Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Anrechnung einer Geschäftsgebühr für die Beratungshilfe auf die Gebühren des Rechtsanwalts für ein anschließendes Verfahren

 

Orientierungssatz

1. Die Geschäftsgebühr für die Beratungshilfe ist auf die Gebühren für ein anschließendes gerichtliches oder behördliches Verfahren zur Hälfte anzurechnen.

2. Voraussetzung für eine Anrechnung der hälftigen Geschäftsgebühr für die Beratungshilfe ist, dass beide Verfahren denselben Gegner und Streitgegenstand betreffen, zwischen beiden Verfahren ein gewisser zeitlicher Zusammenhang besteht und beide Verfahren von demselben Rechtsanwalt betrieben werden.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Bezirksrevisors als Vertreter der Staatskasse wird der Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 21.01.2009 abgeändert. Die dem Prozessbevollmächtigten der Kläger im Rahmen der Prozesskostenhilfe aus der Landeskasse zu erstattende Vergütung wird auf 366,52 EUR festgesetzt. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Beteiligten streiten um die Anrechnung der Geschäftsgebühr im Rahmen der Beratungshilfe auf die Gebühren für das gerichtliche Verfahren.

Am 5.2.2007, 5.4.2007 und 18.7.2007 haben die Kläger Bescheide über die Bewilligung von Arbeitslosengeld II bzw. Bescheide über die Aufhebung- und Erstattung dieser Leistungen erhalten. Am 18.10.2007 hat das Amtsgericht Paderborn dem Kläger zu 1) einen Berechtigungsschein für Beratungshilfe durch einen Rechtsanwalt zur "Überprüfung des Aufhebungsbescheides der ARGE/Zahlungsaufforderung vom 23.9.2007" erteilt. Mit Schreiben vom 22.10.2007 hat der Kläger zu 1) die Aufhebung des Bescheides vom 18.7.2007 beantragt. Mit Bescheid vom 29.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.8.2008 hat die Beklagte die Aufhebung der Bescheide vom 5.2.2007, 5.4.2007 und 18.7.2007 abgelehnt.

Gegen diese Entscheidung haben die Kläger am 1.9.2007 Klage erhoben. Mit Beschluss vom 14.10.2008 hat das Sozialgericht Detmold Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt I, Q, beigeordnet. Am 24.10.2008 haben die Kläger die Klage zurückgenommen, da sie sich mit der Beklagten außergerichtlich geeinigt hatten.

Am 4.11.2008 hat der Bevollmächtigte der Kläger die Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung gem. § 55 Abs. 1 S. 1 RVG i.H.v. 408,17 EUR beantragt. Mit Beschluss vom 4.12.2008 hat der Urkundsbeamte der Geschäftstelle die Vergütung auf 366,52 EUR festgesetzt. Die Geschäftsgebühr für die Beratungshilfe i.H.v. 70. EUR (Nr. 2503 VV/RVG) wurde zur Hälfte i.H.v. 35.-EUR auf die Gebühr für das gerichtliche Verfahren angerechnet.

Auf die Erinnerung des Prozessbevollmächtigten der Kläger hat das Sozialgericht Detmold mit Beschluss vom 21.1.2009 die dem Bevollmächtigten aus der Landeskasse zu erstattende Gebühr auf 408, 17 EUR festgesetzt. Die Gebühr im Beratungshilfeverfahren sei auf die gerichtliche Gebühr nur gem. Nr. 2503 Anm. Abs. 2 S. 1 VV/RVG anzurechnen, wenn sie außerhalb eines gerichtlichen oder behördlichen Verfahrens entstanden ist. Das Sozialgericht hat sich insoweit auf die Entscheidung des Senats vom 18.3.2008 - L 1 B 21/07 AL - gestützt.

Gegen diese Entscheidung hat der Bezirksrevisor als Vertreter der Staatskasse am 6.2.2009 Beschwerde eingelegt und beantragt, die PKH-Vergütung wieder auf 366,52 EUR festzusetzen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen auf den Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 1.2.2007 - L 12 B 8/06 AS - Bezug genommen. Hiernach sei für eine Anrechnung der Geschäftsgebühr im Rahmen der Beratungshilfe nicht erforderlich, dass diese außerhalb eines gerichtlichen oder behördlichen Verfahrens entstanden ist.

Der Bevollmächtigte der Kläger ist der Beschwerde entgegengetreten. Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Über die Beschwerde entscheidet der Senat mit drei Berufsrichtern, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 8 S. 2 RVG).

Die Beschwerde, an deren Zulassung der Senat gem. §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 2 RVG gebunden ist, ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht die Geschäftsgebühr im Rahmen der Beratungshilfe nicht auf die Gebühr für das gerichtliche Verfahren angerechnet und die zu erstattende Vergütung auf einen höheren Betrag als 366,52 EUR festgesetzt.

Es ist bereits fraglich, ob die Entscheidung des Sozialgerichts dem Beschluss des Senats vom 18.3.2008 - L 1 B 21/07 AL - entspricht. Nach dieser Entscheidung kommt die hälftige Anrechnung der Gebühren der Beratungshilfe für ein anschließendes gerichtliches oder behördliches Verfahren nur in Betracht, wenn die Beratunghilfe außerhalb eines behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens erfolgt ist. Im vorliegenden Fall ist zweifelhaft, ob die Beratungshilfe innerhalb oder außerhalb eines behördlichen Verfahrens erbracht wurde. Denn einerseits wurde der Berechtigungsschein für die Beratungshilfe durch das Amtsgericht Paderborn bereits am 18.10.2007 erteilt, während der maßgebliche Überprüfungsantrag nach § 44 SGB...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge