Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Nichtzulassungsbeschwerde. grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Vorliegen einer Wohnungsmangellage keine Rechtsfrage

 

Leitsatz (amtlich)

Die Frage, ob es in Berlin eine Wohnungsmangellage gibt, ist keine Rechtsfrage, die zur Zulassung der Berufung führen kann.

 

Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Oktober 2016 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Beteiligten streiten über die Höhe der angemessenen Kosten der Unterkunft im Zeitraum vom 1. Februar bis 31. Juli 2014.

Mit dem während des Klageverfahrens ergangenen Bescheid vom 24. März 2015 erkannte der Beklagte nach einem im Jahr 2009 durchgeführten Kostensenkungsverfahren die als angemessen erachteten Kosten der Unterkunft in Höhe von 557,70 Euro monatlich an. Die tatsächliche Bruttowarmmiete beträgt 590,85 Euro, deren Übernahme die Kläger mit dem vorliegenden Verfahren begehren.

Die hierauf gerichtete Klage hat das Sozialgericht mit Urteil vom 24. Oktober 2016 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, zur Überzeugung des Gerichts sei für einen Zwei-Personen-Haushalt eine Bruttokaltmiete von 437,40 Euro abstrakt angemessen (höchstens angemessene Wohnungsgröße für 2 Personen von 60 m2, Nettokaltmiete von 5,71 Euro/m2 zuzüglich kalter Betriebskosten von 1,58 Euro). Diese Werte seien auf der Grundlage des qualifizierten Berliner Mietspiegels und dem darin angegebenen durchschnittlichen Berliner Betriebskostenwert errechnet. Heizkosten seien bis zu einem Wert von 101 Euro monatlich zu übernehmen. Maßgabe sei hier der bundesdeutsche Heizkostenspiegel. Da die tatsächlichen Kosten der Heizung und Warmwasseraufbereitung 85,65 Euro betragen hätten, seien diese in tatsächlicher Höhe anzusetzen, so dass die angemessene Bruttowarmmiete 530,05 Euro (ohne Rechenfehler 523,05 Euro) betrage. Dieser Betrag liege unter der von dem Beklagten bewilligten Bruttowarmmiete von 557,70 Euro.

Bedenken gegen die Berechnungsmethode der angemessenen Miete nach der Darstellung von Schifferdecker/Irrgang/Silbermann, Einheitliche Kosten der Unterkunft in Berlin, ein Projekt von Richterinnen und Richtern des Sozialgerichts Berlin, in: Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit Nr. 1/2010 S. 28 bis 42 - bestätigt durch Bundessozialgericht - BSG, Urteile vom 19. Oktober 2010 B 14 AS 50/10 R; B 14 AS 45/09 R; B 14 AS 2/10 R) bestünden nicht.

Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 31. Oktober 2016 zugestellte Urteil richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde vom 29. November 2016.

Die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts lasse bisher ungeklärte und klärungsfähige, da hier entscheidungserhebliche Fragen unbeantwortet, nämlich ob einem (qualifizierten) Mietspiegel auch bei Vorliegen einer Wohnungsmangellage noch eine Vermutungswirkung im Hinblick auf die Verfügbarkeit von Wohnraum zukommen könne und ob im Falle eines starken Auseinanderfallens von Bestands- und Angebotsmieten der Rückgriff allein auf Mietspiegeldaten ohne Abgleich mit anderen Quellen noch ausreichend sein könne (verneinend SG Berlin, Urteil vom 22. Februar 2013 S 37 AS 30006/12).

Es stelle sich im vorliegenden Fall daher die Rechtsfrage, ob auch dann ohne Weiteres davon ausgegangen werden könne, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu den abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II gebe, wenn der Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises für die Kaltmiete zwar ein (qualifizierter) Mietspiegel zugrunde liege, die zuständige Landesregierung jedoch nach §§ 558 Abs. 3 Satz 2, 577 a Abs. 2 Satz 1 BGB oder Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 MietRVerbG die besondere Gefährdung der ausreichenden Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in der betreffenden Gemeinde festgestellt habe.

Aus dem angefochtenen Urteil des Sozialgerichts sei nicht ersichtlich, dass sich das Gericht mit Zweifeln des 36. Senats des Landessozialgerichts und der 27. Kammer des Sozialgerichts Berlin auseinandergesetzt habe.

Im Einzelnen seien die Voraussetzungen der vom Bundessozialgericht statuierten Aufklärungspflicht des Grundsicherungsträgers bisher ungeklärt.

Weiter stelle sich die grundsätzliche Frage, ob nicht Voraussetzung für eine Indizwirkung der Mietspiegelwerte im Hinblick auf die Verfügbarkeit eine ausreichende Leerstandsreserve sei, da sich nicht ohne Weiteres erschließe, weshalb in den jeweils vorangegangenen vier Jahren geänderte Entgelte überhaupt Schlüsse auf die Anmietbarkeit von Wohnraum in dem betreffenden Bewilligungszeitraum zulassen sollen.

Der Beklagte hat geltend gemacht, dass das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg die von den Klägern und Beschwerdeführern aufgeworfene Frage, ob einem qualifizierten Mietspiegel, auch bei Vorliegen einer Wohnungsmangellage noch eine Vermutungswirkung im Hinblick auf die Verfügbarkeit von Wohnraum zukommen kön...

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