Orientierungssatz

Eine beim deutschen Krankenversicherungsträger versicherte Rentnerin, die in einem anderen Mitgliedstaat (hier: Belgien) lebt und beim dortigen Krankenversicherungsträger eingeschrieben ist, hat während des vorübergehenden Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland einen Anspruch auf Sachleistungen zu Lasten der deutschen Krankenversicherung.

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25. Mai 2004 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Berechtigung der in Belgien lebenden Klägerin, Leistungen der Krankenversicherung während ihres Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland von der Beklagten zu erhalten.

Die 1934 geborene Klägerin bezieht seit 1999 Altersrente und ist bei der Beklagten in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) versichert. Da sie als deutsche Staatsbürgerin ihren Wohnsitz in Belgien hat, ließ sie sich im November 1999 bei der Federation des Mutualites Chretiennes in Verviers zwecks Erhalts der Sachleistungen aus der Krankenversicherung in Belgien einschreiben. Am 06.11.2001 begehrte sie von der Beklagten die Herausgabe einer Krankenversicherungskarte und die Bewilligung von Sachleistungen in der Bundesrepublik Deutschland, solange sie sich dort aufhalte. Mit Bescheid vom 12.11.2001 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil die Klägerin als Rentnerin mit Wohnsitz in Belgien nach den Bestimmungen der Europäischen Union (EU) Anspruch auf Leistungen nach den geltenden Rechtsvorschriften des Mitgliedsstaates habe, in dem sich der Wohnort befinde. Bei einem vorübergehenden Aufenthalt in einem anderen Staat als dem des Wohnsitzes würden Leistungen nur zu Lasten letzteren Staates unter Verwendung der entsprechenden Vordrucke gewährt. Darüber hinausgehende Ansprüche aus der deutschen Krankenversicherung stünden Rentnern nicht zu, solange nicht ein insoweit vorbereitetes Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Belgien in Kraft trete. Den hiergegen am 17.11.2001 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.01.2002 mit entsprechender Begründung zurück.

Die Klägerin hat am 23.01.2002 vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf Klage erhoben. Sie hat geltend gemacht, die Gewährung von Sachleistungen in Belgien solle lediglich ihrem Schutz dienen, beschneide aber nicht ihre Ansprüche in Deutschland. Soweit das deutsche Recht vorsehe, dass Ansprüche während des Aufenthalts im Ausland ruhten, stehe dies ihren Ansprüchen gerade nicht entgegen, weil sie Leistungen während des Inlandsbesuchs begehre.

Mit Urteil vom 25.05.2004 hat das SG antragsgemäß unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 12.11.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.01.2002 festgestellt, dass die Klägerin berechtigt sei, in Deutschland Sachleistungen zu Lasten der Beklagten in Anspruch zu nehmen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das ihr am 04.06.2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11.06.2004 Berufung eingelegt. Sie verweist zunächst darauf, dass zu der streitigen Frage mehrere Verfahren beim Bundessozialgericht (BSG) anhängig sind. Des Weiteren ist sie der Auffassung, der Krankenversicherungsschutz der Klägerin beruhe infolge ihres Wohnsitzes in Belgien auf den Vorschriften des Europäischen Gemeinschaftsrechts. Nach diesen beurteilten sich auch die Sachleistungsansprüche der Klägerin im Fall der Krankheit. Entgegen der Rechtsprechung des erkennenden Senates ergebe sich Gegenteiliges auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), weil dieses nur einen Fall gegenteilig entschieden habe, in dem Leistungen im Streit standen, die durch den Versicherungsträger des Wohnsitzstaates nicht gewährt wurden und daher am Ausgleichsverfahren zwischen den Mitgliedsstaaten keinen Anteil nehmen konnten. Vorliegend seien aber sämtliche Sachleistungsansprüche betroffen, so dass ihre - der Beklagten - Leistungsverpflichtung zu einer gesetzeswidrigen Doppelbelastung führe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des SG Düsseldorf vom 25.05.2004 zu ändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen. Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen. Sie beruft sich auf ein Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Hamburg vom 10.03.2004 (Az.: L 1 KR 35/03).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht festgestellt, dass die Klägerin während ihres Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland Anspruch auf Sachleistungen zu Lasten der deutschen Krankenversicherung hat.

Da sich die Beklagte weigert, diese Berechtigung anzuerkennen, hat die Klägerin Anspruch auf Festst...

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