Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenerstattung für eine selbstbeschaffte Clear-Lens-Extraction-Operation

 

Orientierungssatz

1. Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB 5 kommt nur dann in Betracht, wenn die in Frage stehende Leistung von der Krankenkasse als Sachleistung hätte gewährt werden müssen.

2. Die Clear-Lens-Extraktion-Operation mit Implantation einer multifokalen Linse ist eine neue Behandlungsmethode, weil sie nicht als abrechnungsfähige Leistung im EBM-Ä aufgeführt wird. Nr. 1353 der EBM-Ä erfasst eine derartige Operation nicht.

3. Einer Leistungspflicht der Krankenkasse steht das Fehlen einer positiven Entscheidung des Bundesausschusses entgegen. Eine solche kommt auch nicht unter dem Gesichtspunkt des sog. Systemversagens in Betracht. Ein entsprechender Antrag ist bisher beim Bundesausschuss nicht gestellt.

4. Eine Leistungspflicht der Krankenkasse wegen einer lebensbedrohlichen Erkrankung besteht solange nicht, als nicht der vollständige Verlust des Sehvermögens droht.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08.09.2005 geändert und die Klage abgewiesen. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Kostenerstattung für eine selbstbeschaffte "Clear-Lens-Extraction"- Operation in Höhe von 3.812,12 Euro.

Die am 00.00.1966 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin beantragte am 27.05.2002 unter Vorlage einer augenärztlichen Bescheinigung des Dr. L, E, die Übernahme der Kosten für eine bei ihr geplante "Clear-Lens-Extraction"-Operation mit Implantation einer Multifokallinse.

Die Beklagte lehnte dies durch den Bescheid vom 12.06.2002 unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme der Dr. X, Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK) vom 31.05.2002 mit der Begründung ab, dass die Verfahren der refraktiven Augenchirurgie nach der Entscheidung des (damaligen) Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zählten.

Dagegen legte die Klägerin am 02.07.2002 Widerspruch ein, mit dem sie u.a. darauf hinwies, dass das linke Auge am 24.06.2002 und das rechte Auge am 08.07.2002 operiert worden sei bzw. werde. Durch die Operationen werde ihre Sehkraft auf fast 100 % korrigiert. Bei der "Clear-Lens-Extraction"- Operation erfolge ein Austausch der körpereigenen Linse gegen eine künstliche Linse. Das gleiche Verfahren werde bei der Behandlung des Grauen Stars angewandt.

Die Beklagte wies den Widerspruch durch den Widerspruchsbescheid vom 17.09.2002 mit der Begründung zurück, dass es ihr die negative Entscheidung des Bundesausschusses verwehre, die begehrten Leistungen zu erbringen.

Die Klägerin hat am 16.10.2002 Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihr den Betrag in Höhe von 3.812,12 Euro, den sie für die Operation beider Augen habe aufwenden müssen, zu erstatten. Die Voraussetzungen der den Kostenerstattungsanspruch begründenden Vorschrift des § 13 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) seien erfüllt. Bereits vor der Vereinbarung des Operationstermins am 06.06.2002 habe die Beklagte ihr fernmündlich die Auskunft erteilt, dass eine Kostenübernahme hinsichtlich der von ihr begehrten Operationen nicht erfolgen könne. Außerdem sei die Vereinbarung des Operationstermines für sie nicht bindend gewesen; sie hätte diesen auch absagen können. Die Clear-Lens-Extraction-Operation zähle auch zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung. Vor der Operation habe sie unter einer extremen Kurzsichtigkeit gelitten (-17,75 Dioptrien rechts, -17,50 Dioptrien links). Das Verfahren des Austausches der körpereigenen Linse gegen eine künstliche Linse werde bei der Behandlung des Grauen Stars in gleicher Weise angewandt. Es handele sich deshalb nicht um eine neue Behandlungsmethode. Auf eine positive Bewertung dieser Methode durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) gemäß § 135 SGB V komme es deshalb nicht an.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12.06.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.09.2002 zu verurteilen, die Kosten für die durchgeführte "Clear-Lens-Extraction"-Operation in Höhe von 3.812,12 Euro zu erstatten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat entgegnet: Die "Clear-Lens-Extraction"-Operation zähle nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung. Kostenerstattung könne die Klägerin deshalb nicht beanspruchen.

Das Sozialgericht hat eine Auskunft des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen, Arbeitsausschuss Ärztliche Behandlung, vom 22.01.2003 eingeholt: Durch Beschluss vom 11.05.1993 sei entschieden worden, die Verfahren der refraktiven Augenchirurgie aus der vertragsärztlichen Versorgung auszuschließen. Unter den Oberbegriff "refraktive Augenchirurgie" falle die radiäre Keratomie (RK), die photorefraktive Keratektomie (PRK) sowie nach einer Stellungnahme der Kommission "...

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