Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenüberleitung. Zugangsrentner. keine Vergleichsberechnung. Altersrente. Rentenanpassung. Rentenwertfestsetzung. Entgeltpunkte (Ost). Beitragsbemessungsgrenze. Einigungsvertrag. Stichtag. Gestaltungsspielraum. Vertrauensschutz. Gesetzliche Rentenversicherung: Bemessung einer Altersrente für einen Versicherten mit Beschäftigungszeiten in der ehemaligen DDR

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die erstmalige Rentenwertfestsetzung wird durch die regelmäßige Rentenanpassung zum 1. Juli eines Jahrs weder abgeändert noch ersetzt. Angesichts dessen wird ein Bescheid über die Rentenanpassung nicht gem. § 96 SGG in ein Verfahren gegen die Rentenwertfestsetzung einbezogen.

2. Die Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze (West) für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet gem. § 260 S. 2 SGB VI ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

3. Mit der Einführung des Stichtags in § 4 Abs. 4 AAÜG hält sich der Gesetzgeber im Rahmen seines Gestaltungsspielraums. Die Regelung ist mit Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

4. § 307b Abs. 3 SGB VI findet keine analoge Anwendung auf Rentner, die keinen Anspruch auf Zahlung einer Versorgung seitens eines Versorgungsträgers haben.

5. Verschuldenskosten nach § 192 Abs. 1 SGG können auch einem Bevollmächtigten auferlegt werden.

 

Normenkette

GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1; AAÜG § 4 Abs. 4; SGB VI §§ 64, 254b, 256a, 260 S. 2, § 307b Abs. 3; SGB X § 44 Abs. 1; SGG § 96 Abs. 1, § 192

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. September 2004 wird zurückgewiesen.

Die Klagen gegen die Entscheidungen über die Rentenanpassungen zum 1. Juli 2005, 1. Juli 2006 und 1. Juli 2007 und den Bescheid vom 2. August 2006 werden abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Verfahren vor dem Landessozialgericht nicht zu erstatten.

Den Prozessbevollmächtigten der Klägerin werden Verschuldenskosten in Höhe von 225,- Euro auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe von Altersrente.

Die Klägerin ist im Januar 1939 geboren worden und hat ihr Berufsleben bis zum 2. Oktober 1990 in der DDR zurückgelegt. Unter anderem war sie ab August 1973 bei der Deutschen Post der DDR, Zeitungsvertriebsamt B, beschäftigt. Vom 1. Juni 1980 bis zum 30. Juni 1990 war sie Mitglied der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates der DDR (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 19 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz [AAÜG]) und entrichtete Beiträge zu diesem Versorgungssystem.

Die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme stellte durch bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 31. März 1998 den Zeitraum 1. Juni 1980 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu der genannten Zusatzversorgung und die in diesem Zeitraum von der Klägerin tatsächlich erzielten Entgelte fest.

Auf ihren Antrag hin bewilligte die Beklagte der Klägerin durch Bescheid vom 3. Dezember 2002 Altersrente für Frauen ab dem 1. Januar 2003. Der monatliche Höchstwert des Rechts auf Rente (die “Rentenhöhe„) wurde von der Beklagten aus Rangwerten (Summen der Entgeltpunkte) von 16,7376 Entgeltpunkten - entsprechend einem Höchstwert zu Rentenbeginn von 432,83 € - und 30,8651 Entgeltpunkten (Ost) - entsprechend einem Höchstwert von 700,64 € - errechnet. In die Feststellung des Rentenhöchstwertes flossen die während der Zeit der Zugehörigkeit zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung der Mitarbeiter des Staatsapparates tatsächlich erzielten Entgelte entsprechend den Feststellungen des Trägers der Zusatzversorgung in vollem Umfang ein. Einen Widerspruch gegen den Bescheid vom 3. Dezember 2002 nahm die Klägerin im Juli 2003 zurück.

Mit Schreiben vom 2. September 2003 teilten die Bevollmächtigten der Klägerin mit, dass sie sich gegen die “Systementscheidung„ wende, durch die ihr eine “lebensstandardwahrende Altersversorgung vorenthalten„ werde. Entgegen der Auffassung der Beklagten habe sich das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) noch nicht mit der Verfassungsmäßigkeit der “Systementscheidung„ auseinandergesetzt.

Die Beklagte sah das Schreiben als “Überprüfungsantrag„ an, den sie durch Bescheid vom 6. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2004 ablehnte. Die Rente sei in dem Bescheid vom “12.„ (richtig: 3.) Dezember 2002 zutreffend berechnet worden. Das BVerfG habe bereits mehrfach entschieden, dass die “Systementscheidung„, alle Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen der früheren DDR in die gesetzliche Rentenversicherung zu überführen, nicht gegen das Grundgesetz verstoße. Ein Anspruch auf eine Vergleichsberechnung nach § 4 Abs. 4 AAÜG bestehe nicht, weil die Klägerin die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht erfülle.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass ihr von der Beklagten ein höheres Alterseinkommen zu gewähren sei. Die angewendeten Vorschriften seien verfassungswidrig oder...

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