Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Abgrenzung von Einkommen und Vermögen. Zuflussprinzip. Erstattung Stromkostenvorauszahlung. Einkommenseinsatz

 

Orientierungssatz

1. Eine Stromkostenerstattung aus der Jahresendabrechnung aufgrund eines Guthabens aus den geleisteten monatlichen Vorauszahlungen ist nicht mit Ansparungen aus dem Regelsatz vergleichbar, da es sich bei den monatlichen Abschlagszahlungen nicht um bewusst freiwillige Ansparungen handelt und die Vorauszahlungen nicht bereits am Beginn des Bedarfszeitraums dem Hilfebedürftigen zur Verfügung stehen, sondern erst im Zeitpunkt der Auszahlung zufließen. Ein solches Guthaben ist deshalb - wie eine Steuererstattung - als Einkommen zu berücksichtigen.

2. Hiervon sind Versicherungsbeiträge iSv § 82 Abs 2 Nr 3 SGB 12 absetzbar.

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 14.09.2009; Aktenzeichen 1 BvR 1993/09)

BSG (Urteil vom 19.05.2009; Aktenzeichen B 8 SO 35/07 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 26.10.2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Anrechnung einer Erstattung von Stromkosten als Einkommen.

Der Kläger erhält laufende Hilfe zum Lebensunterhalt durch die Beklagte nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Er ist nach Aktenlage voll erwerbsgemindert, dies aber nicht dauerhaft.

Für die Begleichung von Stromkosten verlangten die Stadtwerke C seit Oktober 2004 einen monatlichen Abschlag als Vorauszahlung in Höhe von 34,00 Euro monatlich. Dieser Betrag wurde jeweils im Rahmen der laufenden Hilfezahlung durch die Beklagte aus dem Regelsatz direkt an die Stadtwerke überwiesen.

Unter dem 07.10.2005 teilten die Stadtwerke C dem Kläger mit, dass sich nach Abrechnung der Stromkosten für die Zeit vom 30.09.2004 bis 27.09.2005 ein Guthaben in Höhe von 204,98 EUR ergebe. Diese Abrechnung legte der Kläger zunächst nicht vor. Eine Auszahlung an den Kläger erfolgte zunächst nicht, da dies von der Zustimmung der Beklagten abhängig gemacht wurde.

Nach einer telefonischen Aufforderung im Oktober 2005 forderte die Beklagte am 24.11.2005 den Kläger schriftlich zur Vorlage der Stadtwerkeendabrechnung bezüglich der Stromkosten auf. Am 02.12.2005 erfolgte eine weitere schriftliche Aufforderung mit dem Hinweis, dass es sich bei dem Guthaben aus einer Stadtwerkeendabrechnung um Einkommen im Sinne des § 82 SGB XII handele. Die Verpflichtung zur Vorlage der Abrechnung ergebe sich aus § 60 ff. des Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I). Mit Schriftsatz vom 30.12.2005 wies die Beklagte den Kläger erneut auf seine Mitwirkungspflicht zur Vorlage der Stromendabrechnung im Sinne des § 60 SGB I hin und machte deutlich, dass die Sozialhilfe gemäß § 66 SGB I ganz oder teilweise versagt werden könne, wenn der Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen werde. Als Frist zur Vorlage der Unterlagen wurde der 15.01.2006 gesetzt. Der Kläger teilte am 05.01.2006 mit, dass die Abrechnung nicht vorgelegt werde, da das Guthaben kein Einkommen darstelle und eine Anrechnung als Vermögen wegen der Geringfügigkeit nicht in Betracht komme. Nach einem Hinweis der Beklagten, dass es sich um Einkommen handele, welches im Zuflussmonat anzurechnen sei, und einer weiteren Fristsetzung zur Vorlage der Abrechnung stellte die Beklagte mit Bescheid vom 19.01.2006 die Sozialhilfeleistungen des Klägers ab 01.02.2006 wegen fehlender Mitwirkung ein.

Dagegen legte der Kläger am 23.01.2006 Widerspruch ein und beantrage mit Schriftsatz vom selben Tage beim Sozialgericht Detmold den Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen der weiteren Zahlung der Hilfe zum Lebensunterhalt (S 6 SO 17/06 ER). Im Rahmen dieses Verfahrens legte der Kläger die Abrechnung schließlich vor. Die Beklagte wies die Stadtwerke am 09.02.2006 an, den Guthabenbetrag an den Kläger auszuzahlen.

Mit Bescheid vom 09.02.2006 bewilligte die Beklagte Hilfe zum Lebensunterhalt für den Monat Februar 2006 unter Anrechnung des Guthabenbetrages aus Strom in Höhe von 204,98 Euro. Der Zahlbetrag an der Kläger wurde auf 140,02 EUR festgesetzt. Ferner erfolgten Zahlungen an die Krankenkasse in Höhe von 116,42 EUR und 325,27 EUR an den Vermieter (Kosten der Unterkunft gem. Mietvertrag vom 22.11.2005: 212, 71 EUR Grundnutzungsgebühr und 112,56 EUR Betriebskostenvorauszahlung) Das Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wurde daraufhin für erledigt erklärt.

Auch gegen den Bescheid vom 09.02.2006 legte der Kläger unter Hinweis auf den bisherigen Schriftwechsel Widerspruch ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24.05.2006 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, die Auszahlung des Stromguthabens sei im Februar 2006 als Einkommen zu berücksichtigen gewesen. Einkommen sei all das, was jemand in der Bedarfszeit dazu erhalte, Vermögen das, was er bereits habe. Zum Einkommen gehörten alle Einkünfte in Geld, unerheblich davon, aus welcher Quelle sie stammen oder au...

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