Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren anfallenden Rechtsanwaltsgebühren

 

Orientierungssatz

1. In Anbetracht eines bei Stellung des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz bereits aufgenommenen Widerspruchsverfahrens bemisst sich die Verfahrensgebühr für das gerichtliche Eilverfahren nach Nr. 3102 VV RVG und nicht nach Nr. 3103 VV RVG.

2. Im Rahmen der Gebührenbemessung nach Nr. 3102 VV RVG ist das Ausmaß konkret aufgetretener Synergien bei der Bemessung der Einzelgebühr nach § 14 RVG zu berücksichtigen.

3. Handelt es sich um einen unterdurchschnittlichen Fall, so ist der Ansatz der Mittelgebühr unbillig. Angemessen erscheint in einem solchen Fall eine Verfahrensgebühr in Höhe von 170.- €. . Insoweit ist nicht der in der Rechtsprechung teilweise gehandhabten Regelung zu folgen, wonach bei der Bemessung der im einstweiligen Rechtsschutz anfallenden Rechtsanwaltsgebühren auf eine auf 2/3 reduzierte Mittelgebühr abzustellen sei. Die Bemessung erfolgt vielmehr im Einzelfall unter Abwägung der fünf Kriterien des § 14 RVG.

4. Kommt dem konkreten Verfahren eine unterdurchschnittliche Bedeutung zu, so ist eine Verfahrensgebühr in Höhe von 170.- €. festzusetzen, vgl. BSG, Urteil vom 01. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R.

5. Aus Sinn und Zweck der Regelung der Nr. 3106 Nr. 3 VV RVG lässt sich eine Ausweitung des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift auf Beschlussverfahren nach § 86 b SGG nicht ableiten. Weil die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht vorgeschrieben ist und der Rechtsanwalt diese nicht erzwingen kann, ist der Anfall der Terminsgebühr im einstweiligen Rechtsschutzverfahren grundsätzlich ausgeschlossen.

6. Für den Anfall der Erledigungsgebühr nach Nr. 1006, 1002 VV RVG ist die Erklärung des Anwalts, der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei erledigt, nicht ausreichend. Eine solche auf den Erfolg in der Sache gerichtete Verfahrenshandlung wird durch die Verfahrensgebühr abgegolten. Ein zusätzliches, über die allgemeine Prozessführung hinausgehendes Handeln liegt insoweit nicht vor.

 

Tenor

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 01.02.2012 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der von der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsvergütung streitig.

Der Antragsteller steht im Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).

Mit Bescheid vom 14.04.2011 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.06.2011 bis 30.11.2011 unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft in Höhe von 297,44 EUR. Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein mit dem Argument, die tatsächliche Bruttowarmmiete belaufe sich derzeit auf 466,13 EUR. Mit Bescheid vom 19.05.2011 berücksichtigte der Antragsgegner für den Zeitraum vom 01.06.2011 bis 30.11.2011 Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe der Nettokaltmiete von 306,13 EUR. Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller, vertreten durch den Beschwerdeführer, am 01.06.2011 Widerspruch ein.

Am 06.06.2011 beantragte der Antragsteller beim Sozialgericht, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ab dem 01.06.2011 die Kosten der Unterkunft in tatsächlicher Höhe zu gewähren. Darüber hinaus beantragte er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Beschwerdeführers.

Nachdem der Antragsteller im Verfahren darlegte, wie sich die Kosten für Unterkunft und Heizung aufteilten, übernahm der Antragsteller für den Zeitraum ab dem 01.06.2011 neben der Nettokaltmiete Heizkostenvorauszahlungen in Höhe von 30,00 EUR und Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von 100,00 EUR pro Monat.

Durch Beschluss vom 21.07.2011 bewilligte das Sozialgericht dem Antragsteller für die Zeit ab dem 06.06.2011 Prozesskostenhilfe und ordnete ihm den Beschwerdeführer bei. Ebenfalls am 21.07.2011 erklärte der Antragsgegner den Rechtsstreit für erledigt. Durch Beschluss vom 11.10.2011 stellte das Sozialgericht fest, dass die Beteiligten einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten haben.

Am 08.09.2011 hat der Beschwerdeführer beantragt, seine Vergütung aus der Staatskasse auf 930,28 EUR festzusetzen und zwar in Höhe von:

Verfahrensgebühr gem. Nr. 3102 VV RVG

250,00 EUR

Terminsgebühr gem. Nr. 3106 VV RV

200,00 EUR

Erledigungsgebühr gem. Nr. 1005 VV RVG

280,00 EUR

Kopierkosten (95 Kopien) gem. Nr. 7000 VV RG

31,75 EUR

Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

19 % Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG

148,53 EUR

Mit Schriftsatz vom 24.10.2011 hat der Beschwerdeführer die Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG auf 170,00 EUR reduziert. Damit seien insgesamt 850,28 EUR festzusetzen.

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die Gebühren am 03.11.2011 auf 226,10 EUR festgesetzt und zwar in Höhe von:

Verfahrensgebühr gem. Nr. 3103 VV RVG

170,00 EUR

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