Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Prozesskostenhilfe. Beschwerde. Tod des Beschwerdeführers während des Beschwerdeverfahrens. keine rückwirkende Prozesskostenhilfebewilligung

 

Leitsatz (amtlich)

Mit dem Tod eines Klägers werden der Antrag auf Bewilligung vom Prozesskostenhilfe und auch die noch zu Lebzeiten eingelegte Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gegenstandslos; einem verstorbenen Beteiligten kann rückwirkend keine Prozesskostenhilfe mehr bewilligt werden.

 

Tenor

Die Beschwerde des am geborenen und am verstorbenen Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 7. September 2021 wird zurückgewiesen.

Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.  Mit seiner am 8. September 2021 eingelegten Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts ≪SG≫ Berlin vom 7. September 2021 hat der am geborene und am verstorbene Kläger sein Begehren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ≪PKH≫ unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten im Verfahren S 121 AS 8321/20 SG Berlin weiterverfolgt. Dabei hat der Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 25. November 2021 angekündigt, dass das Verfahren von den leiblichen Söhnen des Klägers A T, geb., und T T, geboren am, als dessen damals noch voraussichtliche Erben (zwischenzeitlich bestätigt durch Erbschein des Amtsgerichts Charlottenburg vom 20. Januar 2022 (Geschäftsnummer: ) fortgesetzt werden soll.

II.  Die noch zu Lebzeiten des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts ≪SG≫ Berlin gemäß § 173 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫ form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist nach § 172 Abs 1 SGG statthaft, da Beschwerdeausschlussgründe nach § 172 Abs 3 Nr 2 SGG nicht gegeben sind.

Dabei steht der Tod des Klägers am einer Entscheidung der Beschwerde nicht entgegen. Materiell-rechtlich erlöschen grundsätzlich nur Sozialleistungsansprüche auf persönliche Dienst- und Sachleistungen mit dem Tod des Berechtigten (§ 59 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB I≫), nicht aber - wie hier - ein als Härtefallmehrbedarf nach § 21 Abs 6 Zweites Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB II≫ rechtshängig gemachter Anspruch auf Geldleistungen (Darlehnsgewährung für Heilbehandlungskosten von 51.187,82 €; zur Übergangsfähigkeit solcher Leistungen: Seifert, in KassKomm, Stand 116. Ersatzlieferung, September 2021, § 56 SGB I Rn. 14). Auch prozessual wirkt die Beschwerde fort, unabhängig davon, ob die von dem Prozessbevollmächtigten benannten Erben das Verfahren tatsächlich nach dem Tod des Klägers bereits aufgenommen haben oder nicht („soll“). Der Senat war auch nicht nach § 202 Satz 1 SGG ≪iVm≫ § 246 Abs 1 Zivilprozessordnung ≪ZPO≫ gehalten, das Beschwerdeverfahren auszusetzen. Nach § 73 Abs 6 Satz 3 SGG iVm § 86 ZPO wirkt die Prozessvollmacht des Bevollmächtigten fort und ein Antrag auf Aussetzung ist ausdrücklich bisher nicht gestellt worden (§ 202 Satz 1 SGG iVm § 246 Abs 1 letzter Halbsatz ZPO, zur Anwendung dieser Vorschriften im Beschwerdeverfahren: Landessozialgericht ≪LSG≫ Baden-Württemberg, Beschluss vom 29. August 2018 - L 7 SO 2855/18 B - juris Rn 2; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29. März 2017 - B 9 SO 53/17 B - juris Rn 2; Schultzky in: Zöller, ZPO, 34. Auflage 2022, § 127 Rn 38; jeweils mit weiteren Nachweisen ≪mwN≫).

Der Senat legt dabei das Beschwerdebegehren bei verständiger Würdigung zunächst dahingehend aus, dass der Bevollmächtigte nach dem Tod des Klägers nicht im eigenen Namen das Beschwerdeverfahren weiter betreibt (dazu bereits LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. März 2012 - L 9 SO 516/11 B - juris Rn 8). Auch unabhängig davon, ob in den anwaltlichen Schriftsätzen vom 25. November 2021 (Benennung der voraussichtlichen Erben) und vom 8. Februar 2022 (Übersendung des Erbscheins) bereits eine Anzeige einer unbedingten Aufnahme des Verfahrens (§ 202 Satz 1 SGG iVm § 250 ZPO) gesehen werden kann („soll“), hat der Prozessbevollmächtigte ausdrücklich im hier allein zur Entscheidung stehenden Beschwerdeverfahren keinen Antrag für und in Vollmacht der von ihm benannten Erben gestellt. Insbesondere hat er für diese keinen eigenen Antrag auf PKH gestellt, da jedenfalls nach seiner Rechtsauffassung damit sein Gebührenanspruch bis zu einer Verfahrensaufnahme „für ein Jahr unvergütet bleiben“ würde. Ziel der Beschwerde ist danach die rückwirkende Bewilligung von PKH unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 2 ZPO im anhängigen Hauptsacheverfahren S 121 AS 8321/20 SG Berlin allein auf der Grundlage des am 24. November 2020 noch von dem verstorbenen Kläger gestellten PKH-Antrags. Dabei ist dem Beschwerdevorbringen allerdings nicht konkret zu entnehmen, ob die rückwirkende Bewilligung von PKH unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten bis zum Tod des vormals prozessführenden Klägers oder aber auch darüber hinaus erfolgen soll.

Dies kann jedoch dahingestellt bleiben. Die so verstandene Beschwerde ist ohnehin nicht begründet. Ohne dass der Senat das konkr...

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