Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Dreipersonenhaushalt in Nordrhein-Westfalen. Angemessenheitsprüfung. schlüssiges Konzept. Untersuchungsmaxime. gerichtliche Überprüfung

 

Orientierungssatz

1. Die Ermittlung der angemessenen Miete muss auf einem schlüssigen Konzept des Grundsicherungsträgers beruhen. Dieses muss gewährleisten, dass die aktuellen Verhältnisse des Mietwohnungsmarktes im Vergleichsraum dem Angemessenheitswert zugrunde liegen und dieser realitätsgerecht ermittelt wurde.

2. Der Senat sieht bei einem Nachweis ausreichender Wohnraumversorgung innerhalb der festgesetzten Angemessenheitsgrenzen nach § 22 Abs 1 SGB 2 keine Veranlassung, für die Bejahung der Schlüssigkeit des Konzepts des Grundsicherungsträgers stets gutachterlich prüfen zu lassen, ob die Angemessenheitsgrenzen ohne methodische Fehler ermittelt worden sind. Die volle gerichtliche Überprüfung des Angemessenheitswertes und des Verfahrens zu seiner Ermittlung schließt es nach der Rechtsprechung des BSG nicht aus, dass bei dieser Kontrolle der Verwaltung deren in der Methodenvielfalt zum Ausdruck kommenden Eigenverantwortung Rechnung getragen und die gerichtliche Kontrolle als eine nachvollziehende Kontrolle ausgestaltet wird. Die Sozialgerichte haben nicht die Verpflichtung zu prüfen, ob der Leistungsträger alle objektiv-rechtlichen Anforderungen an sein Verwaltungshandeln erfüllt hat, sondern allein zu klären, ob eine Verletzung subjektiver Rechte des Rechtsuchenden gegeben ist.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 25.02.2021; Aktenzeichen B 4 AS 362/20 B)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 20.12.2017 wird zurückgewiesen.

Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe der den Klägern zu zahlenden Kosten der Unterkunft und Heizung von Dezember 2016 bis (zuletzt noch) März 2017.

Der 1960 geborene Kläger zu 1), die 1962 geborene Klägerin zu 2) und der 1995 geborene Kläger zu 3) bezogen in Bedarfsgemeinschaft mit kleineren Unterbrechungen seit 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Ursprünglich gehörte auch die Tochter der Kläger zu 1) und 2), die 1993 geborene E C, zur Bedarfsgemeinschaft. Die Kläger bewohnten zunächst eine Wohnung in der L-Str. 00 in Arnsberg. Mit Schreiben vom 19.10.2009 teilte die Beklagte den Klägern mit, ihre Wohnung sei mit einem monatlichen Mietzins von 569,58 EUR unangemessen. Ab dem 01.05.2010 könne nur noch eine angemessene Bruttokaltmiete von 540 EUR übernommen werden.

Die Kläger reichten am 08.12.2009 bei der Beklagten eine Mietbescheinigung für die 89 Quadratmeter große Wohnung E1 00 in Arnsberg zu einer Kaltmiete von 386 EUR, Betriebskosten von 120 EUR und Heizkosten von 90 EUR ein. Mit Bescheid vom 11.12.2009 erteilte die Beklagte eine Zusicherung zur Übernahme der Kosten für diese Wohnung. Die Aufwendungen seien angemessen. Der Umzug sei erforderlich, weil die bisherige Wohnung unangemessen teuer gewesen sei. Die Kläger zu 1) und 2) mieteten ab dem 01.04.2010 die Wohnung E1 00. Die Beklagte übernahm in der Folge die tatsächlichen Kosten für die Wohnung. Ab dem 01.08.2011 war der Kläger zu 1) als LKW-Fahrer beschäftigt. Mit Bescheid vom 04.10.2011 hob die Beklagte wegen des Erwerbseinkommens des Klägers zu 1) den Bescheid vom 28.04.2011 ab dem 01.09.2011 auf. Das Arbeitsverhältnis des Klägers zu 1) wurde zum 30.11.2011 gekündigt. Im Dezember 2011 beantragten die Kläger erneut Leistungen. Die Tochter E war zu diesem Zeitpunkt Zeitsoldatin und in einer Kaserne untergebracht. Sie kehrte nicht mehr in die Wohnung zurück, die Beklagte trug die vollen Kosten der Unterkunft und Heizung zunächst aber weiter.

Im Juli 2013 erstellte die Firma Analyse & Konzepte im Auftrag des Hochsauerlandkreises, dem die Beklagte angehört, das "Konzept zur Ermittlung der Angemessenheit der Unterkunftskosten im Hochsauerlandkreis - Endbericht Juli 2013". Sie bediente sich bei der Erstellung des Konzepts einer sogenannten Clusteranalyse, sah den Hochsauerlandkreis als einheitlichen Vergleichsraum an und fasste innerhalb dieses Vergleichsraums Gebiete vergleichbarer Wohnungsmarkt- und Mietpreisstrukturen unabhängig von ihrer Lage zusammen. Für den Hochsauerlandkreis wurden drei Wohnungsmarkttypen gebildet, wobei der "Wohnungsmarkttyp 1" nur das Gebiet der Beklagten umfasste. Durch die Firma Analyse & Konzepte wurden zur Ermittlung der Bestandsmieten umfangreiche Vermieterbefragungen durchgeführt. So wurden größere Vermieter und Verwalter befragt und zufällig ausgewählte 11000 weitere Haushalte angeschrieben, deren Adressen von der "Deutschen Post" gekauft wurden. Die so ermittelten Bestandsmieten wurden durch Daten aus dem SGB II-Datensatz ergänzt. Die Datenerhebung erfolgte hinsichtlich der Bestands- und Neuvertragsmieten in der Zeit von September 2012 bis Januar 2013 zum Stichtag 01.09.2012. Sie bezog sowohl Mieten auf dem freien Wohnungsmarkt als a...

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