Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Angemessenheit der Unterkunftskosten. Zweipersonenhaushalt in Hannover. schlüssiges Konzept des Grundsicherungsträgers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die vom Jobcenter Region Hannover für Zweipersonenhaushalte (Landeshauptstadt Hannover) für die Zeit von September bis Dezember 2013 festgelegte Mietobergrenze von 429,00 Euro (Bruttokaltmiete) ist nicht zu beanstanden.

2. Es begegnet dabei keinen Bedenken, die Kappungsgrenze beim 33% Quantil der aus einem qualifizierten Mietspiegel gewonnenen Mietwerte zu ziehen.

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 26. März 2015 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe der zu berücksichtigenden Aufwendungen für die Grundmiete zzgl. der kalten Betriebskosten (sog. Bruttokaltmiete) als Kosten der Unterkunft (KdU) im Rahmen des § 22 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) für den Zeitraum vom 1. September 2013 bis zum 31. Dezember 2013.

Die Kläger stehen seit 2006 im Leistungsbezug nach dem SGB II. Die Klägerin zu 1. übt seit 2007 eine Teilzeitbeschäftigung bei der J. GmbH und Co.KG in K. aus. Der Kläger zu 2. ist als Kurierfahrer tätig mit seit dem Beginn des Leistungsbezuges wechselnden Arbeitgebern und wechselndem Stundenumfang (geringfügige Beschäftigung oder Vollzeitbeschäftigung). Zwischen 2008 und 2011 kam es - ausweislich des Verwaltungsvorgangs - zu einer Unterbrechung im Leistungsbezug; den erneuten Antrag im November 2011 stellten die Kläger erstmals unter ihrer jetzigen Anschrift “L.. 8, M. N.„. Nachdem der Kläger zu 2. im Jahr 2012 für wenige Monate eine Vollzeitstelle innehatte, kam es zu einer (erneuten) Unterbrechung im Leistungsbezug bis Januar 2013.

Die Wohnung der Kläger liegt in der Stadt N. im Stadtteil O.. Ausweislich des Mietvertrages beträgt die Wohnfläche 79,26 qm. Die Aufwendungen für die Bruttokaltmiete betrugen im hier streitigen Zeitraum 428,01 Euro für die Grundmiete und 124,93 Euro für die kalten Betriebskosten (Abrechnung vom 4. Juni 2013, Bl. 739 der Verwaltungsakte - VA -). Für die Heizkosten fiel im September 2013 ein Abschlag i.H.v. 140,00 Euro an (Abrechnung der P. GmbH vom 12.09.2012, Bl. 623 VA) und ab Oktober 2013 i.H.v. 126,00 Euro (Abrechnung der P. GmbH vom 9. September 2013, Bl. 747 VA). Wie sich aus den Abrechnungen ergibt, sind die Abschläge fortlaufend monatlich zum jeweils 1. des Monats fällig. Die Kläger zahlen zudem an die Q. AG Schmutzwassergebühren. Der Monat September 2013 war abschlagsfrei (Abrechnung vom 5. September 2012; Bl. 628 VA); ab Oktober 2013 betrug der monatliche Abschlag 18,00 Euro (Abrechnung vom 4. September 2013; Bl. 714 VA). Sowohl bei den Heizkosten als auch den Schmutzwassergebühren erwirtschafteten die Kläger Guthaben und zwar i.H.v. 73,74 Euro bzw. 87,25 Euro, die ausweislich der Abrechnungen im September 2013 auf das Konto der Kläger bei der R. überwiesen wurden.

Bereits mit Schreiben vom 31. Januar 2013 wies der Beklagte die Kläger auf die nach seiner Auffassung unangemessen hohen Aufwendungen im Sinne des § 22 Abs 1 SGB II hin. Für die Stadt N. seien für einen Zweipersonenhaushalt 413,00 Euro zzgl. der Heizkosten angemessen. Falls bis zum 31.07.2013 keine ausreichenden Bemühungen zur Senkung der Aufwendungen für die Unterkunft unternommen würden, müssten die Kläger mit einer Absenkung der Bedarfe für die Unterkunft ab dem 1. August 2013 rechnen.

Mit Bescheid vom 19. September 2013 bewilligte der Beklagte den Klägern für den streitigen Zeitraum SGB II-Leistungen i.H.v. insgesamt 748,13 Euro pro Monat und berücksichtigte hierbei KdU i.H.v. 429,00 Euro für die Bruttokaltmiete - das entsprach der ab 1. Juni 2013 geltenden Mietobergrenze für einen Zweipersonenhaushalt im Stadtgebiet N. - und 140,00 Euro für die Heizkosten.

Die anwaltlich vertretenen Kläger legten am 17. Oktober 2013 Widerspruch gegen den Bescheid vom 19. September 2013 ein. Unterkunftskosten würden in unzutreffender Höhe bewilligt; das Einkommen der Klägerin zu 1. werde fehlerhaft bereinigt.

Infolge schwankenden Einkommens der Kläger erließ der Beklagte eine Vielzahl von Änderungsbescheiden. Im Einzelnen:

- Änderungsbescheid vom 29. Oktober 2013 für den Monat November 2013 (68,13 Euro insgesamt; berücksichtigte Bruttokaltmiete: 429,00 Euro, Heizkosten: 140,00 Euro)

- Änderungsbescheid vom 30. Oktober 2013 für den Monat Dezember 2013 (700,13 Euro insgesamt; berücksichtigte Bruttokaltmiete: 429,00 Euro, Heizkosten: 140,00 Euro)

- Änderungsbescheid vom 31. Januar 2014 für die Monate September 2013 und Oktober 2013 (796,68 Euro bzw. 772,77 Euro insgesamt; berücksichtigte Bruttokaltmiete: 429,00 Euro, Heizkosten: 140,00 Euro im September und 126,00 Euro im Oktober)

- Änderungsbescheid vom 25. Juni 2014 für die Monate September 2013 und Oktober 2013 (824,75 Euro bzw. 800,84 Euro insgesamt; berücksichtigte...

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