Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenberechnung. Berücksichtigung von Zeiten einer schulischen Ausbildung. Überschreitung der Höchstdauer. Gesamtleistungsbewertung. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Ausbildungsanrechnungszeiten, die die in § 58 Abs 1 S 1 Nr 4 Halbs 2 SGB 6 idF des WFG vom 25.9.1996 normierte gesetzliche Höchstdauer von drei Jahren überschreiten, sind keine rentenrechtlichen Zeiten iS des § 54 SGB 6. Sie werden daher weder bei der Gesamtleistungsbewertung noch bei der Erfüllung von Wartezeiten berücksichtigt (Entgegen BSG vom 18.10.2005 - B 4 RA 43/03 R = SozR 4-2600 § 71 Nr 1).

2. Der erkennende Senat hält eine verfassungswidrige Verletzung der Eigentumsgarantie (Art 14 Abs 1 S 1 GG) und des Gleichheitsgrundsatzes (Art 3 Abs 1 GG) durch die Nichtberücksichtigung von Ausbildungsanrechnungszeiten, die den anrechenbaren Höchstzeitraum überschreiten, im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung für nicht gegeben.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.06.2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten höhere Altersrente unter Berücksichtigung weiterer Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung aufgrund eines zwischen den Beteiligten geschlossenen Vergleichs.

Mit Bescheid vom 25.09.1997 bewilligte die Beklagte dem ... 1937 geborenen Kläger ab dem 01.07.1997 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit. Dabei legte sie folgende Ausbildungszeiten zugrunde:

14.01.53 - ....01.54

Hochschulausbildung, keine Anrechnung

....01.54 - 30.04.56

28 Mon.

Hochschulausbildung

01.10.60 - 31.01.64

40 Mon.

Hochschulausbildung

01.02.64 - 15.03.66

Hochschulausbildung, Höchstdauer überschritten.

Die Zeit eines Deutschlehrgangs, den der Kläger vom 01.05.1958 bis zum 12.05.1959 in Indien besucht hatte, sowie weiterer Deutschkurse, die er vom 12.03. bis zum 04.06.1960 und vom 01. bis zum 30.09.1960 in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) erfolgreich absolviert hatte, ließ die Beklagte hingegen unberücksichtigt. Im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung wurden in dem Bescheid bei der Feststellung von Entgeltpunkten für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten Anrechnungszeiten wegen Schul-, Fachschul- oder Hochschulausbildung in einem Umfang von insgesamt 68 Kalendermonaten (KM) als nicht belegungsfähige Zeiten angesetzt.

Im Verlauf des anschließenden Widerspruchsverfahrens, mit dem der Kläger u.a. die Anerkennung weiterer Ausbildungszeiten geltend machte, stellte die Beklagte die Altersrente durch Bescheide vom 02.01. und 19.02.1998 ab dem 01.07.1997 neu fest und berücksichtigte dabei die Zeit des Deutschlehrgangs in Indien vom 01.05.1958 bis zum 12.05.1959 (= 13 KM) ergänzend als Zeit der Fachschulausbildung. Die bereits festgestellte, nachfolgende Zeit der Hochschulausbildung vom 01.10.1960 bis zum 15.03.1966 wurde in den Bescheiden - anders als zuvor - nicht erst ab dem 01.02.1964, sondern bereits ab dem 01.01.1963 mit dem Zusatz "Höchstdauer überschritten" versehen.

Durch Widerspruchsbescheid vom 08.11.1999 wurde der Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen und die anschließend bei dem Sozialgericht Düsseldorf (Az: S 27 RA 161/98) erhobene Klage durch Urteil vom 25.10.2000 abgewiesen. Im Rahmen des bei dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - LSG NRW - (Az: L 14 RA 5/01) anhängig gewesenen Berufungsverfahrens schlossen die Beteiligten in dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 12.09.2003 auf Vorschlag des Senats folgenden Vergleich:

"1. Die Beklagte wird die Zeiten vom 01.05.1958 bis 12.05.1959, vom 12.03.1960 bis 04.06.1960 und vom 01. bis 30.09.1960 als weitere Anrechnungszeiten wegen Schulausbildung berücksichtigen, und zwar schon unter Abänderung der Bescheide vom 25.09.1996, 19.09.1997, 25.09.1997, 02.01.1998, 23.01.1998, 19.02.1998, Widerspruchsbescheide vom 08.05.1998 und 08.11.1999.

2. Der Kläger erklärt sich mit dieser Regelung einverstanden und macht weiteres Begehren nicht geltend.

3. Der Rechtsstreit ist damit vollständig erledigt."

Durch den hier angefochtenen Bescheid vom 26.11.2003 stellte die Beklagte die Altersrente des Klägers in Ausführung des geschlossenen Vergleichs unter entsprechender Aufhebung der zuvor ergangenen - von dem Inhalt des Vergleichs abweichenden - Bescheide (u.a. vom 25.09.1997) ab dem 01.07.1997 neu fest. Dabei berücksichtigte sie über die in dem Bescheid vom 25.09.1997 in Gestalt der Bescheide vom 02.01. und 19.02.1998 anerkannten Zeiten hinaus die Zeit vom 12.03. bis 04.06.1960 (= 4 KM) und vom 01. bis 30.09.1960 (1 KM) (= Zeitraum der Deutschlehrgänge in der ehemaligen DDR) als Zeit der Schulausbildung. Die anschließende Zeit der Hochschulausbildung berücksichtigte die Beklagte nunmehr lediglich noch bis zum 31.07.1962 (= 22 KM) und stellte bzgl. der nachfolgenden Zeit der Hochschulausbildung vom 01.08.1962 bis 15.03.1966 fest, dass di...

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