Entscheidungsstichwort (Thema)

Location Scout. Künstler

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Location Scout wird nur insoweit künstlerisch tätig, als er solche Drehorte eigenständig sucht, auswählt und dem Regisseur vorschlägt, die ohne weitere Veränderung für die Dreharbeiten verwandt werden können. Nimmt die Location Scout jedoch überwiegend oder ausschließlich Aufgaben organisatorischer Art wahr oder bedürfen die von ihm gewählten Drehorte überwiegend der wesentlichen Veränderung durch einen Szenenbildner, liegt insgesamt keine künstlerische Tätigkeit vor.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. Mai 2004 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind für das gesamte Verfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung seiner Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG).

Der im Jahre 1952 geborene Kläger erlernte zunächst den Beruf eines Möbeltischlers. In den Jahren 1976 bis 1978 studierte er das Fach Bildende Kunst an der P H B, in den Jahren 1983 bis 1985 die Fächer Arabistik und Orientalistik an der F U B und schließlich das Fach Fotografie an der H. Diese Studiengänge schloss der Kläger nicht ab. In den Jahren 1989 bis 2000 war der Kläger als Arbeitnehmer bei Filmproduktionsgesellschaften in unterschiedlichen Tätigkeiten beschäftigt, so als Produktionsassistent, Ausstattungsassistent, Koordinator, Aufnahmeleiter und Location Scout.

Seit dem 1. November 2001 ist der Kläger als selbstständiger Location Scout tätig. Die Hauptaufgabe eines Location Scouts besteht darin, in der Regel für den Szenenbildner eines Films die Außendrehorte zu suchen und auszuwählen sowie organisatorische und technische Aufgaben im Hinblick auf diese Drehorte wahrzunehmen. Der Kläger erhielt den ersten unmittelbaren Kontakt zu der Tätigkeit eines Location Scouts, als er einem Szenenbildner für eine Fernsehserie assistierte und dabei dessen Aufgaben für die Außendrehorte übernahm. Die typische Tätigkeit des Klägers stellt sich so dar, dass er zunächst ein Drehbuch übersandt erhält und es auswertet, danach zunächst ein Gespräch mit dem Regisseur führt und dann die filmischen Motive an den Außendrehorten aussucht. Dazu verschafft er sich zunächst u. a. aus touristischen Quellen einen Überblick über die Gegenden oder Orte, sucht dann diese Orte eigenständig auf und entscheidet, ob sie in Betracht kommende Drehorte sind. Während andere Location Scouts ihre Tätigkeit vornehmlich als organisatorisch begreifen, macht der organisatorische Anteil der Arbeit des Klägers nur etwa die Hälfte der Tätigkeiten aus, während die andere Hälfte die Auswahl der Drehorte selbst betrifft. Dazu betrachtet der Kläger “mit den Augen eines Regisseurs oder Kameramanns„ ein bestimmtes Objekt oder eine bestimmte Stelle und prüft, ob diese für den Film geeignet ist. Einem Berufsverband für Location Scouts gehört der Kläger nicht an, weil solche Berufsverbände nicht existieren, es gibt jedoch Arbeitskreise, so etwa von dem Filmboard Berlin-Brandenburg, bei denen ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch der Location Scouts stattfindet.

Am 8. Juli 2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Feststellung seiner Versicherungspflicht in der Künstlersozialversicherung. Mit Bescheid vom 18. November 2002 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab und wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 10. März 2003 zurück: Die Tätigkeit des Klägers als Location Scout sei nicht als künstlerische Tätigkeit anzusehen, da die Grundvoraussetzung, dass durch diese Tätigkeit darstellende Kunst geschaffen oder ausgeübt werde, nicht erfüllt sei. Die Tätigkeit, die darin bestehe, geeignete Drehorte für Filme zu finden, auszuwählen und zu empfehlen, sei eine Tätigkeit, die zum Gelingen eines Films sicherlich beitrage, aber nicht jede Tätigkeit im Bereich der Filmherstellung sei eine künstlerische Tätigkeit. Insbesondere sei die Tätigkeit des Klägers nicht der eines Szenenbildners vergleichbar, sondern bereite die Arbeit eines Szenenbildners lediglich vor.

Mit seiner hiergegen zu dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger sein Ziel weiterverfolgt, die Feststellung seiner Pflichtmitgliedschaft in der Künstlersozialversicherung zu erreichen. Er hat geltend gemacht, seine Tätigkeit sei vorrangig eigenschöpferisch und damit künstlerisch. Mit Urteil vom 12. Mai 2004 hat das Sozialgericht Berlin die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, der Kläger unterliege der Versicherungspflicht nach dem KSVG: Nach Auswertung der vom Kläger vorgelegten Unterlagen sowie seinen Angaben im Termin zur mündlichen Verhandlung sei das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass er als Location Scout als Künstler im Sinne des § 2 KSVG anzusehen sei. Die Kammer gehe hierbei davon aus, dass der Kläger einen Teiltätigkeitsbereich des so genannten Szenen- oder Bühnenbildners ausübe, dessen Tätigkeit wiederum unzweifelhaft als künstlerisch einzustufen sei. So gehöre es zu den Aufgab...

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