Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. freiwillig versicherter hauptberuflich selbstständiger Erwerbstätiger. Nachweis iS der Vorschrift des § 240 Abs 4 S 2 SGB 5 über niedrigere Einnahmen

 

Orientierungssatz

1. Nachweis iS der Vorschrift des § 240 Abs 4 S 2 SGB 5 über niedrigere Einnahmen ist die Vorlage des Einkommensteuerbescheides oder anderer qualifizierter amtlicher Nachweise, da die Beitragsfestsetzung auf einer verlässlichen Grundlage und im Rahmen eines vertretbaren Verwaltungsaufwandes der Krankenkasse erfolgen muss (vgl ua BSG vom 22.3.2006 - B 12 KR 14/05 R = BSGE 96, 119 = SozR 4-2500 § 240 Nr 5).

2. Erklärungen eines Steuerberaters bzw von diesem erstellte Bilanzen der Gewinn- und Verlustrechnungen zählen nicht zu den amtlichen Unterlagen.

3. Aus der Rechtsprechung des BSG vom 14.12.2006 - B 1 KR 11/06 R = SozR 4-2500 § 47 Nr 7 lässt sich keine andere Verfahrensweise ableiten.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 02.09.2009; Aktenzeichen B 12 KR 21/08 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 26.07.2007 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der vom Kläger zu zahlenden Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung.

Der Kläger ist hauptberuflich selbständig im Bereich des Einzelhandels tätig und seit dem 01.10.1998 freiwillig versichertes Mitglied der Beklagten und der Beigeladenen.

Mit Bescheid vom 19.12.2002 setzte die Beklagte - auch im Namen der Beigeladenen - die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 01.01.2003 mit 438,16 Euro bzw. 58,66 Euro fest. Dabei legte sie die für das Jahr 2003 geltende Beitragsbemessungsgrenze von 3.450,00 Euro zugrunde. Zuvor hatte ein Vorauszahlungsbescheid des Finanzamtes E-N vom 09.04.2002 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 110.145,00 Euro und aus Kapitalvermögen in Höhe von 13.942,00 Euro ausgewiesen.

Am 27.12.2002 beantragte der Kläger unter Hinweis auf seine verschlechterte Einkommenslage die Herabsetzung der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung. Zusammen mit dem Antrag legte er eine betriebswirtschaftliche Auswertung (November 2002) sowie die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2001 vor. Die Beklagte teilte dem Kläger daraufhin am 10.01.2003 fernmündlich mit, dass eine Beitragsherabstufung nur aufgrund von vorgelegten Einkommensteuerbescheiden möglich sei. Unter dem 21.01.2003 übersandte der Kläger die von seinem Steuerberater erstellte Bilanz für das Jahr 2001, die betriebswirtschaftliche Auswertung für das Jahr 2002 sowie die Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2001. Im Rahmen einer telefonischen Unterredung mit der Beklagten am 27.01.2003 teilte der Kläger mit, dass der nächste Einkommensteuerbescheid unverzüglich eingereicht werde.

Für die Zeit ab 01.01.2004 setzte die Beklagte die Beiträge zur Krankenversicherung mit 442,92 Euro und die Beiträge zur Pflegeversicherung mit 59,28 Euro fest. Der Bescheid erging auch im Namen der Beigeladenen (Bescheid vom 17.12.2003).

Mit dem am 30.12.2003 erhobenen Widerspruch wandte sich der Kläger gegen die Beitragsfestsetzung ab 01.01.2004. Er übersandte eine Kopie der Einkommensteuererklärung 2002 und machte im Wesentlichen geltend, dass sich aus den vorliegenden Unterlagen für das Jahr 2002 negative Einkünfte ergäben. Im Jahr 2003 habe sich die Geschäftslage nochmals deutlich verschlechtert, so dass für 2003 noch höhere Verluste zu erwarten seien.

Die Beklagte wandte sich daraufhin telefonisch an den Steuerberater und wies diesen auf die Notwendigkeit der Vorlage von Einkommensteuerbescheiden hin. Am 15.06.2004 legte der Kläger der Beklagten den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 vom 11.06.2004 vor und bat um Herabsetzung bzw. Neufestsetzung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 01.01.2004. Der Einkommensteuerbescheid wies für das Jahr 2002 Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. -22.098,00 Euro und Einkünfte aus Kapitalvermögen i.H.v. 4.080,00 Euro aus. Die Einkommensteuer wurde mit "Null" festgesetzt.

Die Beklagte setzte - auch im Namen der Beigeladenen - den Beitrag für die Zeit ab 01.07.2004 in Höhe von insgesamt 260,82 Euro fest (Krankenversicherung: 230,02 Euro, Pflegeversicherung: 30,80 Euro - Bescheid vom 29.06.2004). Der Kläger verlangte daraufhin die Rückerstattung von Beiträgen für die Zeit ab 01.01.2004 (Schreiben vom 02.09.2004). Die Beklagte setzte den Kläger davon in Kenntnis, dass ihrer Ansicht nach eine Veränderung der Beitragsbemessung ab 01.01.2004 nicht möglich sei, da Veränderungen der Beitragsbemessung auf Grund eines vom Versicherten geführten Nachweises nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam werden könnten (Schreiben vom 10.09.2004).

Nachdem der Kläger die Auffassung vertreten hatte, dass bereits das Schreiben vom 23.12.2002 als Widerspruch gegen den Bescheid vom 19.12.2002 anzusehen sei und somit auch der Beitrag ab 01.01.2003...

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