Entscheidungsstichwort (Thema)

Mehrbedarf bei Erwerbsminderung und Merkzeichen G. Schwerbehindertenausweis. rückwirkende Zuerkennung. Sozialhilfe. Grundsicherung bei Erwerbsminderung. Mehrbedarf. rückwirkende Zuerkennung des Merkzeichens "G". Bestandskraft. Auslegung. Besitz. Feststellungsbescheid

 

Leitsatz (amtlich)

Der Mehrbedarf bei voller Erwerbsminderung und Zuerkennung des Merkzeichens G kann sowohl nach § 3 Abs. 1 des bis 31. Dezember 2004 geltenden Grundsicherungsgesetzes als auch nach § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII zumindest in der bis zum 6. Dezember 2006 geltenden Fassung frühestens ab dem Besitz des entsprechenden Schwerbehindertenausweises gewährt werden; dies gilt auch im Falle einer rückwirkenden Zuerkennung des Merkzeichens G.

 

Normenkette

SGB I § 40; SGB IX § 69 Abs. 5; SGB X §§ 44, 48 Abs. 1 S. 2; SGB XII § 30 Abs. 1 Nr. 2, § 42 S. 1 Nr. 3; SchwbG § 4 Abs. 5; GSiG § 3 Abs. 1

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 21. Mai 2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfes einen Anspruch auf höhere Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung in der Zeit vom 6. Juli 2004 bis 30. September 2005 unter Abänderung bestandskräftiger Bewilligungsbescheide hat.

Der am … 1945 geborene, geschiedene Kläger ist dauerhaft voll erwerbsgemindert i.S.d. § 43 Abs. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI). Aus einer Beschäftigung als Aushilfsfahrer bezog er in der Zeit vom 2. Januar 2004 bis 31. Oktober 2004 ein monatliches Entgelt i.H.v. € 400.- brutto gleich netto, ab 1. November 2004 i.H.v. € 150.-. Die Kosten der Unterkunft und Heizung lagen bei monatlich € 203,60. Der Kläger bezog bis einschließlich 31. August 2004 Sozialhilfe als laufende Hilfe zum Lebensunterhalt monatlich i.H.v. € 428,72 zzgl. des besonderen Mietzuschusses i.H.v. € 85.-.

Am 6. Juli 2004 beantragte der Kläger beim Versorgungsamt die Feststellung des Vorliegens einer Schwerbehinderung.

Auf seinen bereits am 12. Januar 2003 gestellten Antrag bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 10. August 2004 dem Kläger Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG) i.H.v. € 536,15 für die Zeit vom 1. September bis 31. Dezember 2004. Für die Zeit vom 1. April bis 31. August 2004 wurden die Leistungen i.H.v. € 451,15 monatlich bewilligt, wobei der besondere Mietzuschuss bereits in Abzug gebracht worden war. Die Leistungen für diesen Zeitraum erhalte der Sozialhilfeträger als Kostenersatz für die bereits erbrachte Sozialhilfe. Für die Zeit vor dem 1. April 2004 wurden Grundsicherungsleistungen abgelehnt, da die Erwerbsminderung nach der Feststellung des Rentenversicherungsträgers erst ab April 2004 vorgelegen habe. Das dem Beklagten zu dieser Zeit noch nicht bekannte Nebeneinkommen des Klägers war hierbei nicht berücksichtigt.

Nachdem der Beklagte durch einen Datenabgleich von der Nebentätigkeit des Klägers erfahren hatte, hob er den Bewilligungsbescheid vom 10. August 2004 mit Wirkung ab 1. April 2004 hinsichtlich der Bewilligungshöhe auf und forderte die Erstattung bis einschließlich Oktober 2004 erbrachter Leistungen in Gesamthöhe von € 1.938,23 (Bescheid vom 27. Oktober 2004). Mit Bescheid vom 28. Oktober 2004, der wie der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid am 9. November 2004 zur Post gegeben worden war, bewilligte der Beklagte Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 1. September bis 31. Dezember 2004 i.H.v. monatlich € 259,26. Dabei rechnete er ein monatliches Einkommen des Klägers i.H.v. € 400.- abzüglich eines Freibetrages bei Erwerbstätigkeit i.H.v. € 123,11 an. Unter dem 10. Dezember 2004 änderte der Beklagte die Leistungshöhe für November 2004 auf € 471,76 ab; dabei wurde nur noch das Einkommen i.H.v. € 150.- abzüglich eines Freibetrages i.H.v. € 85,61 angerechnet. Hinsichtlich der Leistungshöhe für Dezember 2004 verfuhr der Beklagte unter dem 28. Dezember 2004 gleichermaßen.

Mit Bescheid vom 16. November 2004 wurde dem Kläger Wohngeld i.H.v. € 97.- monatlich für die Zeit vom 1. September bis 31. Dezember 2004 bewilligt, das vollständig im Dezember 2004 zur Auszahlung kam.

Am 2. Dezember 2004 beantragte der Kläger die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Dabei gab er auf die Frage nach einem Schwerbehindertenausweis zu dessen Gültigkeit “b.a.w.„ an; bei der Frage nach den Merkzeichen G oder aG trug er ein Fragezeichen ein und gab weiter an, einen Antrag gestellt zu haben; der Widerspruch laufe.

Mit Bescheid vom 18. Februar 2005 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Januar bis 30. November 2005 i.H.v. € 434,60 monatlich. Dabei berücksichtigte er ein Einkommen i.H.v. € 150.- abzüglich eines Freibetrages i.H.v. € 45.-.

Mit Bescheid vom 18. Oktober 2005 stel...

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