Entscheidungsstichwort (Thema)

formeller Verwaltungsakt. Verrechnung eines Beitragsrückstandes mit laufender Rentenzahlung. Zulässigkeit der Verrechnungserklärung durch Verwaltungsakt

 

Orientierungssatz

1. Für eine eigenständige Regelungswirkung einer Verrechnungserklärung per Verwaltungsakt - hier vom Rentenversicherungsträger gegenüber dem Rentenempfänger - entsprechend der Regelung iS eines Verwaltungsaktes fehlt es hier an einer für den Erlass eines belastenden Verwaltungsaktes erforderlichen gesetzlichen Ermächtigung (vgl BSG vom 24.7.2003 - B 4 RA 60/02 R = SozR 4-1200 § 52 Nr 1).

2. Die Unzulässigkeit eines Verrechnungsverwaltungsaktes beseitigt nicht die Wirkung der im Bescheid ausgesprochenen Verrechnungserklärung (vgl BSG vom 10.12.2003 - B 5 RJ 18/03 R = BSGE 92, 1 = SozR 4-1200 § 52 Nr 2 und BSG vom 24.7.2003 - B 4 RA 60/02 R aaO).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 27.03.2007; Aktenzeichen B 13 RJ 43/05 R)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Verrechnungsbescheides der Beklagten und die Zulässigkeit der Verrechnung von Teilen seiner Ansprüche auf Altersrente mit Beitragsansprüchen der Beigeladenen.

Der ... 1937 geborene Kläger erhält von der Beklagten ab 01.09.2002 Regelaltersrente (Bescheid vom 04.07.2002).

Wegen des Betriebes eines Güter-Nahverkehrsunternehmens vom 01.09.1977 bis 31.05.1982 erließ die Beigeladene gegenüber dem Kläger Beitragsbescheide vom 07.08.1980 (Aktenexemplar in Fotokopie Bl. 2 3. Gerichtsakte) und 19.05.1982 (Aktenexemplar in Fotokopie Bl. 26 der Gerichtsakte). Mit weiterem Bescheid vom 31.03.1983 erstellte die Beigeladene eine Endabrechnung mit folgenden Positionen:

Umlagebeitrag Berufsgenossenschaft 1979

DM 1.385,10

Umlagebeitrag zum Konkursausfallgeld 1979

DM 20,25

Umlagebeitrag zur Berufsgenossenschaft 1980

DM 2.168,78

Umlagebeitrag zum Konkursausfallgeld 1980

DM 21,60

Umlagebeitrag Berufsgenossenschaft 1981

DM 581,03

Umlagebeitrag Berufsgenossenschaft 1982

DM 145,23

Säumniszuschläge 1990

DM 97,17

Säumniszuschläge 1991

DM 366,42

Zwangsvollstreckungskosten

DM 281,30

insgesamt

DM 5.066,88 (Euro 2.590,65)

Gegen diese Beitragsbescheide, die auf der Grundlage einer satzungsmäßigen Unternehmerpflichtversicherung der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen ergangen waren, erhob der Kläger keinen Widerspruch.

Mit Schreiben vom 17.09.2003 erneuerte die Beigeladene ein Verrechnungsersuchen vom 29.05.1998 an die Beklagte, ihre Beitragsforderung mit laufenden Rentenzahlungen zu verrechnen. Nach Durchführung einer vorrangigen Verrechnung zugunsten der AOK Rheinland hörte die Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigten Verrechnung mit der Beitragsforderung der Beklagten an. Der Kläger legte eine Bescheinigung der Stadt Düsseldorf vom 04.10.2003 vor, wonach sich ein Pfändungsfreibetrag im Sinne des § 850 f Zivilprozessordnung (ZPO) in Verbindung mit Abschnitt 2 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) für den Kläger in Höhe von 1.073,55 Euro errechnet.

In der Folgezeit verrechnete die Beklagte mit Bescheid vom 20.10.2003 die Regelaltersrente des Klägers in Höhe von 83,87 Euro monatlich ab 01.12.2003. Dabei legte sie ein Gesamteinkommen des Klägers von 1.157,52 Euro zugrunde (Regelaltersrente in Höhe von 706,69 Euro und Unfallrente in Höhe von 451,33 Euro).

Auf den Widerspruch des Klägers vom 14.11.2003, mit dem er vortrug, mit der Höhe des Verrechnungsersuchens der Beigeladenen nicht einverstanden zu sein, forderte die Beklagte die Beigeladene zur Überprüfung der Höhe des Verrechnungsersuchens auf. Weiter teilte die Beklagte mit, wegen der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs würden vorläufig keine Beträge an die Beigeladene überwiesen.

Die Beigeladene erteilte hierauf mit Schreiben vom 28.11.2003 die Auskunft, die rückständige Forderung in Höhe von 2.590,65 Euro beinhalte Beiträge bis 31.05.1982 sowie entstandene Kosten. Am 31.03.1983 sei der Kläger mit Bescheid über die Aufhebung der Mitgliedschaft informiert und die Endabrechnung (Abrechnung des Beitragsgrundes zum Einstellungstag 31.05.1982) erstellt worden. Gegen die Endabrechnung sei innerhalb der Monatsfrist kein Widerspruch erhoben worden. Sie sei damit rechtsverbindlich geworden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 10.02.2004 Klage bei dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zum Az.: L 8 B 4/04 RJ ER hat die Beigeladene die Beitragsrückstände im Einzelnen erläutert (vgl. Bl. 16 der Beiakte L 8 B 4/04).

Der Kläger ist der Auffassung, das Verrechnungsersuchen der Beigeladenen sei längst verjährt. Auch könne er die Berechnung der Beigeladenen nicht nachvollziehen. Als Selbständiger sei man versichert, auch ohne Beiträge zu zahlen. Im Übrigen habe er keine Beitragsbescheide von der Beigeladenen erhalten. Er habe sich im fraglichen Zeitraum größtenteils in den Niederlanden aufgehalten.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.10.2003 in Gestalt des Widerspruch...

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