Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Angemessenheit der Unterkunftskosten. Wohnflächengrenze. sozialer Wohnungsbau. Anwendung landesrechtlicher Verwaltungsvorschriften in Nordrhein-Westfalen. Einpersonenhaushalt

 

Orientierungssatz

1. Die Angemessenheit der Wohnungsgröße iS des § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 richtet sich nach den Werten, welche die Bundesländer aufgrund § 10 WoFG bzw aufgrund § 5 Abs 2 WoBindG in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung erlassen haben, wobei auf die im jeweiligen Streitzeitraum gültigen Verwaltungsvorschriften abzustellen ist (vgl BSG vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R, vom 20.8.2009 - B 14 AS 41/08 R und vom 2.7.2009 - B 14 AS 33/08 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 25).

2. In Nordrhein-Westfalen wurden aufgrund des Übergangs der Gesetzgebungskompetenz für den sozialen Wohnungsbau vom Bund auf die Bundesländer das WoFG und das WoBindG zum 1.1.2010 durch das "Gesetz zur Förderung und Nutzung von Wohnraum für das Land Nordrhein-Westfalen - WFNG NRW" (juris: WBFG NW 2009) ersetzt. Seitdem ist zur Bestimmung der Angemessenheit der Wohnungsgröße iS des § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 nicht mehr auf die "Verwaltungsvorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen zum WoBindG - VV-WoBindG" (juris: WoBindGVwV NW), sondern auf die "Wohnraumnutzungsbestimmungen - WNB" abzustellen (aA LSG Essen vom 29.4.2010 - L 9 AS 58/08). Diese sehen für einen Einpersonenhaushalt eine angemessene Wohnfläche von 50 qm anstelle von bisher 45 qm vor.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 16.05.2012; Aktenzeichen B 4 AS 109/11 R)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 17.11.2010 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 13.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.03.2010 verurteilt wird, dem Kläger weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von 33,75 EUR monatlich für die Zeit vom 01.02. bis 31.07.2010 zu bewilligen. Der Beklagte trägt die Kosten des Klägers des Berufungsverfahrens. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beklagte wendet sich im Berufungsverfahren gegen die Verurteilung zur Gewährung von höheren Kosten der Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 01.02. bis 31.07.2010.

Der 1970 geborene Kläger bewohnt eine 55 qm große Wohnung, L-Straße 00, I. Ab dem 01.08.2009 betrug die Grundmiete 270,00 EUR. Die Betriebskostenvorauszahlung belief sich auf 100,00 EUR mtl. sowie die Heizkostenvorauszahlung auf 53,00 EUR mtl .. Das Warmwasser wird zentral über die Heizung erzeugt.

Die Rechtsvorgängerin des Beklagten (nachfolgend: Beklagter) gewährte dem Kläger für die Zeit vom 01.08.2009 bis zum 31.01.2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), u.a. Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 416,21 EUR (370,00 EUR Bruttokaltmiete + 53,00 EUR Heizkostenvorauszahlung abzüglich eines Warmwasserabschlags von 6,79 EUR). Mit Schreiben vom 22.07.2009 forderte der Beklagte den Kläger auf, die Kosten der Unterkunft zu senken. Die Kaltmiete von 270,00 EUR sowie die kalten Nebenkosten von 100,00 EUR überstiegen den angemessenen Umfang. Der angemessene Höchstbetrag für die Kaltmiete belaufe sich auf 213,75 EUR (45 qm x 4,75 EUR/qm) sowie für die angemessenen kalten Nebenkosten auf 90,00 EUR (45 qm x 2,00 EUR/qm). Er beabsichtige, ab dem 01.02.2010 nur noch die angemessenen Unterkunftskosten zur berücksichtigen.

Durch Bescheid vom 13.01.2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von insgesamt 708,96 EUR. Er übernahm Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 349,96 EUR, die sich aus einer Bruttokaltmiete von 303,75 EUR mtl. und Heizkosten von 46,21 EUR mtl. zusammensetzten.

Gegen die Höhe der bewilligten Kosten für Unterkunft und Heizung legte der Kläger Widerspruch ein. Er machte geltend, dass die tatsächlichen Kosten für die Wohnung nicht unangemessen seien. Durch Widerspruchsbescheid vom 01.03.2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 01.02.2010 bis zum 31.07.2010 Unterkunfts- und Heizkosten in Höhe von 350,28 EUR (für Unterkunft 303,75 EUR und Heizung 46,53 EUR) mtl. und wies im übrigen den Widerspruch als unbegründet zurück.

Mit der am 01.04.2010 erhobenen Klage hat der Kläger die Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 416,53 EUR mtl. begehrt.

Durch Urteil vom 17.11.2010 hat das Sozialgericht den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 13.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.03.2010 verurteilt, dem Kläger im Zeitraum von Februar bis Juli 2010 Leistungen nach dem SGB II nach Maßgabe des Gesetzes unter Zugrundelegung einer angemessenen Nettokaltmiete in Höhe von 237,50 EUR und angemessene Betriebskosten in Höhe von 100,00 EUR zuzüglich angemessener Heizkosten zu bewilligen. Es hat dem Beklagten die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers dem Grunde nach auferlegt und die Berufung zugelassen. Zur Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße sei ab dem 01.01.2...

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