Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. keine Übernahme von Bestattungskosten. Bestattungsverpflichteter. keine Anwendung des § 18 SGB 12

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Personenkreis des Verpflichteten iS des § 74 SGB 12.

 

Orientierungssatz

Zielsetzung des § 74 SGB 12 ist die Sicherstellung einer der Würde des Toten entsprechenden Bestattung (vgl BVerwG vom 29.1.2004 - 5 C 2/03 = BVerwGE 120, 111). Den sozialhilferechtlichen Bedarf stellt nicht die Bestattung als solche oder deren Durchführung dar; vielmehr dient die Regelung der Vermeidung einer unzumutbaren Belastung des Verpflichteten durch die Kosten der Beerdigung (vgl BSG vom 29.9.2009 - B 8 SO 23/08 R = ZFSH/SGB 2010, 42 und zu § 15 BSHG BVerwG vom 5.6.1997 - 5 C 13/96 = BVerwGE 105, 51). § 18 SGB 12 findet im Rahmen des § 74 SGB 12 keine Anwendung. Für einen Kostenübernahmeanspruch iS des § 74 SGB 12 ist es ohne Bedeutung, ob die Bestattung und eine etwaige Begleichung der Bestattungskosten bereits vor der Unterrichtung des Sozialhilfeträgers erfolgt ist (vgl BSG vom 29.9.2009 aaO und BVerwG vom 5.6.1997 aaO).

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 22. August 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Übernahme der Kosten für die Bestattung der am 13. Januar 2006 in E. verstorbenen A. W. (i.F. A.W.) gemäß § 74 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Der 1943 geborene Kläger war ausweislich seiner Angaben gegenüber der Stadtverwaltung E. der Sohn der Cousine des bereits 1966 verstorbenen Ehemanns der A.W; aus dieser Ehe waren keine Kinder hervorgegangen. A.W. (geb. am … 1910 im damaligen Serbien und Montenegro) war nach einem Krankenhausaufenthalt nicht mehr in ihre von der E. B. eG (EBG) angemietete Wohnung zurückgekehrt und hatte zum 18. Dezember 2003 Aufnahme im Dr. Sch.-S. in E. gefunden. Sie verfügte bis zu ihrem Tode über Einkommen in Form einer Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und ferner einer Kriegsschadensrente nach dem Lastenausgleichsgesetz - LAG - (Unterhaltshilfe und Entschädigungsrente); an Vermögen vorhanden waren Guthaben auf einem Sparbuch und Girokonto, außerdem ein - dem Beklagten zunächst nicht offenbarter - Geschäftsanteil bei der EBG, der sich bei der zum 31. Dezember 2005 ausgesprochenen Kündigung auf 4.384,86 Euro belaufen hatte. Der Beklagte hatte für die Zeit vom 1. Juni 2004 bis 31. Dezember 2005 die ungedeckten Heimkosten im Rahmen der Hilfe zur Pflege übernommen; im Januar 2006 war A.W. Selbstzahlerin.

Bereits am 11. Dezember 2003 hatte A.W. dem Kläger eine Vorsorgevollmacht erteilt und in einer Betreuungsverfügung außerdem den Wunsch geäußert, dass dieser im Fall der Einrichtung einer Betreuung diese Aufgabe übernehme. Am 10. Februar 2004 erteilte A.W. dem Kläger ferner eine notariell beurkundete General- und Vorsorgevollmacht in allen vermögensrechtlichen und persönlichen Angelegenheiten, und zwar auch über den Tod hinaus. In einem eigenhändigen Testament vom 8. Juli 1986 hatte sie den Kläger als Alleinerben eingesetzt; weiter heißt es im Testament, dass dieser damit verpflichtet sei, die Unkosten der Beerdigung zu tragen und das Kaufgrab zu pflegen. Am 24. Februar 2006 schlug der Kläger die Erbschaft aus (nachlassgerichtliche Entgegennahme am 7. April 2006). Laut einer Mitteilung des Notariats E. - Nachlassgericht - an den Beklagten vom 26. Juni 2006 wurde von der Ermittlung von Erben abgesehen, da der Nachlass gering sei oder die Ermittlung mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden sei; da eine Erbersatzfolge nicht angeordnet worden sei, sei anzunehmen, dass gesetzliche Erben bei Kenntnis vom Anfall der Erbfolge die Erbschaft ebenfalls ausschlagen würden.

Am 16. Januar 2006 hatte der Kläger bei der Stadt E. die Bestattung der A.W. auf dem städtischen Friedhof in Auftrag gegeben; am 25. Januar 2006 wurde die Verstorbene dort in einem Urnengrab bestattet. Mit der Bestattung hatte der Kläger ein privates Beerdigungs-Institut beauftragt, das ihm hierfür unter dem 25. Januar 2006 insgesamt 1.713,68 Euro in Rechnung stellte. Das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis (Gesundheitsamt) erhob beim Kläger für die Feuerbestattung eine Gebühr von 24,90 Euro, die Stadt Heidelberg (Landschaftsamt) eine weitere Gebühr von 423,68 Euro (Bescheid vom 24. Januar 2006). Durch Gebührenbescheid vom 1. Februar 2006 setzte die Stadtverwaltung E. außerdem gegenüber dem Kläger die dort entstandenen Friedhofs- und Bestattungskosten auf 1.981,00 Euro fest; diese Gebühren waren mit Blick auf die erwartete Auszahlung der Geschäftsanteile bei der EBG zunächst bis 31. Dezember 2006 gestundet, schließlich jedoch vom Kläger seinen Angaben zufolge nach Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen durch die Stadtkasse (Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 25. Juni 2007) am 11. Juli 2007 gezahlt worden.

Bereits am 24. Januar 2006 (Eingang bei der Stadtverwaltung E.) hatte der Kläger beim Beklagten ein Darlehen in Höhe de...

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