht. rechtswidriger Verwaltungsakt. keine gesetzliche Grundlage. Unfallversicherungsträger: Feststellung der Beitragspflicht des Klägers unter Hinweis auf den Unfall einer Zeitungsausträgerin auch für den "versicherten Personenkreis". abstrakte Feststellung der Versicherungspflicht bestimmter Personen. Statusfeststellungsverfahren gem § 7a SGB 4. eingetragener Verein. Herausgeber einer wöchentlichen Zeitschrift im Auftrag der Kirche. Kirchengemeinden als "Verteilstellen". Austragen der Zeitschrift durch ehrenamtlich tätige Kirchenmitglieder

 

Orientierungssatz

1. Eine gesetzliche Ermächtigung, gegenüber Unternehmen abstrakt über die Versicherungspflicht bestimmter Personen zu entscheiden, wie sie beispielsweise für die Träger der Rentenversicherung gegenüber Arbeitgebern in § 28p Abs 1 S 5 SGB 4 enthalten ist, fehlt zugunsten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung.

2. Das in § 7a SGB 4 geregelte Statusfeststellungsverfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht in der Beschäftigtenversicherung findet zum einen nur auf schriftlichen Antrag der Beteiligten statt und zum anderen ist für die Entscheidung in dem Antragsverfahren ausschließlich die DRV Bund zuständig. Folgerichtig hängt der Beitragsanspruch des Unfallversicherungsträgers auch nicht von der vorherigen Feststellung der Beitragspflicht des Unternehmers in Bezug auf bestimmte Personen oder Personenkreise durch Verwaltungsakt ab. Wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Unternehmer Arbeitsentgelte für bestimmte Personen nicht gemeldet hat, kann der Unfallversicherungsträger selbst eine Prüfung nach § 166 Abs 1 SGB 7 durchführen (vgl § 166 Abs 2 SGB 7). .

3. Zur (hier verneinten) Beitragspflicht eines eingetragenen Vereins, der ua wöchentlich im Auftrag der Kirche eine Zeitschrift herausgibt, die entweder per Post direkt an die Abonnenten versendet oder über die Kirchengemeinden als "Verteilstellen" durch ehrenamtliche Kirchenmitglieder vertrieben wird.

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 13.10.2016 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 06.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2012 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Beitragspflicht des Klägers in Bezug auf die Austräger der Zeitschrift "V".

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung ausschließlich und unmittelbar kirchliche Zwecke im Sinne des Abschnitts "Steuerbegünstige Zwecke" der Abgabenverordnung verfolgt, und zwar insbesondere durch die Ausübung des der Kirche aufgetragenen Dienstes auf den Gebieten der Presse, des Rundfunks, des Films und des Buches. Er ist u. a. Herausgeber der wöchentlich erscheinenden Zeitschrift "V". Der Vertrieb erfolgt auf zwei Wegen: ein Teil der Zeitschriften wird per Post an die Abonnenten versandt, ein anderer Teil wird über die Kirchengemeinden als "Verteilstellen" vertrieben.

Am 18.10.2010 stürzte die Zustellerin X beim Verteilen der Zeitschrift in der Kirchengemeinde I und zog sich dabei eine Verletzung am linken Ellenbogen zu. Der Kläger meldete der Beklagten diesen Unfall, vermerkte aber gleichzeitig, dass ein Arbeitsverhältnis zu der Verletzten nicht bestehe. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag liege nicht vor, die Zustellerin arbeite nicht weisungsgebunden. Sie erhalte pro Quartal eine Rechnung, die sie an den Kläger begleiche. Der eingeräumte Rabatt sei quasi der Verdienst. Die Beklagte lehnte den Antrag der Zustellerin auf Anerkennung des Ereignisses vom 18.10.2010 als Arbeitsunfall zunächst mit Bescheid vom 14.06.2011 ab. Mit ihrem Widerspruch machte Frau X geltend, dass sie anlässlich ihrer Beschäftigung von dem Kläger einen "Leitfaden" bekommen habe. Dort heiße es unter dem Punkt "Unfall" wie folgt: "Als unser Partner oder unsere Partnerin und ehrenamtlicher Mitarbeiter bzw. ehrenamtliche Mitarbeiterin Ihrer Kirchengemeinde sind Sie gegen Unfälle, die Ihnen während Ihrer Tätigkeit für V zustoßen könnten, versichert." Dazu übersandte die Zustellerin der Beklagten einen von dem Chefredakteur der Zeitung "V" herausgegebenen "Leitfaden für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im UK-Zustelldienst". Der Kläger vertrat der Beklagten gegenüber daraufhin mit Schreiben vom 02.08.2011 die Auffassung, zwischen ihr und der Zustellerin X habe zu keiner Zeit ein Arbeitsverhältnis bestanden. Frau X habe ihre Leistung ausschließlich in selbstständiger Form erbracht. Schriftliche Unterlagen darüber lägen nicht vor. Frau X habe die Wochenzeitung, die jeweils mittwochs oder donnerstags ausgeliefert worden sei, bis zum Wochenende an die Leser verteilen sollen. Einen exakten Termin für die Auslieferung habe es nicht gegeben. Bei Urlaubs- oder Krankheitssituationen habe es lediglich eine Informationspflicht gegenüber dem Kläger gegeben. Eine Verpflichtung, einen Urlaubsantrag zu stellen...

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