nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Berlin (Entscheidung vom 08.01.1999; Aktenzeichen S 42 V 345/95)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Januar 1999 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung einer Witwenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz -BVG-.

Die 1914 geborene Klägerin ist die Witwe des am 18. Mai 1912 geborenen und am 23. März 1950 verstorbenen ehemaligen Kriegsteilnehmers W G (Herr G.), mit dem sie in erster Ehe verheiratet war. Die am 12. März 1959 neu eingegangene Ehe mit dem W S endete am 4. Januar 1984 mit dessen Tod.

Herr G., der Angehöriger der Deutschen Kriegsmarine war, geriet im Oktober 1944 bei Abwehrkämpfen um H in englische Kriegsgefangenschaft. Er wurde aus dieser, während der er nach den Unterlagen der deutschen Dienststelle (WASt) "u.a. in Belgien" festgehalten worden war, zum 1. August 1947 entlassen. Die Kopie der am 24. März 1950 vom Standesbeamten in B-L ausgestellten Todesurkunde weist als Todesursache "Herzschwäche, Myokardinfarkt" aus. Herr G. starb im O-Z-Krankenhaus.

Mit dem am 27. Dezember 1993 bei dem Beklagten eingegangenen Antrag auf Bewilligung einer Witwenversorgung machte die Klägerin geltend, ihr früherer Ehemann habe als Kriegsgefangener in Belgien, wohin er am 8. August 1945 verlegt worden war, schwere Arbeit im Bergwerk verrichten müssen. Er habe 800 m tief in den Stollen einfahren und liegend in 30 cm Höhe Kohle abbauen müssen. Er sei auch einmal verschüttet worden. Bei seiner Entlassung sei er schwer herzkrank gewesen. Der von ihm dann konsultierte Arzt Dr. K, der seinerzeit im O-Z-Krankenhaus tätig gewesen sei, habe ihren Mann, der kaum noch habe laufen können, mit Strophanthin-Spritzen versorgt. Die gemeinsame Tochter G, geboren am 10. April 1937, habe nach seinem Tode bis zur Vollendung ihres 18. Lebensjahres eine Kriegswaisenrente erhalten. Diese ist durch einen im April 1955 ungültig gestempelten Versicherungsausweis der Versicherungsanstalt Berlin für G belegt.

Aus einem in der Verwaltungsakte des Beklagten befindlichen Kriegskrankenblatt des Marinelazaretts S ist außerdem ersichtlich, dass sich der frühere Ehemann der Klägerin dort wegen eines Steißbeinabszesses und Haemorrhoiden vom 23. August 1943 bis zum 1. Oktober 1943 in stationärer Behandlung befunden hatte und nach deren Abheilung als gesund zu seiner alten Einheit entlassen worden war.

Die vom Beklagten um eine Beurteilung des Sachverhalts ersuchte Internistin Dr. T erklärte in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 10. Mai 1995, für die Zeit des Kriegsdienstes oder der Gefangenschaft seien keine Herz-, Kreislauferkrankungen belegt. Aus der amtlich bescheinigten Todesursache einer Herzschwäche, Myokardinfarkt könne zwar auf das Vorliegen einer koronaren Herzkrankheit geschlossen werden. Ein Zusammenhang dieser Krankheit mit den kriegs- und gefangenschaftsbedingten Lebensumständen des Herrn G. (schwere körperliche Arbeit, Unterernährung) bestehe nicht. Es sei von anlagebedingten regressiven Veränderungen der Koronargefäße im Sinne einer Koronarsklerose auszugehen.

Durch Bescheid vom 22. Mai 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. November 1995 lehnte der Beklagte die Gewährung einer Hinterbliebenenrente nach § 38 Abs. 1 BVG ab. Die zum Tode des Herrn G. führende koronare Herzerkrankung stelle nach versorgungsärztlicher Beurteilung eine eigenständige Entwicklung dar. Es handele sich bei dem Myokardinfarkt um ein Akutgeschehen, für das die besonderen kriegs- bzw. gefangenschaftseigentümlichen Verhältnisse nicht als ursächlich im Sinne des BVG gewertet werden könnten. Es gebe auch keine medizinisch fundierten Hinweise dafür, dass gegebenenfalls weitere Gesundheitsstörungen, die auf Tatbestände im Sinne des § 1 BVG zurückzuführen seien, für das Ableben des Herrn G. ursächlich gewesen seien. Auch aus der Zahlung einer Halbwaisenrente an die Tochter der Klägerin ab 1950 könnten keine Ansprüche hergeleitet werden.

Das hiergegen angerufene Sozialgericht hat im Termin vom 13. Mai 1998 die Klägerin und deren Tochter G als Zeugen über die gesundheitliche Situation des Herrn G. in der Zeit nach seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft und vor seinem Tod vernommen. Außerdem hat es Auszüge aus einem in einem anderen Rechtsstreit erstatteten Gutachten des Internisten/Kardiologen Dr. H vom 2. Februar 1995 wegen der darin enthaltenen Ausführungen zu den Auswirkungen einer Dystrophie auf die Funktionsfähigkeit des Herzens mit Hinweisen auf entsprechende medizinische Fachliteratur zur Gerichtsakte genommen (Bl. 44 bis 61 GA).

Durch Urteil vom 8. Januar 1999, das gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG- ohne mündliche Verhandlung ergangen ist, hat das Sozialgericht den Beklagten dazu verurteilt, der Klägerin nach ihrem am 23. März 1950 verstorbenen Ehemann W G Hinterbliebenenrente nach dem BVG zu gew...

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