Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Absetzbeträge. mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Ausgaben. Weiterbildungs- und Fortbildungskosten

 

Leitsatz (amtlich)

Notwendige Ausgaben im Sinne von § 11 Abs 2 Nr 5 SGB 2 können auch Weiter- und Fortbildungskosten sein. Voraussetzung ist, dass diese Kosten in Kausalzusammenhang mit der Einkommenserzielung stehen.

 

Tenor

Auf die Berufungen der Kläger werden die Urteile des Sozialgerichts Freiburg vom 24.09.2012 aufgehoben und die Erstattungsbescheide des Beklagten vom 15.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 13.02.2012 insoweit aufgehoben sowie der Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 15.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 10.02.2012 insoweit abgeändert, als bei der Klägerin zu 1 für den Zeitraum 01.03.2011 bis 31.07.2011 Einkommen auf die Leistungen nach dem SGB II angerechnet wurde, und der Beklagte verurteilt, dementsprechend die Leistungen festzusetzen.

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Kläger in beiden Rechtszügen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über zu bewilligende und zu erstattende Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in der Zeit vom 01.03.2011 bis 31.07.2011.

Die 1981 geborene Klägerin zu 1, ihr 1979 geborener Lebenspartner (Kläger zu 2) und ihr im Jahr 2009 geborenes gemeinsames Kind (Klägerin zu 3) beziehen laufend in Bedarfsgemeinschaft von dem Beklagten Leistungen nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 23.02.2011 bewilligte der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft vorläufig Leistungen für die Zeit vom 01.03.2011 bis 31.08.2011 in Höhe von 1.051,88 € monatlich. Die Bewilligung erfolgte vorläufig mit Blick auf die Einnahmen bzw. Ausgaben des Klägers zu 2 aus selbständiger Tätigkeit.

Die Klägerin zu 1 absolvierte in der hier interessierenden Zeit eine Ausbildung zur Psychologischen Psychotherapeutin an der W. Akademie für Psychotherapie (WIAP) in Teilzeit. Nach dem Ausbildungsvertrag vom Juli 2008 handelt es sich dabei um einen Ausbildungsgang gemäß dem Psychotherapeutengesetz und der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Psychologische Psychotherapeuten (PsychTh-APrV). Der Vertrag regelt ferner u.a., dass die Ausbildung aus einem theoretischen und einem praktischen Teil besteht, dass die Ausbildungsdauer bei einer Teilzeitausbildung 60 Monate beträgt und die Vergütung von insgesamt 28.750 € u.a. in 60 Monatsraten à 60 € gezahlt werden kann (§§ 2 und 7 des Vertrags). Nach § 2 Abs. 3 PsychTh-APrV umfasst die Ausbildung der Psychologischen Psychotherapeuten mindestens 4200 Stunden und besteht aus einer praktischen Tätigkeit (§ 2), einer theoretischen Ausbildung (§ 3), einer praktischen Ausbildung mit Krankenbehandlungen unter Supervision (§ 4) sowie einer Selbsterfahrung (§ 5).

Im Zuge dieser Ausbildung nahm die Klägerin zu 1 gemäß Anstellungsvertrag vom 02./04.12.2010 am 01.03.2011 eine Tätigkeit als „Psychologin im Praktikum“ mit einer Wochenarbeitszeit von 24 Stunden und einer monatlichen Vergütung von 1000 € brutto im Fachkrankenhaus St. G. in B. auf. Die Anstellung erfolgte im Rahmen der Weiterbildung zur Psychologischen Psychotherapeutin als praktische Tätigkeit nach § 2 Abs. 2 PsychTh-APrV. Sie dauerte bis Ende Juli 2011.

Nach Angaben der Kläger zu 1 und 2 im Schreiben an den Beklagten vom 02.04.2011 fielen monatlich 430,- € an Fahrtkosten (180 km x 0,30 € x 8 Tage monatlich, bei einer 2-Tage-Woche), eine einmalige Versicherungspauschale von 31,83 € jährlich sowie Kinderbetreuungskosten von monatlich 157,50 € an. Nach dem Erlass weiterer Änderungsbescheide (01.06.2011 und 21.06.2011), mit denen Leistungen nach dem SGB II ebenfalls nur vorläufig bewilligt wurden, setzte der Beklagte die Bewilligung der Leistungen an die Kläger für die Zeit vom 01.03.2011 bis 31.08.2011 mit Bescheid vom 15.12.2011 endgültig für März bis Juli 2011 auf monatlich 774,50 € und für August 2011 auf 1.135,81 € fest. Bei der Leistungsberechnung berücksichtigte der Beklagte das Einkommen (monatlich netto 793,75 €) aus der Tätigkeit der Klägerin zu 1. Weiterhin erließ der Beklagte unter dem 15.12.2011 einen Erstattungsbescheid, mit dem er von der Klägerin zu 1 Leistungen für März bis Mai 2011 in Höhe von 381,57 € zurückforderte. Mit separatem Erstattungsbescheid ebenfalls vom 15.12.2011 forderte der Beklagte von dem Kläger zu 2 und von der Klägerin zu 3 Leistungen für März bis Mai 2011 in Höhe von 381,60 € bzw. 99,97 € zurück. Die Kläger legten gegen diese Entscheidungen mit Schreiben vom 17.01.2012 Widerspruch ein. Die Leistungen seien nicht zutreffend berechnet worden. Es seien die Ausbildungskosten der Klägerin zu 1 von dem angerechneten Einkommen in Abzug zu bringen.

Der Beklagte wies die Widersprüche bezüglich der Erstattung bei endgültiger Festsetzung für die Zeit von März bis Mai 2011 mit Widerspruchsbescheid vom 13.02.2012 zurück. Bezüglich der Höhe der Leistungsbewilligung für die Zeit von März bis August 2011 wies er die Widersprüche mit Wid...

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