Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Auslandsbehandlung <hier: Manualtherapie nach Dr Kozijavkin). Sachleistungsprinzip. Inlandsbehandlung. neue Behandlungsmethode

 

Orientierungssatz

1. § 18 Abs 1 SGB 5 knüpft an das Sachleistungsprinzip und stellt somit keine Regelung einer Kostenerstattung iS des § 13 Abs 2 SGB 5 idF vom 23.6.1997 dar, für die eine Wahlmöglichkeit des Versicherten besteht.

2. Die Vorschrift des § 18 Abs 1 S 1 SGB 5 ist nach ihrem Sinn und Zweck auch dann anzuwenden, wenn die Behandlung im Inland zwar an sich möglich ist, aber wegen fehlender Behandlungskapazitäten oder aus anderen Gründen nicht rechtzeitig erfolgen kann (vgl ua BSG vom 15.4.1997 - 1 RK 25/95 = SozR 3-2500 § 18 Nr 2).

3. Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zwar nicht im EBM-Ä erfasst sind, deren Bewährung in der vertragsärztlichen Versorgung - zB wegen der Verwandtschaft zu anerkannten Methoden - aber außer Zweifel steht, werden nicht vom Sinn und Zweck des § 135 Abs 1 SGB 5 erfasst. Dabei ist grundsätzlich vom therapeutischen Gesamtkonzept des behandelnden Arztes, nicht von den einzelnen medizinischen Maßnahmen auszugehen; es kommt auf die Behandlung als Ganzes an (vgl BSG vom 16.9.1997 - 1 RK 28/95 = BSGE 81, 54).

4. Bei der Manualtherapie durch Dr. Kozijavkin handelt es sich nicht um neue Behandlungsmethoden iS des § 135 Abs 1 S 1 SGB 5. Die Leistungspflicht einer Krankenkasse ist daher nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil der Bundesausschuss nicht tätig geworden ist. Damit steht zugleich fest, dass es sich um eine Behandlung iS des § 18 Abs 1 S 1 SGB 5 handelt.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 14.02.2001; Aktenzeichen B 1 KR 29/00 R)

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Erstattung der Kosten für seine weitere Behandlung bei dem Arzt für Neurologie und Manualtherapie Dr. K in L in der Ukraine in der Zeit vom 17. Juli bis zum 31. Juli 1997.

Der 1987 geborene Kläger ist familienversichertes Mitglied der beklagten Ersatzkasse. Er leidet unter einer Cerebralparese mit rechtsbetonter Tetraspastik sowie statomotorischer Retardierung.

Bereits am 19. April 1994 hatte der Kläger bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine manualtherapeutische Behandlung bei Dr. K im Rehabilitationszentrum L in der Ukraine vom 2. Mai bis zum 14. Mai 1994 beantragt. Diesen Antrag hatte die Beklagte mit Bescheid vom 31. Mai 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 1995 abgelehnt. Mit rechtskräftigem Urteil vom 22. Mai 1996 hatte das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 31. Mai 1994 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. März 1995 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Zur Begründung hatte das Sozialgericht insbesondere ausgeführt, dass das Behandlungskonzept des Dr. K nach Auffassung des Gerichts die von der Beklagten geschuldete, allein ausreichende und nur im Ausland gebotene Leistung für den Kläger sei. Nach den aus der Gesamtschau der Verfahren durch das Gericht gewonnenen gutachterlichen Erkenntnissen biete das Konzept tatsächlich etwas Neues, jedenfalls so im Inland nicht Gebotenes. Dr. K finde bei den paretischen Kindern durch seine Manualtherapie Zugang zu weiteren Behandlungsmaßnahmen, die dann geeignet seien, in Deutschland nicht oder nicht mehr erwartete, zum Teil regelrecht überraschende Besserungen zu erbringen. Das Behandlungskonzept sei im Vergleich zu den in Deutschland angewandten Methoden bei spastisch gelähmten Kindern unbestreitbar überdurchschnittlich effektiv. Die Zusammenfassung in Deutschland so nicht zusammengefasster, aber für sich anerkannter Methoden sei nicht als Außenseitermedizin iSd BSG-Rechtsprechung zu qualifizieren. In Deutschland stünden für die Manualtherapie nicht genügend Therapieplätze zur Verfügung. Die Kosten für Außenseitermethoden im eigentlichen Sinne (API-Therapie usw) seien jedoch nach Auffassung des Gerichts nicht zu übernehmen, weil sie im Einzelfall auch von den Eltern abgelehnt worden seien, ohne dass dadurch die Besserung ausgeblieben sei.

Mit Bescheid vom 26. Juli 1996 hatte die Beklagte auf die Originalrechnungen für die bereits bei Dr. K durchgeführten Behandlungen die Behandlungskosten in voller Höhe und die notwendigen Reisekosten für den Versicherten und eine Begleitperson iSd Bundesreisekostengesetzes erstattet.

Am 27. Mai 1997 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erstattung der Kosten für eine weitere Behandlung bei dem Arzt für Neurologie und Manualtherapie Dr. K in L für die Zeit vom 17. Juli bis zum 31. Juli 1997.

Die Beklagte holte das sozialmedizinische Gutachten der Ärztin Dr. W, MDKN, vom 1. Juli 1997 ein. Mit Bescheid vom 10. Juli 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. November 1997 lehnte die Beklagte die Erstattung der Kosten für die manualtherapeutische Behandlung durch Dr. K erneut ab und führte zur Begründung insbesondere aus: Bei der hier durchgeführten Behandlung handele es sich um eine Therapie, deren Wirksamkei...

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