Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Wegeunfall. Beginn des versicherten Weges. Durchschreiten der Außentür. etwaige Verletzung im häuslichen Bereich

 

Leitsatz (amtlich)

Verletzt sich der Versicherte beim Durchschreiten der Außentür, so ist darauf abzustellen, wo und wann der Gesundheitsschaden eintritt. Unerheblich bleibt, wo und wann die Ursache für den Sturz bzw die Verletzung gesetzt wurde (Anschluss an BSG vom 12.10.1973 - 2 RU 167/72 = SozR Nr 25 zu § 550 RVO).

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 01. Dezember 2011 und der Bescheid der Beklagten vom 07. Oktober 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2009 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, das Ereignis vom 02. Juni 2008 als Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Abs. 2 SGB VII anzuerkennen.

Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des gesamten Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Anerkennung eines Ereignisses vom 02. Juni 2008 als Arbeitsunfall; streitig ist, ob es sich bereits um einen versicherten Wegeunfall gehandelt hat.

Den Hergang des Unfalles gab der 1971 geborene Kläger gegenüber dem am Unfalltag aufgesuchten Durchgangsarzt Dr. E dahin wieder, dass sich beim Verlassen des Wohnhauses sein linker Fuß unter der Automatikhaustür verklemmt habe. Diagnostiziert wurde ein Kniebinnenschaden mit knöchernem Seitenbandausriss lateral. Das Ereignis geschah um 6.45 Uhr bei einem Beginn der Arbeitszeit um 7.30 Uhr. Der Arbeitgeber des Klägers, die Firma B GmbH gab mit Unfallanzeige vom 03. Juni 2008 den Unfall dahingehend wieder, dass der Kläger zu Hause mit seinem Fuß zwischen Türschwelle und Hausausgangstür mit seinem Schuh hängen geblieben und dabei gestürzt sei. Eine am 04. Juni 2008 durchgeführte Operation ergab eine Komplexverletzung des linken Kniegelenkes mit vorderer Kreuzbandruptur, partieller hinterer Kreuzbandruptur, medialer Seitenbandruptur, lateraler Meniskushinterhornruptur, knöchernem Ausriss des Ligamentum meniscotibiale laterale und der Gelenkkapsel, Hämarthros am linken Kniegelenk. Mit Zwischenbericht vom 18. Juni 2008 teilte die behandelnde Klinikum B GmbH mit, dass über die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit derzeit noch keine Aussage getroffen werden könne; mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit in rentenberechtigender Höhe müsse gerechnet werden. Nach einem Aktenvermerk der Beklagten vom 09. Juli 2008 hatte der Kläger im Rahmen einer Kniesprechstunde und einer Befragung zum genauen Unfallhergang angegeben, beim Verlassen des Hauses mit der Fußspitze an der erkennbaren Schwelle hängen geblieben zu sein, von hinten habe die Tür den Fuß eingeklemmt, danach sei er bei fixiertem Fuß nach außen gefallen. Diesen Hergang schilderte der Kläger mit Schreiben vom 25. Juni 2008 erneut schriftlich dahin, mit dem linken Fuß in der automatisch nach außen schließenden Tür hängen geblieben und dadurch nach außen auf die Pflastersteine gefallen zu sein. Beigefügt waren eine Skizze und Fotos vom Unfallort. Die Beklagte übernahm, nachdem intern zunächst vom Vorliegen eines Arbeitsunfalles ausgegangen worden war, zunächst die Kosten der Behandlung.

Mit Bescheid vom 07. Oktober 2008 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aufgrund des Ereignisses vom 02. Juni 2008 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass nach der geltenden Rechtsprechung der Versicherungsschutz mit Durchschreiten der Außenhaustür beginne, also vor der Haustür. Entscheidend sei, wo sich der Versicherte die Verletzung zugezogen habe (noch im häuslichen Bereich oder bereits vor der Tür). Der Kläger sei mit dem Fuß zwischen Türschwelle und der von innen schließenden Tür eingeklemmt gewesen. Dadurch habe er sich im Fallen das Knie verletzt. Ursache für die Knieverletzung sei nicht der Sturz auf den Weg vor der Tür gewesen, sondern das Einklemmen des Fußes in der Tür. Damit habe sich der Kläger die Verletzungen noch vor der Tür im häuslichen Bereich zugezogen.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, mit dem er ausführte, dass sich im Zeitpunkt des Sturzes sein gesamter Körper und beide Knie vor der Außentür befunden gehabt hätten. Damit habe er sich die Verletzung nicht mehr im unversicherten häuslichen Lebensbereich zugezogen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2009 zurück. Ursächlich für die Knieverletzung sei nicht der Sturz vor der Haustür gewesen, sondern das Einklemmen des linken Fußes in der Tür. Damit sei die Haustür noch nicht vollständig durchschritten gewesen. Die Tür gehöre aber noch zum häuslichen Bereich und sei keine versicherte Wegegefahr.

Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Frankfurt (Oder) mit Urteil vom 01. Dezember 2011 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Bereich der persönlichen privaten Lebenssphäre erst dann verlassen worden ist, wenn der Versicherte die Außentür vollständig passiert habe, die Tür also regelmäßig hinter sich ges...

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