Orientierungssatz

Parallelentscheidung zum Urteil des LSG Essen vom 10.5.2006 - L 11 KA 52/04, das vollständig dokumentiert ist.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 26.04.2004 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über eine Honorarrückforderung für das Jahr 1997 in Höhe von 45.555,96 Euro aufgrund der Überschreitung der gesetzlichen Punktmengengrenze.

Der Kläger nimmt als Vertragszahnarzt an der vertragszahnärztlichen Versorgung teil. Die beklagte Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZV) hatte nach Aufhebung der Vorschriften zum degressiven Punktwert (§ 85 Abs. 4b ff. Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der bis zum 30.06.1997 geltenden Fassung) durch das Zweite Gesetz zur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung (2. GKV-NOG vom 23.06.1997, BGBl. I., 1520) zum 01.07.1997 die Auffassung vertreten, dass die im Gesetz genannte Punktmengengrenze von 350.000 Punkten ungeachtet der Aufhebung der Vorschrift auch im Jahre 1997 für alle Vertragszahnärzte gelte, die mindestens vom 01.01.1997 bis 30.06.1997 zugelassen waren. Demgemäß ermittelte die Beklagte grundsätzlich die Degressionsbeträge nur in den Fällen, in denen Vertragszahnärzte die Punktmengengrenze von 350.000 Punkten bereits im ersten Halbjahr überschritten hatten. Obwohl der Kläger im ersten Halbjahr 1997 bereits mehr als 400.000 Punkte abgerechnet hatte, ist dennoch kein Degressionsbescheid ergangen.

Die Vierteljahresabrechnungen für die Quartale I/1997 im Juli 1997 und II/1997 im Oktober 1997 enthielten folgenden Vorbehalt: "Diese Vierteljahresabrechnung erfolgt gemäß § 3 des gültigen Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) der KZV Westfalen-Lippe unter den dort genannten Vorbehalten. Alle Zahlungen der KZV Westfalen-Lippe gelten gemäß § 4 Abs. 1 des HVM als Vorschüsse auf den endgültigen Vergütungsanspruch, bis die Bescheide rechtsbeständig und die Vorbehalte gemäß § 3 HVM erledigt sind". § 3 des seinerzeit maßgeblichen HVM sah einen Vorbehalt für die Abrechnungen unter anderem in Nr. 3 wegen "Berichtigung wegen Überschreitung gesetzlicher Punktmengengrenzen (§ 85 Abs. 4b SGB V - Degression)" vor.

Die Krankenkassen vertraten gegenüber der Beklagten die Auffassung, dass Degressionsbeträge unter Zugrundelegung einer maximal hälftigen Jahrespunktmenge zu berechnen seien und rechneten zum Teil gegenüber Gesamtvergütungsforderungen der Beklagten mit Zahlungsansprüchen auf Abführung der Degressionsbeträge für 1997 auf. Die Beklagte erhob deswegen im November 2001 Zahlungsklagen gegen Krankenkassen (siehe BSG Urt. v. 27.04.2005 - B 6 KA 18/04 R).

Unter Hinweis auf die streitige Frage der degressionsfreien Punktmenge für das Jahr 1997 forderte die Beklagte mit Bescheid vom 19.11.2001 von dem Kläger unter Zugrundelegung der hälftigen Jahrespunktmenge Honorare in Höhe von 45.555,96 Euro zurück. Da die vierjährige Ausschlussfrist für Honorarrückforderungen gegenüber dem einzelnen Zahnarzt mit Ende des Jahres 2001 ablaufe und daher Degressionskürzungen für das Jahr 1997 gegenüber dem einzelnen Zahnarzt nicht mehr geltend gemacht werden könnten, sehe sich der Vorstand gezwungen, Degressionsbescheide zu erstellen, die bezogen auf den Zeitraum 01.01.1997 bis 30.06.1997 eine degressionsfreie Punktmenge entsprechend der Auffassung der Krankenkassen ausweisen. Mit seinem Widerspruch wandte sich der Kläger gegen die Anwendung der Degressionsvorschriften und die Halbierung der Jahrespunktmenge und meinte zudem, der Vorbehalt in den Honorarbescheiden sei zu unbestimmt gewesen, um eine Rückforderung wegen der Degressionsberechnung zu rechtfertigen. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.07.2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Zur Begründung der am 06.08.2002 erhobenen Klage hat der Kläger seine Argumentation aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vor allem seinen Vortrag dazu vertieft, dass der Vorbehalt in den Honorarbescheiden den späteren Grund für eine Honorarberichtigung nicht ausreichend konkret benannt habe.

Mit Urteil vom 26.06.2004 hat das Sozialgericht den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Es hat gemeint, der Rückforderung stehe der Ablauf der vierjährigen Ausschlussfrist für die Honorarkorrektur entgegen. Für den Lauf der Frist sei auf den Zeitpunkt der Erteilung der Abrechnung für die Quartale I/1997 und II/1997 abzustellen.

Gegen das ihr am 04.05.2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 28.05.2004 Berufung eingelegt. Unter Hinweis auf die Entscheidung des Senats vom 28.04.2004 (L 11 KA 150/03) macht sie geltend, die vierjährige Ausschlussfrist habe erst ab dem 01.01.1998 zu laufen begonnen, so dass sie bei Erlass des Bescheides vom 19.11.2001 noch nicht abgelaufen gewesen sei. Das Sozialgericht beachte bei seiner Entscheidung nicht, dass die Degression nicht quartalsbezogen berechnet werde, vielmehr werde jährlich ein quartalsübergreifendes Degress...

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