Entscheidungsstichwort (Thema)

primäre Meniskopathie. Müllwerker. BK 2102

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Juni 2019 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Kosten sind für das gesamt Verfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist noch streitig, ob die Kniebeschwerden des Klägers als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2102 (kurz: BK 2102) der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) - Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten - anzuerkennen sind.

Der im Jahr 1956 geborene Kläger war in seinem Berufsleben bei verschiedenen Arbeitgebern (vergl. Aufstellung des Beklagten Bl. 66 VA) in verschiedenen Tätigkeitsbereichen beschäftigt, zunächst von Mai 1973 bis Oktober 1974 als Lagerarbeiter in zwei Speditionen, von Oktober 1974 bis Ende 1988 in mehreren Firmen als Fernfahrer und ab 01. Februar 1989 durchgehend bei den Berliner Stadtreinigungsbetrieben in verschiedenen Beschäftigungen tätig. Vom 01. Februar 1989 bis 10. Juni 1990 war er zunächst Kraftfahrer, anschließend bis Ende Januar 1992 Handreiniger. Ab Februar 1992 bis Ende Oktober 1992 Müllwerker, von November 1992 bis 25. Februar 1996 wiederum Kraftfahrer und anschließend bis 17. April 2011 erneut Müllwerker und schließlich Mitarbeiter auf einem Recyclinghof.

Am 5. Juli 2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Anerkennung einer Berufskrankheit, da er nach mehreren Operationen an beiden Knien und einer Bandscheiben-OP diese auf die erhebliche körperliche Belastung im Beruf zurückführe. Zu seiner Tätigkeit als Müllwerker in Berlin führte er aus, dass er bei jeder Witterung die 120 Liter bzw. 240 Liter fassenden, bis ca. 70 kg schweren Müllgefäße bis zum 200 m entfernten Müllwagen habe bringen müssen. Die zu laufende Strecke betrage bis zu 20 km, die Hälfte davon mit vollen Mülltonnen. Viele Standorte der Müllbehälter seien nur durch Keller und/oder über Stufen erreichbar gewesen seien. Eine Tour bestehe aus drei Kollegen, inklusive Wagenfahrer, und habe im Durchschnitt 300 Ladestellen mit 400-450 Behältern zu bedienen gehabt. Nachdem er längere Zeit als Müllwerker tätig gewesen sei, sei er tatsächlich öfters auf den Tritt des Müllfahrzeugs auf- bzw. abgestiegen, während das Fahrzeug noch in Bewegung gewesen sei; hierdurch sei es zu Scherbewegungen im Kniegelenk gekommen. Während der vorangegangenen Tätigkeit als Fernfahrer habe er schließlich auch Be- und Entladetätigkeiten zu erledigen gehabt. Die Beschwerden im Bereich der Kniegelenke würden, so der Kläger, wiederkehrend seit 1998 auftreten. Er legte mehrere medizinische Befundunterlagen vor: Unter anderem wird im OP-Bericht vom 10. Dezember 1998 zur Arthroskopie des linken Kniegelenkes vom 08. Dezember 1998 als OP-Diagnose ein Hinterhorneinriss Innenmeniskus links sowie eine Teilruptur des vorderen Kreuzbandes links 60 % angegeben. In dem weiterhin vorgelegten MRT-Befund des rechten Kniegelenkes vom 23. Mai 2000 wurde im Wesentlichen ein ausgedehnter Riss des Außenminiskus im Bereich des Hinterhorns entsprechend einem Korbhenkellängsriss und ein Riss am Außenminiskusvorderhorn, eine deutliche zentrale Degeneration des degenerativ abgeflachten Innenmeniskushinterhorns, Zeichen einer mäßigen Gonarthrose, Reizerguss u.a. befundet. Der OP-Bericht zu der am 09. Juni 2000 durchgeführten Arthroskopie des rechten Kniegelenkes vom selben Tage benennt als OP-Diagnosen einen Zustand nach subtotaler Meniskektomie rechts, Chondromalazie Knie Grad III, Femurkondylus und Tibiaplateau. Es folgten der MRT-Befund des linken Kniegelenks vom 15. Januar 2003, der OP-Bericht zur Arthroskopie des linken Kniegelenks vom 07. Februar 2003, der OP-Bericht zur Arthroskopie des linken Kniegelenks (vordere Kreuzbandplastik am 10. März 2003, der MRT-Befund des rechten Kniegelenks vom 22. Februar 2010 sowie der OP-Bericht vom 30. Juni 2010 zur Knie-Totalendoprothese (TEP) rechts.

Die Beklagte holte von der Berliner Stadtreinigung (erstellt vom Facharzt für Arbeitsmedizin M) die Auskunft vom 07. März 2013 zum Umfang der wirbelsäulen- bzw. kniebelastenden Tätigkeiten des Klägers sowie vom 23. Januar 2013 zu seinen Beschäftigungsbereichen ein.

Weiterhin veranlasste sie für die Tätigkeit des Klägers als Fernfahrer die Stellungnahme Arbeitsplatzexposition im Rahmen der BK Nr. 2102 durch die dafür zuständige Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft (BG Verkehr) vom 06. November 2013. Diese ergab für den Tätigkeitszeitraum vom 15. September 1977 bis 22. Juli 1984, dass der Kläger als Kraftfahrer und Beifahrer im Fernverkehr hauptsächlich die Sitzposition (ca. 600 Minuten pro Tag) eingenommen habe. Bei Wartungs-, Kontroll- und Ladungssicherungsarbeiten habe er pro Tag ca. 10 Minuten im Hocken, 30 Minuten im Fersensitz, 20 Minuten im Knien mit abgestütztem Oberkörper und 20 Minuten im Knien ohne abgestützten Oberkörper sowie 10...

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