Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach dem Tod des Antragstellers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Prozesskostenhilfeverfahren wird durch den Tod des Antragstellers nicht unterbrochen, wenn er im Zeitpunkt seines Todes durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten war (§ 202 SGG iVm § 246 Abs 1 Halbs 1 ZPO).

2. Der Anspruch auf Prozesskostenhilfe ist ein höchstpersönliches Recht, das mit dem Tode des berechtigten Hilfebedürftigen endet. Dementsprechend kann einem Antragsteller für die Zeit nach seinem Tod keine Prozesskostenhilfe mehr bewilligt werden.

3. Aufgrund der höchstpersönlichen Natur des Anspruchs auf Prozesskostenhilfe scheidet auch eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zeit bis zum Tode des Antragstellers aus. Dies gilt unabhängig davon, ob das Prozesskostenhilfegesuch noch zu Lebzeiten des Beteiligten bewilligungsreif war und bei ordnungsgemäßer und unverzüglicher Bearbeitung noch vor seinem Tod hätte beschieden werden können.

 

Orientierungssatz

1. Prozesskostenhilfe ist personengebunden und nicht vererblich. Als höchstpersönliches Recht endet es mit dem Tod des berechtigten Hilfebedürftigen. Dementsprechend kann einem Beteiligten für die Zeit nach dessen Tod keine PKH mehr bewilligt werden.

2. Auch eine rückwirkende Bewilligung von PKH für die Zeit bis zum Tod ist ausgeschlossen.

3. Nach dem Tod des Bedürftigen kann der Zweck der PKH auch durch die rückwirkende Bewilligung nicht mehr erreicht werden. Im Fall des Todes des betreffenden Beteiligten fehlt es auch hinsichtlich vergangener Zeiträume an einer hilfebedürftigen Person.

4. Im Fall einer nachträglichen Bewilligung im Todesfall würde die PKH etwaigen Erben oder dem Rechtsanwalt zugute kommen. Die PKH verfolgt aber nicht den Zweck, dem Rechtsanwalt, der die PKH begehrende Partei vertritt, einen Vergütungsanspruch zu verschaffen. Dieser ist hinreichend dadurch geschützt, dass er seine Ansprüche gegenüber den Erben des Verstorbenen geltend machen kann.

 

Tenor

Die Beschwerde des Bevollmächtigten der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 12.12.2016 wird zurückgewiesen.

Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die am 20.01.2017 eingegangene Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der bereits am 00.00.2016 verstorbenen Klägerin gegen den am 20.12.2016 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 12.12.2016, die sich gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren richtet, ist zulässig, aber unbegründet.

1.) Insbesondere sind im Rahmen der Zulässigkeit die anwaltlichen Prozessbevollmächtigten befugt, Verfahrenshandlungen für die Rechtsnachfolger der Klägerin vorzunehmen (a.A. LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 19.01.2016 - L 3 R 466/15 B, juris Rn. 6, wonach die Beschwerde schon gem. § 172 Abs. 3 Nr. 2a SGG unstatthaft sei). Die Prozessvollmacht wirkt nach dem Versterben der Klägerin gegenüber den Rechtsnachfolgern fort (§ 73 Abs. 5 S. 7 SGG i.V.m. § 86 ZPO), ohne dass es ihrer persönlichen Identifizierung bedarf (vgl. Vollkommer in Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 86 ZPO Rn. 8 m.w.N.). Auch das durch Beschluss des SG vom 04.12.2016 angeordnete Ruhen des Hauptsacheverfahrens lässt das Prozesskosten- und Beschwerdeverfahren unberührt. Diese sind nämlich gegenüber dem Hauptsachverfahren selbstständig (siehe Senat, Beschl. v. 12.03.2012 - L 9 SO 516/11 B, juris Rn. 5).

2.) Die Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung der Prozessbevollmächtigten im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

Nach dem Tode der Klägerin kommt unabhängig davon, ob die Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg in der Sache hat bzw. bis zum Tode der Klägerin hatte, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht mehr in Betracht.

a) Prozesskostenhilfe, für deren Bewilligung es gem. § 114 ZPO auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragsstellers ankommt, ist personengebunden und nicht vererblich. Der Anspruch auf Prozesskostenhilfe ist somit ein höchstpersönliches Recht, das mit dem Tode des berechtigten Hilfebedürftigen endet. Dementsprechend kann einem Beteiligten für die Zeit nach seinem Tod keine Prozesskostenhilfe mehr bewilligt werden (vgl. BSG, Beschl. v. 02.12.1987 - 1 RA 25/87, juris Rn. 3 f.; LSG NRW, Beschl. v. 29.02.2008 - L 20 B 9/08 SO -, juris Rn. 4; LSG Berlin-Brandenburg, Besch. v. 10.02.2015 - L 7 KA 55/12 B PKH, juris Rn. 3; siehe auch Bayerisches LSG, Beschl. v. 08.04.2015 - L 3 SB 2/15 B PKH, juris Rn. 12; LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 19.01.2016 - L 3 R 466/15 B, juris Rn. 8).

b) Nach Auffassung des Senats scheidet aufgrund der höchstpersönlichen Natur des Anspruchs auf Prozesskostenhilfe auch eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zeit bis zum Tode des Antragstellers aus. Dies gilt unabhängig davon, ob das Prozesskostenhilfegesuch noch zu Lebzeiten des Beteiligten bewilligungsreif war und bei ordnungsgemäßer und unverzüglicher ...

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