Entscheidungsstichwort (Thema)

Witwenrente. Sonderversorgung NVA. Vergleichsrente. Systementscheidung. Berechnung der Witwenrente nach Rentenbezug des Versicherten aus in der DDR erworbenen Ansprüchen. Auferlegung von Missbrauchskosten im Sozialgerichtsprozess. Gesetzliche Rentenversicherung: Berechnung einer Witwenrente für die Ehefrau eines ehemaligen Angehörigen der NVA

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Es besteht kein Anspruch auf Erhöhung der Witwenrente aus weiteren, vom Verstorbenen in der DDR erworbenen Ansprüchen, wenn der Zahlbetrag der Witwenrente den nach § 4 Abs. 4 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz besitzgeschützten Betrag übersteigt.

2. Missbrauchskosten können im Sozialgerichtsverfahren auferlegt werden, wenn keine prozessbeendende Erklärung abgegeben wird, obwohl auch nur im Ansatz nicht erkennbar ist, dass die weitere Rechtsverfolgung erfolgversprechend sein könnte.

 

Orientierungssatz

1. Eine Rentenempfängerin, die eine Witwenrente aufgrund der früheren Beschäftigung ihres verstorbenen Ehemannes bei der Nationalen Volksarmee der ehemaligen DDR bezieht, hat gemäß § 4 Abs. 4 SGB 6 einen Anspruch auf Berücksichtigung desjenigen höchsten Wertes als maßgeblichen Wert der Rente in jedem Bezugsmonat, der sich aus dem Vergleich des Monatsbetrags einer nach dem SGB 6 berechneten Rente, des statisch weiterzuzahlenden Betrages und eines gemäß Einigungsvertrag besitzgeschützten Zahlbetrags ergibt.

2. Im Rahmen einer nach den Vorgaben des SGB 6 berechneten Rente eines überwiegend in der ehemaligen DDR erwerbstätigen Rentenempfängers können weitere Arbeitsentgelte, die nicht der Rentenversicherung unterfallen oder die Beitragsbemessungsgrenze übersteigen nicht berücksichtigt werden. Dabei ist die jeweilige Beitragsbemessungsgrenze auch auf die nach den Regeln des Überleitungsrechts für die Zwecke der Rentenversicherung fiktiv berechneten Erwerbseinkommen in der ehemaligen DDR anzuwenden.

3. Einzelfall zur Berechnung einer großen Witwenrente der Ehefrau eines früheren NVA-Angehörigen.

 

Normenkette

AAÜG § 4 Abs. 4, § 6; SGB VI § 307b Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 5-6, §§ 307a, 63 Abs. 2, §§ 64, 66 Abs. 2 Nr. 2, § 88 Abs. 2, §§ 256a, 256b Abs. 1, § 260 S. 2; SGG § 192 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.

Die Klagen gegen die Bescheide vom 25. August 2006 und 9. Februar 2007 sowie gegen die Entscheidungen über die Rentenanpassungen zum 1. Juli 2003 und 1. Juli 2004 und die Entscheidung über die Höhe des Zahlbetrages der Rente ab 1. April 2004 werden abgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Berlin zu erstatten.

Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Den Prozessbevollmächtigten der Klägerin werden Verschuldenskosten in Höhe von 225,- Euro auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe einer Hinterbliebenenrente.

Die 1935 geborene Klägerin ist die Witwe des ebenfalls 1935 geborenen und am 3. Februar 1992 verstorbenen Versicherten D R (im Folgenden: Versicherter). Der Versicherte hatte sein Berufsleben bis zum 2. Oktober 1990 in der DDR zurückgelegt. Vom 1. September 1955 bis zum 30. November 1989 war er als Angehöriger der Nationalen Volksarmee der DDR in das Sonderversorgungssystem nach Anlage 2 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen. Ab 1. Dezember 1989 war der Versicherte noch bei der Deutschen Reichsbahn der DDR tätig.

Ebenfalls ab dem 1. Dezember 1989 erhielt der Kläger eine modifizierte Rentenversorgung nach der Versorgungsordnung der Nationalen Volksarmee. Der Rücktritt von der modifizierten Versorgung wurde dem Versicherten mit Schreiben des Wehrbezirkskommandos Berlin vom 3. Dezember 1990 bewilligt und zugleich eine Rückzahlungssumme für die Zeit vom 1. Dezember 1989 bis zum 30. November 1990 in Höhe von insgesamt 2.847,50 DM errechnet. Nachdem die Rückzahlungssumme durch Verrechnung mit der ab 1. Dezember 1990 ausgezahlten Invalidenrente von monatlich 1.430,-- DM und eine eigene Rückzahlung des Versicherten beglichen war, wurde ihm durch Bescheid des Wehrbereichsgebührnisamtes VII vom 5. November 1991 mit Wirkung ab 1. Dezember 1990 eine Invalidenrente aus der Sonderversorgung in Höhe von 1.650,-- DM bewilligt. Dies entsprach 75 % der in den letzten 12 Monaten des Dienstverhältnisses zur Nationalen Volksarmee gezahlten monatlichen beitragspflichtigen Durchschnittsvergütung.

Nachdem die Klägerin am 10. Februar 1992 Witwenrente beantragt hatte, klärte die Beklagte das Versicherungskonto des Versicherten und forderte auf Grund dessen eine “Entgeltbescheinigung„ des Trägers der Sonderversorgung an, die mit Datum des 1. November 1993 erstellt wurde. Mit Bescheid vom 9. Februar 1994 berechnete die Beklagte darauf hin zunächst die Versichertenrente für die Zeit vom 1. Juli 1990 bis zum 29. Februar 1992 neu. Den Zahlbetrag der nach den Vorschriften des...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge