Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Antragserfordernis. Ausschluss der rückwirkenden Leistungsgewährung für Zeiten vor Antragstellung auch für Folgeanträge

 

Orientierungssatz

1. Die Regelung des § 37 SGB 2, dass Leistungen nicht für Zeiten vor Antragstellung erbracht werden, gilt unabhängig davon, ob es sich um einen Erstantrag oder aber einen Folgeantrag für weitere Bewilligungszeiträume handelt.

2. Die Begrenzung der Wirksamkeit eines Antrages auf einen Bewilligungsabschnitt findet ihre Bestätigung auch in der Judikatur des BSG, wonach Bewilligungsbescheide für Folgezeiträume nicht in analoger Anwendung des § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens werden (vgl BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R = BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1).

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 21.07.2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in der Zeit vom 01.01.2008 bis zum 07.01.2008. Die 1957 geborene Klägerin bezog von der Beklagten aufgrund des Bescheides vom 13.06.2007 für die Zeit vom 01.07.2007 bis einschließlich 31.12.2007 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 609,30 EUR monatlich (Regelleistung zzgl. Kosten der Unterkunft). Mit Unterschrift vom 20.09.2007, bei der Beklagten eingegangen am 24.09.2007, bestätigte die Klägerin der Beklagten, deren "Hinweise und Informationen" im Zusatzblatt Mitteilungspflichten ALG II zur Kenntnis genommen zu haben. In dieser Informationsschrift für Leistungsbezieher führt die Beklagte zur Antragstellung u.a. aus, dass "für Tage vor der Anmeldung" keine Leistungen bewilligt werden könnten. Die Klägerin übermittelte der Beklagten am 08.01.2008 die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2006 und erkundigte sich zugleich, warum für Januar 2008 noch keine Leistungen gezahlt worden seien. Nach Eingang des schriftlichen Fortzahlungsantrages der Klägerin bei der Beklagten am 14.01.2008 bewilligte diese der Klägerin mit Bescheid vom 17.01.2008 für die Zeit vom 08.01.2008 bis 30.06.2008 Leistungen nach dem SGB II. Dagegen legte die Klägerin am 12.02.2008 Widerspruch ein und wandte sich gegen einen "Entzug der laufenden Leistung für die Zeit vom 01.01.2008 bis 07.01.2008". Die Beklagte wies den Rechtsbehelf mit Widerspruchsbescheid vom 25.11.2008 als unbegründet zurück, denn für den Anspruch auf Leistungen für den Zeitraum vom 01.01.2008 bis 07.01.2008 mangele es an einem Antrag im Sinne von § 37 Abs. 1 SGB II. Einen Antrag bereits im Dezember 2007 habe die Klägerin nicht gestellt. Die Klägerin hat am 02.12.2008 bei dem Sozialgericht (SG) Köln Klage erhoben, ohne diese weiter zu begründen. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 21.07.2009 als unbegründet abgewiesen. Nach § 37 Abs. 1 SGB II sei die getroffene Entscheidung der Beklagten rechtmäßig. Die Norm habe auch für Fortzahlungsanträge konstitutive (anspruchsbegründende) Wirkung. Die Beklagte habe deshalb zu Recht keine Leistungen vor dem 08.01.2007 gewährt. Sollte aus dem Klagebegehren eine Behauptung der Klägerin dahingehend, bereits vor Januar 2008 den Antrag gestellt zu haben, abgeleitet werden können, wäre ebenfalls keine frühere Leistungsgewährung möglich. Die Zweifel in diesem Punkt gingen vielmehr zu Lasten der Klägerin. Schließlich käme auf Grund des am 08.01.2007 erfolgten Antrages keine rückwirkende Leistungsgewährung in Betracht, da nach § 37 Abs. 2 SGB II Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht würden. Die Berufung hat das SG nicht zugelassen, §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Gegen das ihr am 26.08.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22.09.2009 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Der Senat hat die Berufung mit Beschluss vom 01.02.2010 im Hinblick auf die höchstrichterlich nicht geklärte Rechtsfrage, ob § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB II auch für Folgeanträge nach Ablauf eines Bewilligungszeitraums gelte, zugelassen.

Die Klägerin, die die Berufung nicht weiter begründet hat, beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 21.07.2009 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 17.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.11.2008 zu verurteilen, ihr Leistungen nach dem SGB II auch für die Zeit vom 01.01.2008 bis 07.01.2008 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und der von der Beklagten beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen; dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig.

Die Beklagte ist als eine nach § 44b SGB II in der Fassung des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 2014) gebildete Arb...

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