Orientierungssatz

Parallelentscheidung zu dem Urteil des LSG Celle vom 17.6.1998 - L 4 KR 82/95, das vollständig dokumentiert ist.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Erstattung der Kosten für eine in der Ukraine bei Dr. K durchgeführten Behandlung seiner Tochter Belinda.

Der Kläger ist pflichtversichertes Mitglied der Beklagten.

Die 1983 geborene Tochter Belinda des Klägers leidet unter einer spastischen Diparese mit Gehbehinderung nach einer Frühgeburt in der 32. Schwangerschaftswoche.

Am 25. Oktober 1994 beantragte der Kläger unter Vorlage einer Bescheinigung des Kinderarztes Dr. B, R vom 18. Oktober 1994 die Kostenübernahme für eine im Dezember 1994 geplante Behandlung seiner Tochter bei Dr. K. Zur Begründung seines Antrages trug der Kläger vor, daß herkömmliche Methoden der Behandlung bei seiner spastisch gelähmten Tochter Belinda nicht den gewünschten Erfolg gebracht hätten. Die Behandlung wurde in der Zeit vom 4. Dezember bis zum 18. Dezember 1994 bei Dr. K durchgeführt. Die Beklagte holte das sozialmedizinische Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Niedersachsen (MDKN), der Kinderärztin Dr. F, vom 21. November 1994 ein. Mit Bescheid vom 24. November 1994 lehnte die Beklagte den Antrag ab mit der Begründung, daß das Behandlungskonzept des Dr. K nicht ausreichend wissenschaftlich begründet und auch nicht anerkannt sei. Man könne jedoch davon ausgehen, daß die Manualtherapie zwar in einzelnen Fällen Besserungen in den Bewegungsabläufen cerebralparetischer Kinder bewirken könne, sie werde jedoch allgemein hierzulande angewandte und bewährte Methoden von Krankengymnastik und Ergotherapie nicht ersetzen können. Die Behandlung einer Cerebralparese sei in Deutschland ausreichend möglich und eine Behandlung im Ausland, deren Überlegenheit bisher wissenschaftlich nicht habe nachgewiesen werden können, sei nicht zu befürworten.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und führte insbesondere aus: Wenn die Behandlung einer Cerebralparese mit Krankengymnastik nach Bobath und Vojta in Deutschland wirklich ausreichend möglich sei, dann hätte sich das Behinderungsbild der Tochter sicherlich längst gebessert, was jedoch nicht eingetreten sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 1994 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 4. Januar 1995 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben und zur Begründung im wesentlichen vorgetragen: Entsprechende Kosten für die Behandlung bei Dr. K in der Ukraine würden von zahlreichen anderen Krankenkassen übernommen. Die Therapie bei Dr. K sei im Falle seiner Tochter erfolgreich gewesen.

Zur weiteren Begründung der Klage hat der Kläger die ärztliche Stellungnahme der Ärztin für Orthopädie und Chirotherapie L vom 20. Januar 1995 und den Arztbericht des Dr. K vom 18. Dezember 1994 eingereicht.

Die Beklagte hat das sozialmedizinische Gutachten des MDKN, Kinderarzt Dr. H, vom 30. März 1995 eingereicht.

Mit Urteil vom 19. August 1996 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Die von Dr. K in der Ukraine angewandte Therapie gehöre nicht zu den im Geltungsbereich des Fünften Sozialgesetzbuches (SGB V) allgemein für die Behandlung cerebral geschädigter Kinder anerkannten ärztlichen Behandlungsmethoden. Ausweislich der gutachtlichen Äußerungen der Ärzte des MDKN entspreche es dem in Deutschland allgemein anerkanntem medizinischen Erkenntnisstand, bei cerebral-paretischen Kindern krankengymnastische Behandlung auf neuro-physiologischer Grundlage nach Bobath und Vojta einzusetzen. Das in L /-Ukraine angewandte Therapiekonzept sei dagegen in seiner wissenschaftlichen Wirksamkeit nicht nachgewiesen. Es werde nicht bestritten, daß die angewandte Methode zu Fortschritten im Falle der Tochter des Klägers geführt habe. Es handele sich jedoch um eine unkonventionelle Methode, die im Rahmen der kassen- und vertragsärztlichen Versorgung bislang keine wissenschaftliche Anerkennung gefunden habe. Demgegenüber stünden in Deutschland ausreichend Möglichkeiten der Behandlung der Tochter des Klägers zur Verfügung.

Gegen das ihm am 20. September 1996 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17. Oktober 1996 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen eingelegt und zur Begründung im wesentlichen vorgetragen: Die Therapie des Dr. K habe in ungezählten Fällen zu einer erheblichen Verbesserung des Gesundheitszustandes der Patienten geführt, wie auch im Falle seiner Tochter. Der gesundheitliche Zustand habe sich nach der Behandlung wesentlich verbessert. Auch andere Allgemeine Ortskrankenkassen hätten die Behandlungskosten erstattet. Die Wirksamkeit der manualtherapeutischen Behandlung durch Dr. K sei nachgewiesen. Hierbei handele es sich auch nicht um eine Außenseitermethode. Diese habe sich nämlich zwischenzeitlich bewährt. Eine wirklich vergleichbare Therapie sei in der Bundesrepublik Deutschland nicht möglich. Gerade die Kombination der unterschiedlichen Therapien mache den Behandlungserfolg und...

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