Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Vorliegen von Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit. Unterbringung aus Verwahrgründen

 

Orientierungssatz

1. Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist solange gegeben, wie eine ambulante - außerklinische - Behandlung auch in einer Anstalt, einem Pflegeheim usw zur Erreichung des Behandlungszieles nicht ausreicht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob geeignete Pflegeeinrichtungen zur Verfügung stehen.

2. Die Unterbringung und Versorgung eines Kranken in einer stationären Einrichtung aus Verwahrgründen - zB weil der Patient infolge seiner Krankheit sich oder andere ernstlich gefährdet - begründen keinen Anspruch auf Krankenhausbehandlung, wenn nicht die - begleitende - medizinische Behandlung der besonderen Mittel eines Krankenhauses bedarf.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die weitere Kostenübernahme ihrer stationären Behandlung im Landeskrankenhaus -- LKH -- O über den 31. Dezember 1992 hinaus bis zu ihrer Entlassung am 3. Mai 1994.

Die 1961 geborene Klägerin leidet seit ihrem 17. Lebensjahr unter Minderbegabung und einer Psychose mit häufigen aggressiven Verhaltensweisen.

Seit dem 1. September 1988 befand sich die Klägerin zum 5. Mal in stationärer Behandlung im LKH O bis zu ihrer Entlassung am 3. Mai 1994.

Die Unterbringungskosten wurden von der Beklagten entsprechend dem Vertrag über die Leistungsabgrenzung zwischen Sozialhilfe und Krankenversicherung bei der stationären Betreuung psychisch Kranker in den Niedersächsischen Landeskrankenhäusern vom 18. Dezember 1958 bis zum 9. Oktober 1990 für insgesamt 910 Tage (130 Wochen) übernommen. Dieser Vertrag lief am 31. Dezember 1992 aus. Das LKH O beantragte am 8. Dezember 1992 die weitere Kostenübernahme mit Wirkung vom 1. Januar 1993. Die Beklagte holte das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Niedersachsen -- MDKN -- E, Dr. L, nach Aktenlage vom 10. Dezember 1992 ein. Dieser kam zu dem Ergebnis, daß es sich bei der Klägerin um eine schwer gestörte psychiatrische Patientin handele, die in einem Wohnheim für schwer psychisch gestörte Patienten untergebracht werden müsse. Die Voraussetzungen einer Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit lägen nicht vor; denn die ärztliche Behandlung habe lediglich noch allgemein begleitenden Charakter.

Mit an das LKH O gerichtetem Bescheid vom 15. Dezember 1992 lehnte die Beklagte eine weitere Kostenübernahme für die Unterbringung der Klägerin ab dem 1. Januar 1993 mit der Begründung ab, daß bei der Klägerin eine stationäre Behandlungsbedürftigkeit mit Wirkung vom 1. Januar 1993 nicht mehr vorliege, weil es sich um eine Unterbringungsmaßnahme handele.

Hiergegen legte die Betreuerin der Klägerin am 27. Juli 1993 Widerspruch ein. Die Beklagte holte das weitere Gutachten des MDKN E, Dr. L, vom 20. April 1993 nach einer Krankenhausbegehung ein. Mit Bescheid vom 17. August 1993 lehnte die Beklagte der Klägerin gegenüber die weitere Kostenübernahme für ihre Unterbringung ab dem 1. Januar 1993 im LKH O mit der Begründung ab, daß eine stationäre Behandlungsbedürftigkeit mit Wirkung vom 1. Januar 1993 nicht mehr vorliege. Das Krankenhaus nehme subsidiär wegen mangelnder, komplementärer entsprechender Wohneinrichtung die Funktion eines entsprechenden beschützenden, speziell betreuten Wohnheimes ein. Das hiergegen durchgeführte Widerspruchsverfahren war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 12. Oktober 1993).

Am 12. November 1993 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht (SG) O erhoben und zur Begründung vor allem ausgeführt: In ihrem Falle seien intensive pflegerische Maßnahmen mit Anleitung und Verhaltenskorrekturen erforderlich, welche nur durch entsprechend psychiatrisch geschultes Pflegepersonal in genügender Anzahl erfolgen könne. Dies sei nur in einem Landeskrankenhaus möglich. Daß bei ihr stationäre Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vorliege, ergebe sich im übrigen insbesondere aus dem Schreiben des LKH vom 30. Dezember 1992. Eine laufende medikamentöse Anpassung sowie verhaltenstherapeutische Maßnahmen seien dringend geboten, die nur in einem psychiatrischen Krankenhaus durchgeführt werden könnten. Ihre Behandlung könne nur unter Einsatz des ständig anwesenden und geschulten Pflegepersonals eines psychiatrischen Krankenhauses sowie der dortigen technischen Ausstattung erfolgreich wahrgenommen werden, wobei ein ständig rufbereiter Arzt anwesend sein müsse. -- Die Beklagte hat die angefochtenen Bescheide für zutreffend gehalten.

Das SG hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes die Krankenunterlagen des LKH O beigezogen und das Gutachten nach Aktenlage des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. P vom 17. Juni 1994 nebst Ergänzung vom 15. August 1994 eingeholt.

Mit Gerichtsbescheid vom 12. Februar 1996 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung vor allem ausgeführt: Die Beklagte sei nicht verpflichtet, die Kosten des Krankenhausaufenthaltes der Klägerin vom 1. Januar 1993 bis zum 3. Mai 1994 zu übernehmen. Bei der Art der Erkrankung der Klägerin sei eine spe...

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