Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Beschwerde in Vergütungsfestsetzungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach der Systematik des SGG sind auf eine Erinnerung ergangene Beschlüsse des Sozialgerichts unanfechtbar. Wegen des abschließenden Normengefüges der §§ 172ff SGG ist deshalb im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG die Beschwerde an das Landessozialgericht gegen die Entscheidung des Sozialgerichts ausgeschlossen.

2. Die Beschwerdemöglichkeit nach § 56 Abs 2 S 1 iVm § 33 Abs 3 RVG ist nur in Verfahrensordnungen denkbar, die diese Beschwerdemöglichkeit nicht ihrerseits ausgeschlossen haben.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 21. September 2006 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Höhe der Vergütung der Antragstellerin, die als Rechtsanwältin im Rahmen der Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) in erster Instanz bei einer Untätigkeitsklage beigeordnet war. Das Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) Hannover (- S 53 SO 448/05 -) ist von den Beteiligten nach Erlass des Widerspruchsbescheides für erledigt erklärt worden.

Die Antragstellerin begehrt die Festsetzung von Kosten in Höhe von 545,20 €. Diese setzen sich ua aus einer Verfahrensgebühr nach Nr 3102 Vergütungsverzeichnis (VV) des Rechtsanwaltsgebührengesetzes (RVG) in Höhe von 250,00 € und einer Terminsgebühr bei Beendigung des Verfahrens durch Anerkenntnis nach Nr 3106 in Höhe von 200,00 € zusammen. Nachdem der Urkundsbeamte der Geschäftstelle (Beschluss vom 1. August 2006) die Vergütung auf 139,20 € festgesetzt hatte, wobei die Gebühr nach Nr 3102 mit 80,00 € und die nach Nr 3106 mit 20,00 € festgesetzt wurde, wies das SG Hannover die fristgemäß eingelegte Erinnerung mit Beschluss vom 21. September 2006 zurück. Die Untätigkeitsklage stelle eine deutlich unterdurchschnittliche Angelegenheit dar, weil keine materielle Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Bescheides erforderlich sei. Hiergegen hat die Antragstellerin am 2. Oktober 2006 Beschwerde eingelegt; das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landessozialgericht (LSG) zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des SG Hannover vom 21. September 2006 ist unzulässig.

Gemäß § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG) findet gegen die Entscheidungen des SG mit Ausnahme der Urteile die Beschwerde statt, soweit nicht im SGG anderes bestimmt ist. Nach § 178 Satz 1 SGG entscheidet das Gericht endgültig, wenn gegen eine Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle das Gericht angerufen wird. Ein solcher Fall liegt hier vor. Die Antragstellerin hat gegen die Festsetzung des Urkundsbeamten (Beschluss vom 1. August 2006) Erinnerung eingelegt, über die der zuständige Richter mit Beschluss vom 21. September 2006 entschieden hat. Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angegriffen werden, weil das SG “endgültig„ entschieden hat.

Die nach der Rechtsmittelbelehrung mögliche Beschwerde gegen richterliche Beschlüsse im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 56 Abs 2 Satz 1 iVm § 33 Abs 3 RVG steht der Antragstellerin, anders als bisher auch vom Senat ohne nähere Begründung angenommen, nicht zu.

Wegen des abschließenden Normengefüges der §§ 172 ff SGG (vgl. hierzu LSG Berlin, Beschluss vom 28.02.2005, - L 9 B 166/02 KR -) ist im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG die Beschwerde an das LSG gegen die Entscheidung des SG ausgeschlossen. Nach der Systematik des SGG sind auf eine Erinnerung ergangene Beschlüsse des SG unanfechtbar. Neben der Regelung des § 178 Satz 1 SGG sieht deshalb das SGG für das Kostenfestsetzungsverfahren in § 197 Abs 2 SGG und in Verfahren zur Feststellung der Pauschgebühr in § 189 Abs 2 SGG nur eine gerichtliche - endgültige - Entscheidung auf die Erinnerung gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten vor, nicht aber eine Beschwerdemöglichkeit gegen den auf die Erinnerung hin ergangenen Beschluss.

Die Beschwerdemöglichkeit nach § 56 Abs 2 Satz 1 iVm § 33 Abs 3 RVG ist danach nur in Verfahrensordnungen denkbar, die diese Beschwerdemöglichkeit nicht ihrerseits ausgeschlossen haben (so auch LSG Berlin vom 14. Oktober 2003 - L 5 B 14/02 RJ -). Für Fragen der Statthaftigkeit von Rechtsbehelfen ist das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nur das allgemeinere Gesetz (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. März 1990 - L 11 S (KA) 32/89 -; LSG Berlin, Beschluss vom 14. Oktober 2003 - L 5 B 14/02 RJ -). Die Statthaftigkeit eines Rechtbehelfs ist folglich eine Verfahrensfrage, die je nach Gerichtszweig spezialgesetzlich in der Prozessordnung geregelt ist. Dementsprechend kann das RVG in seinem verfahrensrechtlichen Teil nicht eine Gebührennachprüfungsinstanz schaffen, die es als solche in der Sozialgerichtsbarkeit nicht gibt (vgl. LSG NRW aaO).

Der Ausschluss der Beschwerde dient im Übrigen der Einheitlichkeit des Verfahrens. Nur so können unterschiedliche Entscheidungen im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 197 SGG un...

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