Entscheidungsstichwort (Thema)

Überprüfungsverfahren. unsubstantiierter Antrag. Obliegenheiten im Überprüfungsverfahren. Rechtskontrolle im Gerichtsverfahren

 

Orientierungssatz

1. Parallelentscheidung zum Urteil des LSG Berlin-Potsdam vom 26.3.2013 - L 19 AS 727/11, das vollständig dokumentiert ist.

2. Hinweis der Dokumentationsstelle des Bundessozialgerichts: Nachdem die Klage vor dem BSG zurückgenommen wurde, ist dieses Urteil sowie das vorinstanzliche Urteil des SG Cottbus wirkungslos.

 

Normenkette

SGB X § 44 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1 a.F., S. 1 n.F., § 20 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 33 S. 1, § 39 Abs. 1 S. 1; SGG §§ 77, 99 Abs. 3 Nrn. 1-2, § 103 S. 1, § 106 Abs. 1, § 160 Abs. 2 Nr. 1; SGB II § 1 Abs. 1 S. 1, § 21 Abs. 1, § 40 Abs. 1 S. 1 a.F., § 41 Abs. 1 S. 4; SGB I § 2 Abs. 2, § 16 Abs. 1 S. 1, § 17 Abs. 1, § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 65; GG Art. 20 Abs. 3; VwVfG § 51; BGB § 242

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 06. Juni 2012 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf Überprüfung diverser Bescheide seit Januar 2006 hat.

Die 1972 geborene Klägerin lebt mit ihren 1990, 2002 und 2011 geborenen Kindern zusammen in einer Bedarfsgemeinschaft. Sie bezieht seit dem 18. Februar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).

Erstmals am 17. Mai 2010 stellte der Bevollmächtigte der Klägerin für die Bedarfsgemeinschaft einen Antrag auf Überprüfung aller bestandskräftigen Bescheide gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Den Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 29. Juli 2010 ab und wies den ohne weitere Begründung eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 2010 (W 1874/10) mangels Bevollmächtigung als unzulässig zurück.

Am 16. Dezember 2010 beantragte die Klägerin erneut die Überprüfung sämtlicher bestandskräftiger Bescheide seit dem 01. Januar 2006 inklusive aller Aufhebungs- und Erstattungsbescheide. Auf die Bitte des Beklagten mit Schreiben vom 17. Dezember 2010, konkret die einzelnen zu überprüfenden Bescheide und den Grund für die Überprüfung zu benennen, teilte der Bevollmächtigte der Klägerin mittels Stempelaufdruck auf dieses Schreiben mit, es sollten sämtliche Bescheide auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüft werden. Mit Bescheid vom 27. Dezember 2010 lehnte der Beklagte den Überprüfungsantrag ab. Eine Überprüfung sämtlicher Bescheide in der Sache sei nicht vorzunehmen. Trotz Aufforderung seien keine konkreten Verwaltungsakte benannt worden, die überprüft werden sollten. Ein schlüssiger Vortrag diesbezüglich und die damit verbundene Benennung der konkreten Verwaltungsentscheidung stelle jedoch die Minimalanforderung an die Einleitung eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X dar. Ein solcher Antrag ohne das Benennen des konkret erlassenen Verwaltungsaktes sei als rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme anzusehen. Den dagegen ohne Begründung eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02. März 2011 (W 39/11) zurück. Die Klägerin habe nichts vorgebracht, was für die Unrichtigkeit der Entscheidung sprechen könne. Es ergäben sich auch keine neuen Erkenntnisse, die dafür sprächen, dass die Entscheidung falsch sei. Eine sachliche Prüfung der Bescheide, die seit dem 01. Januar 2006 erlassen worden seien, sei daher abzulehnen.

Dagegen hat allein die Klägerin am 10. März 2011 Klage bei dem Sozialgericht Cottbus erhoben. Begehrt würden höhere Grundsicherungsleistungen. Die Klage richte sich gegen insgesamt 30 Bescheide, Änderungsbescheide und Aufhebungs- und Erstattungsbescheide. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 22. März 2011 Bezug genommen.

Mit Gerichtsbescheid vom 06. Juni 2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klage sei insoweit unzulässig, als nunmehr im Klageverfahren einzelne Bescheide genannt worden seien, über die der Beklagte wegen des unbestimmten Überprüfungsantrags nicht entschieden habe. Dabei handele es sich um eine Klageerweiterung, der der Beklagte nicht zugestimmt habe und die auch nicht sachdienlich im Sinne von § 99 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei. Denn die Frage, ob die einzelnen Bescheide inhaltlich rechtmäßig gewesen seien, seien von dem Beklagten in einem gesonderten Verwaltungsverfahren zu überprüfen. Die im Übrigen zulässige Klage sei unbegründet. Der Beklagte habe es zu Recht abgelehnt, auf der Grundlage des gestellten Überprüfungsantrags eine Sachprüfung sämtlicher bestandskräftiger Bescheide vorzunehmen. Auch die Kammer sei von Amts wegen nicht zu weiterer Sachverhaltsaufklärung verpflichtet. Gegenstand der Überprüfung im gerichtlichen Verfahren sei nur, ob der Beklagte den Überprüfungsantrag zu Recht zurückgewiesen habe und sich dabei auf die Bestandskraft der Bescheide habe berufen können. Der im Klageverfahren eingebrachte neue Vortrag sei unbeachtlich.

Am 20. Juni 2012 ist der...

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